Steuerschädliches Verwaltungsvermögen

Wird ein Grundstück der überlassenden Gesellschaft von der nutzenden Gesellschaft an einen weiteren Dritten zur Nutzung überlassen, liegt eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 3 ErbStG vor. Dies gilt unabhängig davon, dass parallel zu dem Mietvertrag zwischen der nutzenden Gesellschaft und dem Dritten ein Lagerbewirtschaftungsvertrag geschlossen worden ist.

Hintergrund: Gesetzliche Regelung

Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gehört zum begünstigten Vermögen vorbehaltlich § 13b Abs. 2 ErbStG inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG, mithin einer KG i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 EStG. Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG bleibt Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 ErbStG ausgenommen, wenn das Betriebsvermögen der Gesellschaftsbeteiligung zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

Sachverhalt: Zählt ein sich im Sonderbetriebsvermögen befindendes Grundstück zum Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG a.F.?

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Kommanditisten der Klägerin sind der Beigeladene und Beteiligte (Beigeladener) sowie seine Eltern. Komplementärin der Klägerin ist die M-GmbH. Gesellschafter der M-GmbH sind die Eltern des Beigeladenen.

Im Sonderbetriebsvermögen der Eltern befand sich ein mit Lagerhallen und einem Bürotrakt bebautes Grundstück, das bis zum 1.7.2013 im hälftigen Miteigentum der Eltern stand und an die M-GmbH vermietet war.

Mit Mietvertrag aus dem Jahr 2006 vermietete die M-GmbH das Grundstück weiter an die B-GmbH, eine Gesellschaft im Konzern der C-AG. § 9 des Mietvertrags gestattete dem Mieter die Untervermietung oder -verpachtung, die dann nicht genehmigungs-, sondern nur anzeigepflichtig war, wenn sie an andere Konzerngesellschaften der C-AG erfolgte.

Zusätzlich zum Mietvertrag wurde zwischen der M-GmbH und der B-GmbH Ende des Jahres 2007 ein Dienstleistungsvertrag über die Lagerbewirtschaftung der überlassenen Flächen durch die M-GmbH mit Beginn ab Mai 2007 geschlossen. § 1 des Dienstleistungsvertrags enthielt den Hinweis, dass das Lager auf dem Grundstück von der B-GmbH angemietet wurde.

Am 1.7.2013 übertrugen die Eltern jeweils 25 % der Kommanditanteile an der Klägerin unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Beigeladenen. An diesem Tag war das Grundstück von der M-GmbH an die B-GmbH weitervermietet und die M-GmbH führte, wie im Dienstleistungsvertrag vereinbart, die Lagerbewirtschaftung auf dem Grundstück durch.

Mit Bescheiden über die gesonderte Feststellung des Werts des Betriebsvermögens auf den 1.7.2013 für Zwecke der Erbschaftsteuer nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG, die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG a.F. und die gesonderte Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten nach § 13a Abs. 1a ErbStG a.F. (Feststellungsbescheide) jeweils vom 11.5.2015 für die Schenkung des Vaters und der Mutter des Beigeladenen stellte das Finanzamt (FA) den Wert des Anteils am Betriebsvermögen und die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens fest. Das festgestellte Verwaltungsvermögen bestand in Gänze aus dem Betriebsgrundstück.

Die Einsprüche der Klägerin, die die Auffassung vertrat, dass das Grundstück kein Verwaltungsvermögen sei, da die Voraussetzungen der Rückausnahme nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG a.F. vorlägen, wies das FA als unbegründet zurück.

Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg.

Entscheidung: BFH gibt dem Finanzamt Recht

Der BFH hat entschieden, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück um Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F. handelt und dass die Voraussetzungen der Rückausnahme nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG a.F. nicht erfüllt sind.

Verwaltungsvermögen

Zielrichtung des § 13b ErbStG a.F. war nach den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass "Vermögen, das in erster Linie der weitgehenden risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt", von der steuerlichen Begünstigung auszunehmen. Umgekehrt sollte solches Vermögen begünstigt werden, das unmittelbar einem Betrieb und zugleich dem Erhalt von Arbeitsplätzen dient. § 13b ErbStG a.F. unterscheidet daher zwischen dem begünstigten und dem grundsätzlich nicht begünstigten Betriebsvermögen, dem sogenannten Verwaltungsvermögen.

Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG a.F. abschließend aufgezählt. Maßgebend für die Einordnung von Wirtschaftsgütern als Verwaltungsvermögen sind die Verhältnisse am Stichtag der Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 ErbStG; BFH v. 23.2.2021 - II R 26/18, BStBl II 2022, 72).

Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F. gehören zum Verwaltungsvermögen Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. "Dritter" im Sinne der Vorschrift ist jede Person, die nicht mit dem Nutzungsüberlassenden identisch ist. Dritte können auch Kapitalgesellschaften, z.B. eine GmbH sein (BFH, Urteil v. 2.12.2020, II R 22/18, BStBl II 2022, 66).

Steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte

Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist ausnahmsweise dann nicht anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist. Das gilt allerdings nur, soweit keine Nutzungsüberlassung von dem Dritten an einen weiteren Dritten erfolgt. Die Formulierung "Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten" am Ende des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG a.F. stellt eine Einschränkung der zuvor normierten Rückausnahme dar.

Danach stellt das von der M-GmbH an die B-GmbH längerfristig vermietete Grundstück steuerschädliches Verwaltungsvermögen dar.

Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht bereits durch die Vermietung des Grundstücks von der Klägerin an die M-GmbH gegeben. Zwar ist insoweit der Grundtatbestand des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG a.F. erfüllt und es liegt ein "Dritten zur Nutzung überlassenes Grundstück" vor.

Da die Eltern des Beigeladenen aufgrund ihrer jeweiligen Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin und der M-GmbH einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl bei der Klägerin als auch bei der M-GmbH durchsetzen konnten und durch die Schenkungen diese Rechtsstellung auf den Beigeladenen übergegangen ist, sind bei dieser Nutzungsüberlassung die Voraussetzungen der Rückausnahme nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 1 und 2 ErbStG a.F. erfüllt.

Jedoch liegt eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a Halbsatz 3 ErbStG a.F. in der Weiterüberlassung des Grundstücks von der M-GmbH an die B-GmbH vor. Dies gilt unabhängig davon, dass parallel zu dem Mietvertrag mit der B-GmbH ein Lagerbewirtschaftungsvertrag geschlossen worden ist, denn das Gesetz stellt nach seinem klaren Wortlaut allein auf die (weitere) Nutzungsüberlassung ab.

Einheitlich gewerbliche Tätigkeit

Es kann auch nicht von einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit bei der Vermietung des Grundstücks und dem Vertrag über die Lagerhaltung ausgegangen werden. Dies hätte erfordert, dass Miet- und Lagerbewirtschaftungsvertrag in ihrer Zusammenschau und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des konkreten Falls dahingehend auszulegen sind, dass aufgrund eines einheitlich erbrachten Bündels an gewerblichen Leistungen von einer gewerblichen Nutzungsüberlassung auszugehen ist. Im Streitfall spricht jedoch die Möglichkeit der isolierten Inanspruchnahme der Überlassung des Grundstücks für das Vorliegen von Verwaltungsvermögen.

Hinweis: Verfassungswidrigkeit des ErbStG

Der BFH weist darauf hin, dass die einschlägigen Vorschriften des ErbStG zwar verfassungswidrig sind, sie für den Stichtag des Streitfalls jedoch keiner erneuten Vorlage an das BVerfG bedürfen. Sie sind weiter anzuwenden und nur begrenzt einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich (BFH v. 23.2.2021, II R 26/18, BStBl II 2022, 72).

BFH, Urteil v. 10.5.2023, II R 21/21; veröffentlicht am 19.10.2023

Alle am 19.10.2023 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen

Schlagworte zum Thema:  Erbschaftsteuer, Betriebsvermögen, Grundstück