Rz. 195

[Autor/Stand] Vorgelagerte unentgeltliche Anteilsübertragung auf natürliche Personen. Beabsichtigt der Wegziehende ohnehin kurz- oder mittelfristig die unentgeltliche Übertragung seiner Anteile auf eine inländische natürliche Person, sollte diese Maßnahme ggf. vor den Wegzug gezogen werden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass bei der Inanspruchnahme der Ratenzahlung bzw. Stundung (§ 6 Abs. 4 Satz 1 ff., Satz 7) bzw. der Rückkehrregelung (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1), Schenkungen nach Auslösen der Wegzugsbesteuerung "schädlich" sind. Zieht nur der (bisherige) Anteilseigner weg, kann die Wegzugsbesteuerung vermieden werden, wenn er die Anteile vor dem Wegzug auf eine im Inland ansässige natürliche Person unentgeltlich überträgt (schenkungsteuerliche Folgen sind zu berücksichtigen). Ist der Steuerpflichtige bereit, die Anteile zu übertragen, will er sich aber die Früchte der übertragenen Beteiligung weiterhin sichern, kann er die Anteilsschenkung unter Vorbehaltsnießbrauch vornehmen. Ertragsteuerlich ist die Übertragung eines Kapitalgesellschaftsanteils unter Nießbrauchsvorbehalt ein unentgeltlicher Vorgang.[2] Die Nießbrauchsrechte sind so auszugestalten, dass die Anteile nach der Schenkung nicht gem. § 39 Abs. 1 AO dem Vorbehaltsnießbraucher zuzurechnen sind.[3] Zieht der nießbrauchsbelastete Anteilseigner selbst ins Ausland, ist bei der Wertbestimmung der Anteile der Nießbrauch zum Abzug zu bringen.[4] Vor dem Wegzug ist aber im ausländischen Staat abzuklären, ob die Zurechnung von Anteilen und vom Nießbrauch erfassten Einkünfte spiegelbildlich zur Behandlung in Deutschland erfolgt. Zieht der Anteilseigner mit seiner Familie ins Ausland ist es hingegen nicht zielführend, im Hinblick auf die Voraussetzung der unbeschränkten Steuerpflicht i.S.v. § 6 Abs. 2, die Anteile vor dem Wegzug auf entsprechend junge Familienmitglieder zu übertragen (dazu Rz. 316).

 

Rz. 196

[Autor/Stand] Vorgelagerte unentgeltliche Anteilsübertragung auf Familienstiftungen. Ungeachtet der verschiedenen weiteren Vor- und Nachteile des Einsatzes von Familienstiftungen[6] lässt sich durch eine dem Wegzug vorgelagerte Übertragung der Anteile auf eine inländische Familienstiftung die Wegzugsbesteuerung bei Wegzug oder Erbfall wirksam vermeiden.[7] Die unentgeltliche Übertragung der Anteile auf die Familienstiftung führt selbst nicht zu einer ertragsteuerrechtlich relevanten Gewinnrealisation[8] und kann durch das "Erlassmodell" des § 28a ErbStG häufig schenkungsteuerschonend ausgestaltet werden. "Begünstigtenrechte" aus der Stiftung sind keine Anteile i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG.[9] Bei inländischen Familienstiftungen ist langfristig auf die mögliche Erbersatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) hinzuweisen. Eine (nahezu) ausschließlich zum Zwecke der Vermeidung der Wegzugsbesteuerung verfolgte Stiftungslösung muss wohl überlegt sein, da das Stiftungsvermögen grundsätzlich dem Zugriff durch die Familie dauerhaft entzogen wird und eine Stiftungsstruktur gewissen statischen Zwängen unterliegt.[10] Sie kann im Zuzugsstaat aber auch zur echten "Steuerfalle" führen, wenn der Zuzugsstaat bspw. die Stiftung transparent behandeln sollte, eine Art Zurechnungsbesteuerung vergleichbar dem § 15 AStG zum Tragen kommt oder Auskehrungen aus der Stiftung mit sehr hoher Schenkungsteuer belastet werden.[11] Aus diesen Gründen kann – ggf. in Abhängigkeit der Ausgestaltung der Stiftungsdokumente – eine Ansässigkeit des Stifters bzw. eines Destinatärs etwa in Österreich, Frankreich, Spanien, Schweiz oder den USA unliebsame Steuerfolgen nach sich ziehen, die ggf. weniger ins Gewicht fallen als die deutsche Wegzugsbesteuerung, aber die Nutzung einer inländischen Familienstiftung als (reine) "Wegzugsteuerverhinderungsstiftung"[12] generell in Frage stellen oder jedenfalls besondere Satzungsklauseln erforderlich machen.[13] Die Übertragung auf eine ausländische Familienstiftungmit Ort der Geschäftsleitung im Ausland löst hingegen selbst den Tatbestand gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 aus (s. unter Rz. 388 ff.). Dies galt bereits zu § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a.F.[14] Bisher konnte die bei Übertragung auf eine EU-/EWR-Familienstiftung ausgelöste Wegzugsbesteuerung nach h.M. gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 a.F. dauerhaft, zinslos und ohne Sicherheitsleistung gestundet werden,[15] was aber voraussetzte, dass man die Körperschaftsteuerpflicht der ausländischen Familienstiftung als mit der deutschen Einkommensteuerpflicht vergleichbare Steuerpflicht qualifiziert. Die Schenkung an eine ausländische EU-/EWR-Stiftung konnte daher bisher – je nach Einzelfall – taugliches Gestaltungsmittel sein. Diese Attraktivität geht unter der Neuregelung verloren, da der Schenker die Wegzugsbesteuerung allenfalls auf Antrag über sieben Jahresraten abzahlen kann. Ein rückwirkendes Entfallen der Wegzugsbesteuerung (§ 6 Abs. 3) ist in diesen Fällen nicht möglich. Bei Übertragung auf eine ausländische Familienstiftungmit Ort der Geschäftsleitung im Inland wird eine Wegzugsbesteuerung sowohl nach § 6 Abs....

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