„Eine Berücksichtigung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 liegt bei unbeschränkt Steuerpflichtigen auch vor, wenn der andere Staat den Abzug der Aufwendungen bereits nach seinen Vorschriften nicht zulässt, die diesem oder den vorstehenden Absätzen entsprechen; dies gilt nicht, wenn der Abzug der Aufwendungen in einem anderen Staat auf Grund einer diesem Absatz entsprechenden Regelung nicht zugelassen wird bei

  1. einem mittelbaren oder unmittelbaren Gesellschafter eines unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 des Körperschaftsteuergesetzes oder
  2. dem Steuerpflichtigen, sofern sich dessen Wohnsitz, Sitz oder Ort der Geschäftsleitung auch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befindet und dieser Staat den Steuerpflichtigen für Zwecke der Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und diesem Staat als nicht in diesem Staat ansässig behandelt.”
 

Rz. 77

[Autor/Stand] Allgemeines. § 4k Abs. 4 Satz 2 EStG setzt Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und b ATAD um und regelt die Reihenfolge, welcher Staat im Fall einer DD-Inkongruenz vorrangig den Betriebsausgabenabzug zu versagen hat.[2] Es soll sichergestellt werden, dass die Anwendung des § 4k Abs. 4 Satz 1 EStG bei Aufwendungen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht schon deshalb ausgeschlossen wird, weil der andere Staat entsprechend einer Umsetzung der ATAD ebenfalls ein Abzugsverbot für die betreffenden Aufwendungen vorsieht.[3]

 

Rz. 78

[Autor/Stand] Tatbestandsvoraussetzungen. Nach Maßgabe der Empfehlung 6 des OECD/G20-Berichts 2015 zu BEPS-Aktionspunkt 2 wird nach § 4k Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 EStG bei in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen eine schädliche "Berücksichtigung" von Betriebsausgaben im Ausland fingiert, wenn im Ausland Aufwendungen deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sich die Abzugsbeschränkung dort aus der Umsetzung der ergangenen ATAD-Vorschriften – analog § 4k Abs. 1 bis 4 EStG – ergibt.[5] Dadurch wird sichergestellt, dass die Besteuerungsinkongruenz vorranging im Ansässigkeitsstaat des "Investors" beseitigt wird, und erst nachranging im Ansässigkeitsstaat des "Zahlenden" (sog. "Vorfahrtsregelung").[6] Nur soweit der Staat des Investors (Muttergesellschaft) den Abzug nicht versagt, soll der Staat des Zahlenden den Abzug versagen.[7] Ferner unterstellt die Vorschrift, dass andere Staaten die Vorgaben der ATAD umgesetzt haben und der dort angeordneten Anwendungsreihenfolge Rechnung tragen.[8]

 

Rz. 79

[Autor/Stand] Ausnahmeregelung. § 4k Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 EStG sieht eine Ausnahme für den Fall, dass im Ausland auf Grund einer Abzugsbeschränkung tatsächlich keine Aufwandsberücksichtigung erfolgt.[10] Der Abzugsausschluss nach § 4k Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 EStG durch "fingierte" Berücksichtigung von Aufwand im Ausland gilt nicht, wenn das Ausland die Aufwandsberücksichtigung auf Ebene eines "mittelbaren oder unmittelbaren Gesellschafters" einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft in Umsetzung der entsprechenden ATAD-Vorgaben nicht zulässt. Konzeptionell handelt es sich um eine Umsetzung der Vorfahrtsregelung, wonach die Abzugsbeschränkung auf Ebene der "Muttergesellschaft" (Investors) vorranging vor einer kollidierten Abzugsbeschränkung auf Ebene der Tochtergesellschaft ("des Zahlenden") anzuwenden ist. Nach Maßgabe des Wortlauts ("wenn" statt "soweit") kommt es nicht auf den Umfang der ausländischen Abzugsbeschränkung an. Damit reicht bereits das Vorliegen einer tatsächlichen Abzugsbeschränkung im Ausland aus.[11] Die Nichtanwendung des Betriebsausgabenabzugsverbots setzt ferner voraus, dass es sich bei der ausländischen Regelung um eine dem § 4k Abs. 4 EStG entsprechende Regelung handelt. Dementsprechend findet die vorliegende Ausnahme keine Anwendung, wenn der ausländische Staat den Betriebsausgabenabzug nach einer anderen Regelung (z.B. nach Maßgabe einer Zinsschrankenregelung wie nach § 4h EStG) versagt.[12] Dies lässt sich anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen:[13]

 

Beispiel

Die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige D-GmbH wird in den USA steuerlich als Personengesellschaft behandelt. Die D-GmbH zahlt Zinsen an eine Bank. Die Zinsen mindern die steuerliche Bemessungsgrundlage sowohl von der D-GmbH als auch von deren US-amerikanischen Muttergesellschaft, der US Corp. Obwohl es sich bei der D-GmbH aus deutscher Sicht um einen "unbeschränkt Steuerpflichtigen" handelt, liegt entsprechend der Vorfahrtsregelung keine DD-Inkongruenz vor, wenn die USA als Staat des Investors den Betriebsausgabenabzug nach einer dem § 4k Abs. 4 EStG vergleichbaren Regelung versagt.

 

Rz. 80

[Autor/Stand] Doppel ansässige Steuerpflichtige. Im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf wurde der Kritik[15] Rechnung getragen, dass die ursprünglich geplante Fassung des § 4k Abs. 4 Satz 2 EStG[16] nicht das von Artikel 9b ATAD für EU-Konstellationen vorgesehene Vorrangverhältnis im Fall doppelt ansässiger Steuerpflichtiger berücksichtigt. Daher wurde § 4k Abs. 4 Satz 2...

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