Rz. 54

[Autor/Stand] Tatbestand. Bei Sachverhalten mit einbringungsgeborenen Anteilen i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 kommt es – im hier interessierenden Zusammenhang – tatbestandsseitig allein darauf an, ob "das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der [einbringungsgeborenen] Anteile ausgeschlossen wird" (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995).[2] Dies gilt unabhängig davon, ob die Anteile dem steuerlichen Privat- oder Betriebsvermögen[3] des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.[4] Es kommt auch nicht darauf an, auf welche Weise das deutsche Besteuerungsrecht ausgeschlossen wird (zu Fällen der sog. "passiven Entstrickungen" gelten aber die Überlegungen in Rz. 476 ff. entsprechend). Tatbestandsmäßig kann neben dem physischen Wegzug, einer Erbschaft[5] oder Schenkung[6] auch jedes andere Ereignis sein, welches den deutschen Steuerzugriff beendet. Das Tatbestandsmerkmal des "Ausschlusses" ist wie in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 zu verstehen (dazu Rz. 431 ff.). Es setzt zunächst voraus, dass vor dem fraglichen Ereignis überhaupt ein deutsches Besteuerungsrecht an den Gewinnen aus der Veräußerung der Anteile bestand. Ob bei einem Wegzug in einen Nicht-DBA-Staat unter Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland das deutsche Besteuerungsrecht an einbringungsgeborenen Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften mangels Erfassung künftiger Veräußerungsgewinne i.R.v. § 49 EStG ausgeschlossen wird, ist nicht abschließend geklärt (s. ausf. Rz. 55). Im Übrigen ist die Frage nach dem Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts anhand des einschlägigen DBA zu beurteilen (s. zur Abkommenslage ausf. Rz. 116 ff.). Nicht tatbestandsmäßig ist – im Unterschied zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AStG und § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG – die bloße "Beschränkung" des deutschen Besteuerungsrechts an den Gewinnen aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile.[7]

 

Beispiel

Der seit Geburt ausschließlich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige A ist Alleingesellschafter der deutschen D-GmbH (einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995). In 2023 beendet A seine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland und verzieht in die Schweiz, wo er der sog. Pauschalbesteuerung nach dem Aufwand (Ausgangsfall) bzw. der ordentlichen Einkommensbesteuerung (keine Niedrigbesteuerung i.S.v. § 2 AStG) unterliegt (Abwandlung). Gewinne aus der Veräußerung der Anteile unterliegen in der Schweiz keiner Besteuerung.

Lösung

Die Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 setzt einen "Ausschluss" des deutschen Besteuerungsrechts an den einbringungsgeborenen Anteilen voraus. Weder ist es ausreichend (s. auch Rz. 55), dass die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland aufgegeben wird (anders aber § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1), noch ist eine "Beschränkung" des deutschen Besteuerungsrechts tatbestandsgemäß (anders § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3). Abkommensrechtlich ist zu sehen, dass das deutsche Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht i.S.v. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e, Doppelbuchst. aa EStG (s. Rz. 55, str.) aufgrund des Wegzugs weder im Ausgangsfall (s. Art. 4 Abs. 6 DBA-Schweiz) noch in der Abwandlung (s. Art. 4 Abs. 4, Art. 13 Abs. 4 DBA-Schweiz) "ausgeschlossen" wird. Es kommt zu keiner Entstrickung i.S.v. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 im Zuge des Wegzugs. Hätte es sich nicht um Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 gehandelt, wäre § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AStG erfüllt.[8]

 

Rz. 55

[Autor/Stand]"Ausschluss" des deutschen Besteuerungsrechts durch Wechsel in die beschränkte Steuerpflicht? Für die in der Praxis überwiegend gegebenen einbringungsgeborenen Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften ist v.a. bei einem Wegzug des Anteilsinhabers in einen Nicht-DBA-Staat[10] ein "Ausschluss" des deutschen Besteuerungsrechts dann bzw. solange nicht zu beobachten, wie der Steuerpflichtige weiterhin (auch) in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig bleibt (§ 1 Abs. 1 EStG) oder der erweitert beschränkten Steuerpflicht (§ 2 AStG)[11] unterliegt. Jenseits dieser Konstellationen würde ein "Ausschluss" des deutschen Besteuerungsrechts nur vermieden, wenn ein späterer Gewinn aus einer Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile zu steuerpflichtigen Einkünften i.S.v. § 49 EStG im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EStG) führte. Der Gewinn aus der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen gilt nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 als Veräußerungsgewinn i.S.v. § 16 EStG. Insoweit wäre § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG einschlägig, was jedoch eine inländische Betriebsstätte voraussetzt, die jedenfalls bei einbringungsgeborenen Anteilen im Privatvermögen nicht gegeben ist. Übrig bliebe eine Subsumtion unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e, Doppelbuchst. aa EStG. Danach zählen zu den inländischen Einkünften "Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17), [...] e) die unter den Voraussetzungen des § ...

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