Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Lohnsteuerpauschalierung bei geringfügiger Beschäftigung eines Alleingesellschafters einer GmbH
Leitsatz (amtlich)
Die Lohnsteuerpauschalierung gemäß § 40a Abs. 2a EStG kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 40a Abs. 2 EStG vorliegen, jedoch - z.B. wegen mehrerer geringfügiger Beschäftigungen - die regulären Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Beim Alleingesellschafter einer GmbH, der von dieser im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung angestellt ist, fehlt es am Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses und damit am Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV; damit sind die Voraussetzungen des § 40a Abs. 2 EStG nicht erfüllt. Die Pauschalierung gemäß § 40a Abs. 2a EStG scheidet in diesem Fall aus.
Normenkette
EStG § 40a Abs. 2; EStG § 40a Abs. 2a
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Pauschalversteuerung von Arbeitslohn zulässig ist.
Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist Herr A. S.; Geschäftsführer ist L. S.
Die Klägerin beschäftigte in den Streitjahren 2006 bis 2008 den Arbeitnehmer A. S. aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 31.08.2001 (Bl. 2 LSt-Akte). Das Tätigkeitsfeld des Arbeitnehmers wurde in § 1 des Vertrages umschrieben mit "Unterstützung der Geschäftsführung im Bereich Verwaltung, Montage, Technik, Auftragsverwaltung etc." Die wöchentliche Arbeitszeit war mit 10 Stunden festgelegt. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages war vereinbart, dass der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer übernimmt. Durch Nachtrag vom 01.01.2002 wurde das monatliche Gehalt des Arbeitnehmers auf 325 € festgelegt.
Die Klägerin zahlte dem Arbeitnehmer A. S. in den Jahren 2006 und 2007 je 3.900 € Arbeitslohn und im Jahr 2008 Arbeitslohn in Höhe von 1.950 €; sie führte die Pauschalversteuerung mit 20% gem. § 40a Abs. 2a EStG durch.
Das Arbeitsverhältnis endete am 30.06.2008.
A. S. ist daneben bei der Z GmbH nicht selbstständig beschäftigt.
Im Jahr 2010 führte das beklagte Finanzamt bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung durch (Bericht vom 17.12.2010). Der Prüfer war der Auffassung, die Voraussetzungen für die Pauschalversteuerung lägen nicht vor, da A. S. kein Arbeitnehmer i.S. der Sozialversicherung sei. Bemessungsgrundlage gem. § 40a Abs. 2 EStG für den Pauschalsteuersatz sei das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt. A. S. übe keine Beschäftigung i.S. des § 7 Abs. 1 SGB IV aus, da er maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen habe.
Der Beklagte erließ am 10.01.2011 einen den Prüfungsfeststellungen entsprechenden Festsetzungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für die Zeit von Januar 2006 bis Dezember 2009.
Der Einspruch, mit dem die Klägerin sich gegen die Versagung der Pauschalversteuerung des Aushilfslohnes des A. S. wendete, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 28.03.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Absätze 2 und 2a des § 40a EStG seien im Zusammenhang zu sehen. Voraussetzung für die Pauschalversteuerung sei das Vorliegen eines Arbeitsentgelts aus einer geringfügigen Beschäftigung i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder § 8a SGB IV. § 40 Abs. 2a EStG beziehe sich wegen des Wortlauts "in den Fällen des Abs. 2" auf das Arbeitsentgelt i.S. des SGB. Eine geringfügige Beschäftigung nach SGB IV sei also zwingende Voraussetzung für die Anwendung der Absätze 2 und 2a des § 40a EStG. Da A. S. 100% der Anteile an der Klägerin halte, sei er kein Arbeitnehmer im Sinne der Sozialversicherung.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Rechtsauffassung des Beklagten ergebe sich nicht eindeutig aus dem Gesetzeswortlaut.
§ 40a Abs. 4 EStG erkläre die Unzulässigkeit der Pauschalierung in bestimmten Fällen, wobei weder die Beschäftigung von Gesellschafter-Geschäftsführern noch von Gesellschaftern in nicht geschäftsführender Position erwähnt werde.
Wenn - wie der Beklagte meine - der sozialversicherungsrechtliche Entgeltbegriff für § 40a EStG maßgeblich sein solle, stelle sich die Frage, warum der Gesetzgeber in Absatz 2a eine Sonderregelung geschaffen habe. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, dass die Pauschalbesteuerung in Ausnahmefällen zum Zuge komme, wenn keine Pauschalbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen seien. Genau dies treffe auf den Streitfall zu, da für A. S. keine Sozialversicherungspflicht bestehe.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei die Pauschalierung der Lohnsteuer auch bei Gesellschaftern möglich.
Die Klägerin beantragt,
den Festsetzungsbescheid über Lohnsteuer für die Zeit von Januar 2006 bis Dezember 2009 vom 10. Januar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2011 dahin zu ändern, dass eine Pauschalversteuerung des Aushilfslohns des Arbeitnehmers A. S. gem. § 40 a Abs. 2 a EStG in Ansatz gebracht wird,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin begehrt zwar eine höhere Steuerfestsetzung.
Eine zu niedrige Belastung kann...