Rz. 1

Aufgrund der weitreichenden Anknüpfungspunkte der unbeschränkten deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht[1] bei der unentgeltlichen Übertragung des weltweiten Vermögens umfasst der deutsche Besteuerungsanspruch auch die Übertragung von ausländischem Vermögen. In Verbindung mit den verschiedenen Anknüpfungspunkten ausländischer Steuerrechtsordnungen kann dies zu zwischenstaatlichen Überschneidungen von Steueransprüchen führen.

 

Rz. 2

Die gleichzeitige Erhebung gleicher oder gleichartiger Steuern durch unterschiedliche Steuerhoheiten für denselben Besteuerungstatbestand bei demselben Stpfl. führt zu einer internationalen Doppelbesteuerung.[2] Eine Doppelbesteuerung tritt bei der Übertragung von ausländischem Vermögen auf und beruht auf einer Kollision von Besteuerungsansprüchen verschiedener Staaten.[3]

 

Rz. 3

Diese entsteht regelmäßig in Fällen, in denen ein Staat seinen Besteuerungsanspruch aufgrund des subjektiven Anknüpfungspunktes der steuerlichen Ansässigkeit der beteiligten Personen geltend macht, während ein anderer Staat seine Besteuerungskompetenz mit der objektiven Belegenheit des Vermögens begründet. Aus deutscher Sicht ist dies der Fall, wenn in Deutschland infolge der Inländereigenschaft der Beteiligten die Übertragung des gesamten weltweiten Vermögens der unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht unterliegt, während für die Übertragung des aus der Sicht des ausländischen Staats "inländischen" Vermögens dort eine beschränkte Steuerpflicht besteht. Bei einer Identität von Steuersubjekt, Steuerobjekt, Besteuerungszeitraum und Gleichartigkeit der Steuern ergibt sich so bei der Übertragung von ausländischem Vermögen eine materielle und formelle juristische Doppelbesteuerung durch die Kollision von Besteuerungsansprüchen auf der Grundlage des Universalitäts- und des Belegenheits- bzw. Territorialitätsprinzips.[4]

 

Rz. 4

Eine Doppelbesteuerung kann auch entstehen, wenn zwischen der deutschen Steuerrechtsordnung und der anderer Staaten Überschneidungen bei der Beurteilung der Belegenheit von Vermögen auftreten. Diese können dazu führen, dass die Übertragung eines Vermögensgegenstands steuerlich in mehreren Staaten erfasst wird. Nur bei Immobilien ist die Gefahr einer solchen Kollision objektiver steuerrechtlicher Anknüpfungskriterien aufgrund der Beurteilung der Belegenheit eines Vermögensgegenstands nahezu ausgeschlossen. Bei vielen beweglichen materiellen oder immateriellen Gegenständen müssen unterschiedliche nationale Zuordnungskriterien beachtet werden. So gilt ein Patent aus der nationalen Sicht mancher Staaten (wie z. B. Deutschlands) als inländisches Vermögen, wenn es dort registriert ist. Im Gegensatz dazu stellen andere Staaten bei der Bestimmung des Belegenheitsorts eines Patents auf den Ort ab, an dem dessen Verwertung erfolgt. Deshalb kann dieses Patent nach der dortigen Steuerrechtsordnung ebenfalls als inländisches Vermögen erfasst werden, sodass die Gefahr einer Doppelbesteuerung besteht.

 

Rz. 5

Eine Doppelbesteuerung kann auch durch die international uneinheitliche Zuordnung eines Vermögensgegenstands zu unterschiedlichen Vermögensarten verursacht werden. Diese Gefahr besteht vor allem bei der Übertragung von Anteilen an einer juristischen Person, die ausländisches Immobilienvermögen hält und nicht im Belegenheitsstaat des Immobilienvermögens ansässig ist. Hier kann einerseits die Übertragung des Grundbesitzes im Belegenheitsstaat besteuert werden. Gleichzeitig kann auch die Anteilübertragung in einem anderen Staat (z. B. im Sitzstaat der juristischen Person) erfasst werden. Ähnliche Probleme können sich bei der Übertragung von Beteiligungen an Personengesellschaften im Verhältnis zu Staaten ergeben, die diese – im Gegensatz zu Deutschland – nicht als transparent, sondern als intransparente Einheiten betrachten.

 

Rz. 6

Daneben kann eine Doppelbesteuerung durch eine Kollision der subjektiven Anknüpfungskriterien verschiedener Steuerrechtsordnungen auftreten. Dies ist der Fall, wenn Deutschland seine erweitert unbeschränkte Steuerpflicht[5] für deutsche Staatsangehörige aufrechterhält, bei denen aus steuerlicher Sicht zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung nach einer Wohnsitzverlegung zwar die Anknüpfungspunkte der unbeschränkten Steuerpflicht nicht mehr "unmittelbar" bestehen, diese jedoch innerhalb von 5 Jahren davor bestanden haben und somit weiterhin eine Inländereigenschaft "fingiert" wird. Wenn eine solche Person wegen ihrer Ansässigkeit im Ausland dort (z. B. aufgrund eines Wohnsitzes im Zuzugsstaat) ebenfalls einer unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, kommt es wiederum zu einer Doppelbesteuerung. Diese Gefahr besteht auch, wenn der deutsche Besteuerungsanspruch nach einer Wohnsitzverlegung ins Ausland aufgrund der erweitert unbeschränkten oder erweitert beschränkten Steuerpflicht neben dem Besteuerungsanspruch des "neuen" Wohnsitzstaates weiter bestehen bleibt.

 

Rz. 7

Eine internationale Doppelbesteuerung kann weiterhin bei einer Kollision subjektiver Anknüpfungs...

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