Rz. 310

Der Gesetzgeber regelt mit § 10 Abs. 10 ErbStG eine Sondersituation[1]: Der Erbe, der durch den Erbfall zunächst Gesellschafter einer Personengesellschaft oder GmbH wird, muss diese sogleich aufgrund des Gesellschaftsvertrags gegen Abfindung verlassen, da er die gesellschaftsrechtlich vereinbarten Qualifikationsmerkmale für einen Gesellschafter nicht erfüllt (z. B. Nichtzugehörigkeit zum gesellschaftsvertraglich umschriebenen Familienzweig oder fehlende Qualifikation; sog. qualifizierte negative Nachfolgeklausel). Erwerbsgegenstand ist zunächst eigentlich die Beteiligung; ist die Abfindung niedriger als der Steuerwert des Anteils, tritt gem. § 10 Abs. 10 ErbStG an die Stelle des Anteils der Abfindungsanspruch; nur er gehört zum Vermögensanfall.

 

Rz. 311

Die Vorschrift ist die Reaktion darauf, dass sich in der Folge der neuen Bewertung des Betriebsvermögens unter Zugrundelegung des gemeinen Werts (Verkehrswert) die Differenz zwischen dem gemeinen Wert einer vererbten Gesellschafterstellung zum Abfindungsanspruch, der im Interesse insbesondere von Familiengesellschaften zum Erhalt der Gesellschaft und eines abgegrenzten Gesellschafterbestands gesellschaftsvertraglich vor dem Erbfall vereinbart wurde, vergrößern kann. In diesen Fällen, in denen der Erbe tatsächlich und ausschließlich im Ergebnis nur durch den Abfindungsanspruch bereichert ist, ist es geboten, den Wert des Abfindungsanspruchs der Besteuerung zugrunde zu legen.[2] Hierin liegt eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips, die aber einer am Leistungsfähigkeitsprinzip ausgerichteten Konkretisierung des Bereicherungsprinzips entspricht.

[1] Vgl. R E 10.13 ErbStR 2019.
[2] BT-Drs. 16/11107, 8.

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