Abzugsfähigkeit von Beerdigungskosten
Vor dem FG Münster wurde folgender Fall verhandelt: Die Beteiligten streiten in Bezug auf die Erbschaftsteuer um die Abziehbarkeit von Kosten, die im Zusammenhang mit dem Ableben der am 3.1.2019 verstorbenen L (Erblasserin) entstanden sind. L war die Tante des Klägers, welche er zusammen mit seiner Schwester jeweils zur Hälfte beerbte. Die Erblasserin hatte bei der H-Versicherung eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht für die Versicherungssumme im Jahr 2004 an das Bestattungshaus F abgetreten.
Nachlassverbindlichkeiten bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer
Dieses stellte nach dem Tod der Erblasserin für seine Leistungen insgesamt 11.653,96 EUR in Rechnung, von denen die Sterbegeldversicherung 6.864,82 EUR bezahlte. Die Erben überwiesen insgesamt 3.283,38 EUR. In der Erbschaftsteuererklärung machten die Erben keine Angaben zu den Nachlassverbindlichkeiten, insbesondere nicht zu Erbfallkosten. Mit Erbschaftsteuerbescheid setzte das Finanzamt (Beklagter) erstmals Erbschaftsteuer für den Erwerb von Todes wegen fest.
Dieser Bescheid wurde während des Einspruchsverfahrens geändert. Den Wert des Erwerbs bezifferte der Beklagte dabei auf 93.222,00 EUR, ausgehend von einem Gesamtwert der Nachlassgegenstände von 198.085,00 EUR (inkl. eines Anspruchs gegenüber der H-Versicherung von 6.864,00 EUR), abzüglich Nachlassverbindlichkeiten "Schulden des Erblassers”"von 1.340,00 EUR sowie für Erbfallschulden den Pauschbetrag von 10.300,00 EUR gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG und entsprechend der Erbquote von 50 %.
Beerdigungskosten
Den vom Kläger eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Der abgetretene Betrag von 6.864,00 EUR aus der Sterbegeldversicherung sei als Sachleistungsanspruch bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs anzusetzen. Die Erben könnten nur den verbliebenen, tatsächlich noch als Beerdigungskosten gezahlten Betrag, d.h. den laut Rechnung des Bestattungshauses gekürzten Betrag, geltend machen.
Der Kläger beantragte, den Erbschaftsteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass nachlassmindernde Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG in Höhe von 15.227,63 EUR berücksichtigt werden, hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Beerdigungskosten, soweit sie durch die Sterbegeldversicherung beglichen worden seien, nicht als Erbfallkosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG in Abzug gebracht werden könnten. Dasselbe gelte für die erst im Klageverfahren geltend gemachten Reisekosten von 332,00 EUR zu Abholung der Unterlagen der Sterbegeldversicherung am 24.8.2019 und für die Kosten der Anschaffung der "Grünen Reihe".
Klage blieb erfolglos
Nach Auffassung des FG Münster ist die Klage unbegründet. Zutreffend hat der Beklagte die Erbfallkosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG für den gesamten Erbfall lediglich mit dem Pauschbetrag von 10.300,00 EUR (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG) in Abzug gebracht, denn es sind keine Erbfallkosten für die Erben entstanden, die den Pauschbetrag übersteigen. Von den insgesamt geltend gemachten Erbfallkosten in Höhe von 15.227,63 EUR sind jedenfalls die von der Sterbegeldkasse auf die Rechnung des Bestattungshauses F gezahlten 6.864,82 EUR nicht als Beerdigungskosten berücksichtigungsfähig.
Gewährung des Pauschbetrags
Es begründet seine Entscheidung unter anderem wie folgt: Die Gewährung des Pauschbetrages nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG setzt lediglich voraus, dass auf Erwerberseite dem Grunde nach berücksichtigungsfähige Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG entstanden sind. Das ist im Streitfall gegeben. Insbesondere sind den Erben Beerdigungskosten dadurch entstanden, dass sie dem Bestattungshaus F zur Begleichung der Rechnung Geldbeträge überwiesen haben. Ein Betrag von mehr als 10.300,00 EUR war für Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG jedoch nicht in Abzug zu bringen. Denn die tatsächlich angefallenen Kosten übersteigen die sogenannte Erbfallkostenpauschale nicht.
Beglichene Beerdigungskosten von der Sterbegeldkasse
Soweit die Beerdigungskosten von der Sterbegeldkasse gegenüber dem Bestattungsinstitut beglichen wurden (6.864,82 EUR), liegen keine Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG vor. Kosten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind gemäß dem Zweck der Norm, Erbfallverbindlichkeiten zum Abzug zuzulassen, die durch den Erbfall ausgelöst werden, nur solche Kosten, die dem Erben nach dem Tod des Erblassers für die dort genannten Zwecke auch tatsächlich entstanden sind. Im Streitfall sind die Erben durch die Zahlung der Sterbegeldkasse in dieser Höhe zu keinem Zeitpunkt mit Kosten für die Bestattung der Erblasserin belastet worden. Der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung gehörte nicht zur Erbmasse, da die Erblasserin diesen Anspruch noch zu Lebzeiten an das Bestattungshaus F abgetreten hatte.
Die – teilweise – Begleichung der Bestattungsrechnung durch Auszahlung der Versicherungsleistung an das Bestattungshaus hat deshalb auch nicht zu Aufwendungen aus der Erbmasse geführt, die nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig sein könnten. Auch der Umstand, dass der aus dem Bestattungsvertrag resultierende Anspruch auf Bestattungsleistungen gegenüber dem Bestattungshaus F, der als Bestandteil des Vermögensanfalls nach § 1922 BGB auf die Erben übergegangen war, durch Erfüllung erloschen ist, führt nicht dazu, dass auf Seiten der Erben Erbfallverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG entstanden sind. Das Bestattungsinstitut hat nämlich, indem es die Bestattung vorgenommen hat, eine wertgleiche Gegenleistung für den Anspruch erbracht. Da bereits die Erblasserin das Entgelt für die Entstehung des Anspruchs auf Bestattungsleistungen durch Abtretung eines Zahlungsanspruchs geleistet hatte, konnten den Erben nicht noch einmal Kosten in derselben Höhe für die Erbringung der Leistung entstehen. Das Erlöschen des Bestattungsanspruchs hat letztlich weder den Wert des Nachlasses noch den des sonstigen Vermögens der Erben gemindert.
Das FG Münster hat die Revision zugelassen. Denn soweit ersichtlich, war die Frage, ob seitens des Erblassers bereits entrichtete Bestattungskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abziehbare Kosten sind, noch nicht explizit Gegenstand der finanzgerichtlichen Rechtsprechung.
FG Münster Urteil vom 19.08.2021 - 3 K 1551/20 Erb und 3 K 1552/20 Erb (veröffentlicht am 15.09.2021)
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