Rz. 1355

[Autor/Stand] Auslegung der Begriffe des immateriellen Wirtschaftsguts und des Vorteils. Nach § 1 Abs. 3 Satz 10 Halbs. 1 Alt. 1 ist eine Einzelbewertung der im Rahmen einer Funktionsverlagerung übertragenen oder zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter zunächst dann zulässig, wenn der Stpfl. glaubhaft macht, dass keine wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile Gegenstand der Funktionsverlagerung sind. Fraglich ist, was unter den Begriffen des immateriellen Wirtschaftsguts und des Vorteils zu verstehen ist. Das Gesetz definiert diese Begriffe nicht. Auch die FVerlV und die VWG-Funktionsverlagerung enthalten keine Definition. Vor diesem Hintergrund dürften keine Bedenken bestehen, insofern auf die höchstrichterliche Rspr. zur Definition immaterieller Wirtschaftsgüter zurückzugreifen.[2] Immaterielle Wirtschaftsgüter sind danach alle unkörperlichen Vermögenswerte für den Betrieb, insb. Rechte und tatsächliche Positionen, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, idR eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können.[3] Unter den Begriff des Vorteils dürften alle sonstigen Vermögenswerte fallen, die die Voraussetzungen eines immateriellen Wirtschaftsguts nicht erfüllen[4], aber als geschäftswertbildende Faktoren Bestandteil des Geschäfts- oder Firmenwerts sind.[5] Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an eingearbeitetes Personal oder Lieferantenbeziehungen.[6] Auch singuläre und unternehmerische Geschäftschancen[7] können unter den Begriff des Vorteils gefasst werden.[8] Da es sich bei diesen Vermögenswerten um keine Wirtschaftsgüter handelt, können sie auch nicht einzeln bewertet werden. Sie werden daher im Rahmen der Gesamtbewertung eines Transferpakets als Bestandteil des Geschäfts- und Firmenwerts erfasst.

 

Rz. 1356

[Autor/Stand] Wesentlichkeit des fraglichen immateriellen Wirtschaftsguts oder Vorteils. Voraussetzung für eine Einzelbewertung nach § 1 Abs. 3 Satz 10 Halbs. 1 Alt. 1 ist weiterhin, dass die in Rede stehenden immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile nicht wesentlich sind. Nach § 1 Abs. 5 FVerlV ist dies der Fall, wenn die fraglichen immateriellen Wirtschaftsgüter oder Vorteile für die verlagerte Funktion nicht erforderlich sind oder ihr Fremdvergleichspreis 25 % oder weniger als die Summe der Einzelpreise aller Wirtschaftsgüter und Vorteile des Transferpakets beträgt. Die Frage der Wesentlichkeit der in Rede stehenden immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile ist folglich mit Hilfe einer Analyse zu beantworten, bei der sowohl qualitative als auch quantitative Elemente eine Rolle spielen, was in Rz. 38 der VWG-Funktionsverlagerung[10] nochmals ausdrücklich klargestellt wird. Eine Definition des Merkmals der Erforderlichkeit, auf dem die qualitative Analyse der fraglichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile aufbaut, findet sich in der FVerlV nicht. Auch die VWG-Funktionsverlagerung definieren das Merkmal nicht. Im Entwurf der VWG-Funktionsverlagerung hieß es zwar noch, dass immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile für die Funktion dann erforderlich sind, wenn sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht für die Ausübung der Funktion notwendig sind.[11] In der endgültigen Fassung der VWG-Funktionsverlagerung findet sich diese Aussage aber nicht mehr. Von daher wird man das Merkmal der Erforderlichkeit unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch auslegen müssen. Erforderlich sind die in Rede stehenden immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile danach dann, wenn die verlagerte Funktion ohne diese nicht ausgeübt werden kann.[12] Zu beurteilen ist dies aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters aus der Sicht der beteiligten Unternehmen.[13] Was die quantitative Analyse anbelangt, so ist hierfür ein Vergleich der Werte der fraglichen immateriellen Wirtschaftsgüter und Vorteile mit der Summe der Werte aller Wirtschaftsgüter und sonstiger Vorteile des Transferpakets erforderlich. Da hierbei auch die sonstigen Vorteile zu bewerten sind, ist auch im Rahmen des § 1 Abs. 3 Satz 10 Halbs. 1 Alt. 1 letztlich eine Gesamtbewertung des Transferpakets durchzuführen.[14] Dies folgt auch aus Rz. 39 der VWG-Funktionsverlagerung,[15] wonach für die quantitative Analyse auch die geschäftswertbildenden Faktoren zu erfassen sind. Im Ergebnis bedeutet dies einen erheblichen Verwaltungsaufwand für den Stpfl., da zwei Wertermittlungen durchgeführt werden müssen, eine Einzelbewertung sämtlicher materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter und eine Gesamtbewertung des Transferpakets.[16] Es ist daher zu begrüßen, dass nach Rz. 71 der VWG-Funktionsverlagerung[17] in den Fällen des § 1 Abs. 3 Satz 10 Halbs. 1 Alt. 1 für das Transferpaket keine präzise Wertermittlung erforderlich ist, womit freilich die Frage aufgeworfen ist, wie eine ausreichend pauschale Bewertung auszusehen hat. In Anbetracht dieser Schwierigkeiten hätte die Finanzverwaltung ...

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