Rz. 2201

[Autor/Stand] Internationalisierung und Deregulierung von Finanzierungsleistungen. Seit der Veröffentlichung der VWG 1983 haben sich die internationalen Finanzmärkte erheblich verändert. Insbesondere haben die Globalisierung der Wirtschaft (z.B. "Global Trading"[2]), Deregulierung (z.B. Zulassung neuer Finanzierungsinstrumente, Aufhebung von Beschränkungen des Kapitalverkehrs), Institutionalisierung (z.B. Beeinflussung des Marktes durch Pensionsfonds, Versicherungen und Private-Equity-Unternehmen) sowie "Securitisation" (z.B. Verbriefung von Forderungen und Verbindlichkeiten, um deren Handel zu ermöglichen) auch die Finanzbereiche international verbundener Unternehmen erheblich verändert.[3] Daraus folgte auch ein nachhaltiger Strukturwandel in den Finanzierungsbeziehungen zwischen den verbundenen Unternehmen untereinander, aber auch zwischen diesen und externen Banken. Vor dem Hintergrund dieses Strukturwandels verfügen Unternehmensgruppen und Konzerne immer mehr über eigene Treasury-Abteilungen, die als konzerninterne Service-Center bisher durch Banken ausgeübte Finanzierungsfunktionen übernehmen, um die konzerninterne Finanzierung zu optimieren, Finanzierungsrisiken zu vermeiden und neue Einnahmequellen zu erschließen. Diese konzerninterne Ausübung von Finanzierungsfunktionen wird allgemein als "In-House-Banking" oder als "Corporate-Banking" bezeichnet, wobei die Banken lediglich Ergänzungs- oder Ausgleichsfunktionen ausüben.[4]

 

Rz. 2202

[Autor/Stand] Überblick über konzerninterne Finanzierungsleistungen. Zwischen international verbundenen Unternehmen sind grundsätzlich die gleichen Finanzierungsleistungen denkbar, wie sie auch zwischen unabhängigen Unternehmen vereinbart werden. Dabei ist der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit zu beachten, wonach es im freien Ermessen des Gesellschafters liegt, seine Gesellschaft (z.B. Tochter- oder Enkelgesellschaft) mit Eigen- oder Fremdkapital zu finanzieren.[6] Auf Basis der Finanzierungs- und Vertragsfreiheit ist es international verbundenen Unternehmen völlig freigestellt, die folgenden Finanzierungsformen einzusetzen:

  Gewährung langfristiger Darlehen,
  Gewährung kurzfristiger Kredite,
  Gewährung von Kreditlinien,
  Führung kontokorrentähnlicher Verrechnungskonten,
  Gewährung von Lieferantenkrediten (Einräumung von Zahlungszielen),
  Gewährung von Bürgschaften,
  Gewährung von Patronatserklärungen und sonstigen Garantien,
  Gewährung von Genussrechten mit Fremdkapitalcharakter,
  Weitergabe von Wechseln (Diskontgeschäfte),
  Durchführung von Wertpapierleihgeschäften,
  Dienstleistungen im Bereich der Forfaitierung,
  Dienstleistungen im Bereich des Factoring,
  Cash-Pooling (Cash-Management, Devisen-Management, Portfolio-Management und Forderungs-Management),
  Einsatz von Finanzierungsinstrumenten (z.B. Swaps, Futures, Optionen, Termingeschäfte, Securities Lending).

Zwischen international verbundenen Unternehmen bilden die bestehenden Beteiligungen allerdings auch Einflussnahmemöglichkeiten, die es zwischen unabhängigen Unternehmen so nicht gibt. Die Einflussnahmemöglichkeiten können für sich betrachtet Sicherheiten darstellen, die es im Rahmen des Fremdvergleichs angemessen zu berücksichtigen gilt. Insoweit ist es eine Frage der steuerrechtlichen Wertung, ob von einer "Geschäftsbeziehung" oder von einer Maßnahme auszugehen ist, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (Anm. 2204 ff. und 2315 ff.).

 

Rz. 2203

[Autor/Stand] Verlautbarungen der OECD und der Finanzverwaltung. Wenngleich finanzbezogene Transaktionen in der Verrechnungspreispraxis eine erhebliche Rolle spielen und zunehmend im Fokus der Finanzbehörden stehen,[8] enthalten die OECD-Leitlinien dazu nur sehr wenige Hinweise in Kap. VII zu konzerninternen Dienstleistungen. Der (wichtige und sehr praxisrelevante) Bereich der Bestimmung von angemessenen Zinssätzen wird von der OECD in diesem Zusammenhang allerdings nicht behandelt. Demgegenüber widmen die VWG 1983 der Thematik "Zinsen und ähnliche Vergütungen" einen eigenen Abschnitt.[9]

[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[2] Vgl. dazu Kaminski/Strunk, IStR 1999, 221 f.; Häuselmann, IStR 2003, 139 ff.
[3] Vgl. auch Nieß in Schaumburg, Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, S. 46.
[4] Vgl. Nieß in Schaumburg, Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, S. 46.
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[8] Vgl. Puls, IStR 2012, 209.
[9] Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 – Tz. 4, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 5 ff.

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