Rz. 393

Nach § 97 Abs. 1a BewG wird der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen nicht auf direktem Wege ermittelt, sondern als Summe aus dem Anteil am gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Personengesellschaft (Gesellschaftsvermögen) und dem Wert des Sonderbetriebsvermögens abgeleitet.[1] Die Legaldefinition des Betriebsvermögens der Personengesellschaft als "Gesamthandsvermögen" entspricht ebenso wie der in § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG verwendete Begriff "Gesamthandsbilanz" dem Rechtszustand vor Inkrafftreten des MoPeG v. 10.8.2021[2], durch das der Grundsatz der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögen aufgegeben und für rechtsfähige Personengesellschaften[3] durch die unmittelbare Rechtszuständigkeit der Gesellschaft als solcher ersetzt wurde.[4]

Durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz v. 22.12.2023[5] wurde dem u. a. durch Ergänzung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO um einen S. 2 und durch Einfügung des § 2a ErbStG Rechnung getragen. § 39 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 AO bestimmt, dass rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten. Eine gleichlautende Regelung trifft § 2a S. 1 ErbStG für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Ob der Gesetzgeber diese Regelung auch auf die für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer geltenden Bewertungsvorschriften bezogen wissen wollte, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Unabhängig davon müssen die Begriffe "Gesamthandsvermögen" und "Gesamthandsbilanz" nach Inkrafttreten des MoPeG als "Gesellschaftsvermögen" und "Gesellschaftsbilanz" gelesen werden.

Nach § 97 Abs. 1a vollzieht sich die Aufteilung des gemeinen Werts des Betriebsvermögen der Personengesellschaft in folgenden Schritten:

  • Zur Ermittlung des Anteils am Gesellschaftvermögen

    • sind die Kapitalkonten aus der Gesellschaftsbilanz dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen[6];
    • der verbleibende Wert ist nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen, wobei Vorabgewinnanteile nicht zu berücksichtigen sind.[7]
  • Der Wert des Sonderbetriebsvermögens wird durch Einzelbewertung der dazu gehörenden Wirtschaftsgüter und Schulden ermittelt und dem Anteil unmittelbar zugerechnet.[8]

Für den Fall, dass der Wert des Anteils am Gesellschaftsvermögen aus Verkäufen abgeleitet wird, sieht R B 97.4 Abs. 5 ErbStR 2019 demgegenüber vor, dass sich der Wert des Anteils eines Gesellschafters aus dem ermittelten Anteil am Gesellschaftsvermögen und dem gemeinen Wert des Sonderbetriebsvermögens ergibt. Der Aufteilungsmaßstab des § 97 Abs. 1a BewG soll in diesem Fall also keine Anwendung finden.[9] Entsprechendes soll nach R B 97.4 Abs. 6 ErbStR 2019 gelten, wenn der Wert des Anteils eines Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt wird. In diesem Fall soll sich der Wert des Anteils eines Gesellschafters als Summe aus dem ermittelten Anteil am Gesellschaftsvermögen (Gutachtenwert) und dem gemeinen Wert des Sonderbetriebsvermögens ergeben.

 

Rz. 393a

Im Fall der Option einer Personengesellschaft zur Körperschaftsteuer wird die optierende Gesellschaft nach der Option wie eine Kapitalgesellschaft besteuert; ihre Gesellschafter werden wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt.[10] Damit gibt es nach der Option keine steuerlichen Kapitalkonten mehr, die den Gesellschaftern nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG vorweg zugerechnet werden könnten. Nach der Verwaltungsauffassung ist stattdessen auf die handelsrechtlichen Kapitalkonten unter Beachtung der ertragsteuerlichen Grundsätze der Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital abzustellen.[11] Sonderbetriebsvermögen, das nach § 97 Abs. 1a Nr. 2 zuzurechnen wäre, kann es nach der Option ertragsteuerlich und bewertungsrechtlich nicht mehr geben.[12]

[2] BGBl I 2021, 3426.
[5] BGBl I 2023, Nr. 411.
[9] Vgl. dazu Rz. 391.
[11] Gleichlautende Ländererlasse v. 5.10.2022, BStBl I 2022, 1494, Rz. 6.
[12] Gleichlautende Ländererlasse v. 5.10.2022, BStBl I 2022, 1494, Rz. 3.

4.8.2.1 Vorrangige Zurechnung der Kapitalkonten (§ 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG)

 

Rz. 394

Zum Kapitalkonto i. S. d. § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. a BewG gehören neben dem Festkapital auch der Anteil an einer gesamthänderischen Gewinnrücklage und die variablen Kapitalkonten, soweit es sich dabei ertragsteuerrechtlich um Eigenkapital der Gesellschaft handelt.[1] Maßgeblich ist der Stand zum Bewertungsstichtag, der ausgehend von den Verhältnissen des letzten Bilanzstichtags durch Hinzurechnung des anteiligen Gewinns sowie der Entnahmen und Einlagen zu ermitteln ist.

Im Unterschied zu § 97 Abs. 1a Nr. 2 BewG in der bis zum 31.12.2008 gelt...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge