Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, ob § 37 Absatz 2a Nr. 1 KStG i.d.F. des StVergAbG verfassungsgemäß ist

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt weder gegen formelles noch gegen materielles Verfassungsrecht, dass § 37 Absatz 2a Nr. 1 KStG i.d.F. des StVergAbG die Verrechnung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Absatz 2 KStG für Gewinnausschüttungen, die nach dem 11. April 2003 und vor dem 1. Januar 2006 erfolgt sind, auf 0 Euro begrenzt.

 

Normenkette

KStG § 37 Abs. 2a Nr. 1; GG Art. 106 Abs. 3 S. 2, Art. 105 Abs. 2, Art. 76 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 14, 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.11.2006; Aktenzeichen I R 69, 70/05)

BFH (Urteil vom 08.11.2006; Aktenzeichen I R 69/05)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob § 37 Absatz 2a Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz -- KStG -- in der Fassung des Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16. Mai 2003 (sogenanntes Körperschaftsteuermoratorium) verfassungsgemäß ist.

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, betreibt ein Chemie-Unternehmen.

In ihrem Schreiben vom 19. Februar 2004 (Bl. 3 KSt-A 2004 Band 1) bezifferte sie ihre voraussichtliche Körperschaftsteuerschuld für 2004 -- unter Abzug eines Körperschaftsteuerminderungsbetrages gemäß § 37 Absatz 2 KStG i.H.v. von ... € -- auf ... € und beantragte, die vierteljährlich Vorauszahlungen zuzüglich des Solidaritätszuschlags auf ... € festzusetzen.

Im Bescheid vom 2. März 2004 (Bl. 4 KSt-A 2004 Band 1) setzte der Beklagte die vierteljährlichen Vorauszahlungen für 2004 demgegenüber bezüglich der Körperschaftsteuer auf jeweils ... € sowie bezüglich des Solidaritätszuschlags auf jeweils ... € fest. Bei dieser Festsetzung ging er davon aus, dass von der voraussichtlichen Körperschaftsteuerschuld der Körperschaftsteuerminderungsbetrag nach § 37 Absatz 2 KStG im Hinblick auf § 37 Absatz 2 a Nr. 1 KStG nicht abgezogen werden dürfe. Gegen diesen Vorauszahlungsbescheid erhob die Klägerin am 25. März 2004 unter dem Aktenzeichen 4 K 1469/04 Sprungklage mit dem Argument, das Körperschaftsteuermoratorium stehe einer Verrechnung mit dem verbleibenden Körperschaftsteuerguthaben nicht entgegen, da das Körperschaftsteuermoratorium verfassungswidrig sei. Nachdem der Beklagte der Sprungklage in seinem Schreiben vom 6. April 2004 nicht zugestimmt hatte, wurde das Verfahren gemäß § 45 Absatz 3 FGO als Einspruch behandelt und an den Beklagten abgegeben (Bl. 22 Rb-A).

Als die Klägerin eine neue Gewinnschätzung mitgeteilt hatte (Bl. 9 KSt-A 2004 Band 1), erließ der Beklagte am 9. Juni 2004 einen geänderten Bescheid über die vierteljährlichen Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag; er setzte die Vorauszahlungen bezüglich der Körperschaftsteuer sowie des Solidaritätszuschlags ab dem II. Quartal auf jeweils null Euro fest (Bl. 12 KSt-A 2004 Band 1).

Den Einspruch wies er durch Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2004 (Bl. 23 ff Rb-A) als unbegründet zurück.

Mit der am 11. August 2004 erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin gemäß § 37 Absatz 2 KStG die Verrechnung Ihrer voraussichtlichen Körperschaftsteuerschuld mit dem verbleibenden Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von ... €, das sich ergibt, wenn § 37 Absatz 2a Nr. 1 KStG nicht angewendet wird (Berechnung siehe Bl. 2 F-A). Zur Begründung hält sie an der Ansicht fest, dass der Ausschluss der Verrechnungsmöglichkeit gemäß § 37 Absatz 2a Nr. 1 KStG mit der Verfassung nicht im Einklang stehe. Im einzelnen führt sie hierzu aus:

§ 37 Absatz 2a KStG sei schon aus formellen Gründen verfassungswidrig und nichtig. Formell verfassungswidrig sei § 37 Absatz 2a KStG deshalb, weil der Bund für die Regelung des Körperschaftsteuermoratoriums keine Gesetzgebungskompetenz habe. Eine Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Absatz 2 GG scheide aus, da es sich nicht um die Regelung einer Steuer im verfassungsrechtlichen Sinne handele. Das Körperschaftsteuermoratorium sei ein Zwangskredit des Bundes. Ausschüttungsbedingte Körperschaftsteuererstattungsansprüche würden wegen § 37 Absatz 2a Nr. 1 KStG nicht zur Entstehung kommen, soweit es sich wie vorliegend um Ausschüttungen handele, die zwischen dem 11. April 2003 und dem 31. Dezember 2005 vorgenommen werden. Das Körperschaftsteuermoratorium solle die Geltendmachung von Körperschaftsteuererstattungsansprüchen verhindern. Hierdurch verschaffe sich der Staat wirtschaftlich einen Kredit auf Kosten des Steuerpflichtigen, also ein vorübergehendes Finanzvolumen, dass ihm finanz- wirtschaftlich nicht zustehe und das er somit zurückzahlen müsse. Diese Ansicht werde laut Handelsblatt vom 2. August 2004, S. 7 auch vom Finanzwissenschaftler Prof. Peffekoven vertreten. Der Gesetzgeber verforme so das Steuerrecht zu einem Instrument des Staatsschuldenrechts. Der Grundsatz der Formenbindung und Formenklarheit der Finanzverfassung fordere indes eine strikte Trennung zwischen Steuern und Finanzkrediten des Staates. Mischformen, wie rückzahlbare Steuern, seien verfassungswidrig. Als Form eines Zwangskredits stelle auch das Körperschaftsteuermoratorium ...

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