Rz. 339

[Autor/Stand] Geschäftsbetrieb muss tatsächlich betrieben werden. Damit ein Gestaltungsmissbrauch nach § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG nicht gesetzlich vermutet wird, ist eine Tätigkeit erforderlich, die mit einem für den Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb „ausgeübt” wird. Das Gesetzt geht damit implizit davon aus, dass das reine Vorhandensein eines angemessen eingerichteten Geschäftsbetriebs nicht ausreicht, um dem Missbrauchsvorwurf zu entgehen. Vielmehr muss der Geschäftszweck tatsächlich vollzogen werden und durch wirtschaftliches Handeln der Organe der Körperschaft nach außen in Erscheinung treten.[2] Das verlangt im Übrigen auch die Niederlassungsfreiheit.[3] Praktisch festzustellen ist dies insbesondere anhand der Bilanz bzw. Buchführung der Körperschaft (vgl. auch Rz. 340).

 

Rz. 340

[Autor/Stand] EuGH: Kein (offensichtlicher) Widerspruch zu betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Das entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, wonach das Fehlen einer realen (!) wirtschaftlichen Tätigkeit nicht nur anhand der sachlichen und personellen Ressourcen zu beurteilen ist, sondern auch "die Geschäftsführung, die Bilanz, die Kostenstruktur und die tatsächlichen Ausgaben" in die Betrachtung mit einbezogen werden müssen.[5] Daraus folgt, dass der Geschäftsbetrieb tatsächlich und nach vernünftigen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden muss. Hieran sind aber keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Ausreichend ist es, wenn von außen nicht der Eindruck entsteht, dass die Körperschaft den Geschäftsbetrieb nur zum Schein unterhält. Das kann etwa angenommen werden, wenn die Körperschaft gemessen an ihrem Geschäftszweck anhaltend keine Geschäftsaktivitäten entfaltet, neben dem Erzielen der abzugsteuerpfiichtigen Einkünfte keine Umsätze erwirtschaftet oder nur derart strukturierte Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen bestehen, die sich betragsmäßig durch gleich hohe Einnahmen und Ausgaben neutralisieren, sodass die Körperschaft keinen oder nur einen unerheblich zu versteuernden Gewinn erzielt. Wie bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausstattung (vgl. Rz. 329) gilt auch hier, dass keine strenge Kontrolle jeglicher Geschäftsvorfälle und unternehmerischer Aktivität erfolgen darf, die unternehmerische Freiheit also zu achten ist. Ein Missbrauch kann erst indiziert sein, wenn sich nach einer objektiven Gesamtschau ein offensichtliches Missverhältnis zwischen angestrebter Tätigkeit und tatsächlicher Geschäftsaktivität aufdrängt.

 

Rz. 341

[Autor/Stand] Ausübung (nur) gegenüber nahestehenden Personen ausreichend. Die Tätigkeit kann auch (ausschließlich) gegenüber nahestehenden Personen (vgl. § 1 Abs. 2 AStG) ausgeübt werden. Nach Ansicht der FinVerw liegt auch bei einer Geschäftsbeziehung mit nahestehenden Personen bzw. Konzerngesellschaften eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor (vgl. dazu auch Rz. 342).[7] Damit die Tätigkeit mit nahestehenden Personen aber ebenso als reale wirtschaftliche Wirtschaftstätigkeit anerkannt werden kann, wie diejenige mit fremden Dritten, muss auch das Entgelt einem Fremdvergleich ("dealing at arms length") standhalten.[8] Schädlich sollte aber auch hier nur ein anhaltender und offensichtlicher Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz sein. Auch sollte die Fremdunüblichkeit nur einzelner Geschäftsvorfälle unschädlich sein und die Auswirkung fremdunüblicher Geschäftsbeziehungen mit steigendem Umfang von Geschäftsbeziehungen mit fremden Dritten abnehmen. Für die aus unionsrechtlicher Sicht erforderliche "Realität" der wirtschaftlichen Tätigkeit kommt es nämlich in erster Linie auf das physisch greifbare Vorhandensein der Körperschaft und die "Echtheit" ihrer Tätigkeit an, womit die Höhe des Entgelts der einzelnen Geschäftsvorfälle zunächst nur wenig zu tun hat.

 

Rz. 342

[Autor/Stand] Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr? In der Altfassung des § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG war noch das Erfordernis enthalten, dass die Körperschaft mit dem Geschäftsbetrieb am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen musste. Dieses Erfordernis wurde in der Neufassung im Zuge des AbzStEntModG ersatzlos gestrichen. Es fragt sich daher, ob daraus geschlossen werden muss, dass der Gesetzgeber eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht mehr verlangt. Dafür spricht, dass bereits im BMF-Schreiben vom 4.4.2018[10] im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung (bei Entlastungsansprüchen auf der Grundlage des § 43b EStG) eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch bei einer Verwaltung von Wirtschaftsgütern vorliegen sollte.[11] Demnach kommt diesem Merkmal keine eigenständige Abgrenzungsfunktion mehr zu. Es ist daher (auch aus unionsrechtlichen Gründen) entbehrlich (ausf. dazu noch Rz. 351 ff.).

 

Rz. 343

[Autor/Stand] Zur Frage, wo die Tätigkeit ausgeübt werden muss, s. Rz. 314 ff.

[Autor/Stand] Autor: Schönfeld/Erdem, Stand: 01.03.2022

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