Rz. 278

[Autor/Stand] Persönliche Voraussetzungen. Die Wegzugsteuertatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 können wie bisher nur von natürlichen Personen als Anteilsinhabern i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 EStG[2] verwirklicht werden. Voraussetzung ist zudem nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1, dass es sich um "unbeschränkt Steuerpflichtige" handelt. Dies sind nach der eigenständigen Definition des § 6 Abs. 2 Satz 1[3] alle natürlichen Personen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre (sog. Beobachtungszeitraum) vor Verwirklichung eines Wegzugsteuertatbestands insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 1 Abs. 1 EStG gewesen sind (ausf. Rz. 303 ff.). Die Neujustierung des persönlichen Anwendungsbereichs kann sich gegenüber der bisherigen Rechtslage je nach den Umständen des Einzelfalls für Zuzügler positiv wie negativ auswirken. In Fällen der unentgeltlichen Rechtsnachfolge sind auch die Zeiten der unbeschränkten Steuerpflicht von Rechtsvorgängern zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3, ausf. Rz. 316 ff.). Ein Steuerpflichtiger, der die Rückkehrregel des § 6 Abs. 3 a.F./n.F. in Anspruch nimmt bzw. genommen hat, gilt nach seiner Rückkehr als "unbeschränkt Steuerpflichtiger" i.S.v. § 6 Abs. 2 Satz 1 (§ 6 Abs. 2 Satz 4 i.d.F. des JStG 2022, ausf. Rz. 324).

 

Rz. 279

[Autor/Stand] Wegzugsteuertatbestände. § 6 Abs. 1 sieht (nur noch) drei sog. Wegzugsteuertatbestände vor. Dies sind die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, dazu ausf. Rz. 350 ff.), die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, ausf. Rz. 365 ff.) und – subsidiär – der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, ausf. Rz. 431 ff.). Damit sollen – wenig überraschend – nach dem Willen des Gesetzgebers auch Fälle der "passiven Entstrickung" durch Neuabschluss oder Revision eines DBA erfasst werden (dazu ausf. Rz. 476 ff.).[5] Für die Tatbestände der Nrn. 1 und 2 soll es auf den Ausschluss oder die Beschränkung deutscher Besteuerungsrechte nicht ankommen,[6] was bereits zu § 6 a.F. gesetzgeberisch gewollt[7] und vom BFH für die Altfassung bestätigt worden ist.[8] Die bisherigen Tatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a.F. (Begründung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit in einem DBA-Staat) bzw. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.F. (Einlage der Anteile in eine ausländische Betriebsstätte) konnten nach Ansicht des Gesetzgebers entfallen, da die zugrunde liegenden Sachverhalte stets zu einem Ausschluss bzw. einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts an den Veräußerungsgewinnen führen sollen.[9] Diese Vorstellung ist allerdings verfehlt, so dass die Neufassung des § 6 tatbestandlich weniger weit gefasst ist als § 6 a.F. (s. die Beispiele in Rz. 444 ff.).

 

Rz. 280

[Autor/Stand] Gewinnrealisierungszeitpunkte. § 6 Abs. 1 Satz 2 enthält für die einzelnen Wegzugsteuertatbestände eigene ausdrückliche "Veräußerungszeitpunkte". In den Fällen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 soll wie bisher die Veräußerung im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht bzw. der Übertragung erfolgen (s. dazu Rz. 35). Für den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ordnet § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ausdrücklich an, dass die fiktive Veräußerung unmittelbar vor dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts eintritt (s. Rz. 495 ff.).

 

Rz. 281

[Autor/Stand] Vergleich zu § 6 a.F. Die Wegzugsteuertatbestände sind wie bisher in § 6 Abs. 1 verortet. Die Neufassung weist aber im Vergleich zu § 6 Abs. 1 a.F. verschiedene Unterschiede auf. § 6 Abs. 1 Satz 1 a.F. (Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht) war als eine Art Haupttatbestand[12] konzipiert, dem mehrere Ergänzungstatbestände[13] ("stehen gleich") zur Seite gestellt waren. § 6 Abs. 1 Satz 1 a.F. findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 inhaltlich unverändert wieder (s. Rz. 350 ff.). Zu den Ergänzungstatbeständen zählten – materiell-rechtlich nahezu unverändert übernommen in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (dazu Rz. 365 ff.) – Anteilsübertragungen auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen durch unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden sowie – seit der Erweiterung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.d.F. des SEStEG (s. Rz. 5) – auch der Übergang der Anteile im Erbfall (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a.F.). Die Ergänzungstatbestände des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a.F. (abkommensrechtlicher Ansässigkeitswechsel) und § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.F. (Einlage der Anteile in eine ausländische Betriebsstätte) sind in § 6 Abs. 1 Satz 1 nicht mehr ausdrücklich enthalten. In diesen Fällen kann künftig nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 eine Wegzugsteuer ausgelöst werden, d.h. wenn aufgrund des abkommensrechtlichen Ansässigkeitswechsels oder der Einlage in eine ausländische Betriebss...

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