Rz. 909

[Autor/Stand] 1. Stufe. Der Wenn-Satz bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass die vorrangige Bestimmung des Fremdvergleichspreises nach einer der drei klassischen Methoden nur unter den Voraussetzungen des Wenn-Satzes in Betracht kommt. Im Kern müssen deshalb die im Rahmen der klassischen Methoden festgestellten Fremdvergleichswerte uneingeschränkt vergleichbar sein. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so findet vorrangig § 1 Abs. 3 Satz 2 Anwendung. Die Bedeutung des Wenn-Satzes ist deshalb in dem Umstand zu sehen, dass die Anwendung der klassischen Fremdvergleichsmethoden von der Feststellung uneingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichswerte abhängig gemacht wird. Solche Fremdvergleichswerte sind jedoch selten feststellbar, weshalb § 1 Abs. 3 Satz 1 in vielen Fällen ins Leere laufen sollte.

 

Rz. 910

[Autor/Stand] Fremdvergleichswerte. Aus den Überlegungen zu Anm. 904 folgt, dass es sich bei den Fremdvergleichswerten nur um solche handeln kann, denen die Vergleichsobjekte tatsächlich oder hypothetisch ausgesetzt sind. Dabei bezieht sich die uneingeschränkte Vergleichbarkeit der Fremdvergleichswerte nicht auf den Preis, sondern auf die übrigen Verhältnisse (Geschäfts- und Marktbedingungen). Nur dann, wenn die Vergleichsobjekte den Verhältnissen annähernd gleich oder doch zumindest ähnlich sind, die den vereinbarten Geschäftsbeziehungen i.S. des § 1 Abs. 1 zugrunde liegen, kann von einer uneingeschränkten Vergleichbarkeit ausgegangen werden. Die Finanzverwaltung wird insoweit Tz. 3.4.12.7 Buchst. a VWG-Verfahren anwenden.[3] Die uneingeschränkte Vergleichbarkeit der Verhältnisse löst dann als Rechtsfolge den Ansatz des in den Vergleichsobjekten vereinbarten Entgelts als angemessenen Fremdvergleichspreis aus. Das Gesetz klärt nicht unmittelbar die Frage, wie viele Vergleichsobjekte herangezogen werden müssen, um von einer uneingeschränkten Vergleichbarkeit ausgehen zu können. Im Grundsatz muss ein Vergleichsfall genügen, wenn nur die ihm zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse uneingeschränkt vergleichbar sind. Das BFH-Urteil v. 17.10.2001[4], wonach es für die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode nicht ausreichen soll, wenn lediglich drei Vergleichsobjekte herangezogen werden, die jedoch keine Aussage zu Einkäufen während aller Streitjahre erlauben und höchstens 5 % des Gesamtumsatzes des Stpfl. ausmachen, ist insoweit nicht einschlägig. Es enthält eine Überprüfung der vom FA vorgenommenen Schätzung, während es hier um einen Fremdvergleich geht, den der Stpfl. anstellen muss. Im Bereich des § 1 Abs. 3 Satz 1 genügt es, wenn der Stpfl. einen uneingeschränkt vergleichbaren konkreten Sachverhalt präsentieren kann. Eine andere Frage ist die, ob das Finanzamt dennoch den anzusetzenden Fremdvergleichspreis schätzen darf. In der Regel besteht die Schwierigkeit darin, überhaupt verwertbare Vergleichsobjekte zu finden. Die Schwierigkeiten bestehen insb. im Bereich der Preisvergleichsmethode. Sie ist in der Praxis schon deshalb selten anwendbar, weil es an einer ausreichenden Zahl geeigneter Vergleichsobjekte fehlt. § 1 Abs. 3 Satz 1 bezieht sich allerdings auch auf die Bereiche der Wiederverkaufspreis- und der Kostenaufschlagsmethode. Insoweit ist unverständlich, weshalb der Gesetzgeber glaubt, eine alle klassischen Methoden umfassende einheitliche Regelung treffen zu sollen. Zwar setzt die Anwendung der Wiederverkaufspreismethode die Feststellung von Wiederverkaufspreisen voraus. Auch ist die Methode unanwendbar, wenn vergleichbare Handelsspannen an fremde Dritte nicht festgestellt werden können. Die entscheidende Frage ist, ob die Spannenrückrechnung vom Wiederverkaufspreis zum (angemessenen) Einkaufspreis möglich ist. Dies setzt voraus, dass einerseits die Funktionen des Wiederverkäufers und andererseits dessen Risiken angemessen eingeschätzt werden können. Es muss die marktübliche Handelsspanne ermittelt werden können. Entsprechendes gilt für die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode. Die Kenntnis der tatsächlichen Selbstkosten besagt noch nichts darüber, ob der angemessene Gewinnaufschlag zutreffend ermittelt werden kann. So gesehen passt der Wortlaut von § 1 Abs. 3 Satz 1 eigentlich nur zur Preisvergleichsmethode (Anm. 906).

 

Rz. 911

[Autor/Stand] Uneingeschränkt vergleichbare Werte. Werden durch einen tatsächlichen Fremdvergleich mehrere Preise festgestellt, so liegt gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 eine (Preis-)Bandbreite vor (Anm. 913).[6] Welchen Wert der Stpfl. aus der Bandbreite auswählen soll, macht der Gesetzgeber davon abhängig, ob uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbare Werte vorliegen.

 

Rz. 912

[Autor/Stand] Umkehrschluss aus § 1 Abs. 3 Satz 3. Sind mehrere Fremdvergleichswerte identifiziert und uneingeschränkt vergleichbar, so ist aus § 1 Abs. 3 Satz 3 im Umkehrschluss ableitbar, dass die ermittelte Bandbreite von dem Stpfl. vollumfänglich ausgeschöpft werden kann. Der Stpfl. darf also den aus seiner Sicht vorteilhaftesten Wert als Verrechnungspreis ansetzen. Diese R...

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