Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderbarkeit einer rechtswidrigen Kindergeldfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Sind die Tatsachen bekannt, die zu der Beurteilung führen, dass für ein über 18 Jahre altes Kind die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG für eine Berücksichtigung nicht vorliegen, dann kann die nach § 70 Abs. 1 EStG ergangene Kindergeldfestsetzung nur nach § 70 Abs. 3 EStG mit Wirkung für die Zukunft geändert werden; für eine rückwirkende Änderung fehlt es an einer Änderungsnorm.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Nrn. 2b, 2d, § 70 Abs. 2-3; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.03.2011; Aktenzeichen III R 11/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für seine Tochter D Kindergeld für die Zeit ab Februar 2005 zusteht.

Der Kläger ist der Vater der am 29.09.1986 geborenen D.

Nach Erreichen des Realschulabschlusses wurde D in die gymnasiale Oberstufe des A-Gymnasiums in F aufgenommen; der voraussichtliche Schulabschluss war für das Jahr 2007 vorgesehen.

Aufgrund des Nachweises des Schulbesuches wurde dem Kläger für D über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus Kindergeld gewährt.

Zum 01.02.2005 meldete D sich von der Schule ab. Am 01.03.2005 bewarb sie sich bei den Johannitern für ein freiwilliges soziales Jahr. In der Zeit vom 18.04. bis 22.04.2005 absolvierte sie dort ein Praktikum.

In seinem Antrag auf Weiterzahlung des Kindergeldes gab der Kläger an, D beabsichtige, ab Mai 2005 ein freiwilliges soziales Jahr abzuleisten. Daraufhin wurde die weitere Gewährung des Kindergeldes verfügt.

Mit Schreiben vom 27.06.2005 fragte die Beklagte an, ob D das freiwillige soziale Jahr inzwischen aufgenommen habe. Der Kläger antwortete darauf mit Schreiben vom 30.06.2005, dass D die beabsichtigte Stelle bei den Johannitern noch nicht habe antreten können, da diese bis August 2005 für eventuelle Zivildienstleistende frei gehalten werden müsse. Mit Schreiben vom 11.07.2005 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Voraussetzungen der Berücksichtigung einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nicht vorlägen und eine Weitergewährung des Kindergeldes nur dann möglich sei, wenn er nachweise, dass D Arbeit suchend oder einen Ausbildungsplatz suchend sei. Am 07.09.2005 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, dass D sich weder einen Arbeitsplatz, noch Ausbildungsplatz suchend gemeldet habe.

Mit Bescheid vom 07.09.2005 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für D ab Februar 2005 auf und forderte das für die Monate Februar bis September 2005 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.232,00 € zurück. Der dagegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger vortrug, D habe sich bereits am 01.03.2005 für das freiwillige soziale Jahr bei den Johannitern beworben, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06.12.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit seiner dagegen gerichteten Klage begehrt der Kläger die Gewährung von Kindergeld zumindest für vier Monate wegen Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, während des Praktikums sei D die Stelle für das freiwillige soziale Jahr ab Mai 2005 in Aussicht gestellt worden. Danach habe sich jedoch herausgestellt, dass die Stelle vorrangig mit Zivildienstleistenden zu besetzen sei; aus diesem Grund habe D die Stelle letztlich nicht erhalten. Der Kläger habe dies der Beklagten mit Schreiben vom 30.06.2005 mitgeteilt. Gleichwohl sei das Kindergeld bis September 2005 weiter gezahlt worden.

Für den Zeitraum nach Mitteilung der Verhältnisse sei der Beklagten die Rückforderung des Kindergeldes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt. Weder § 70 Abs. 3 EStG, noch § 173 Abs. 1 Nr. 1 EStG könnten die rückwirkende Aufhebung rechtfertigen.

D habe es nicht zu vertreten, dass sie nicht ab Mai 2005 ein freiwilliges soziales Jahr habe ableisten können. Der Übergangszeitraum laufe zumindest so lange, bis das Kind eine Ablehnung erhalte.

Die Beklagte müsse sich an der Publikation des Bundesministeriums für Gesundheit festhalten lassen das unter dem Punkt "Familienleistungsausgleich" unter "Übergangszeiten" ausführe:

  • "Kindergeld wird auf die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gewährt, wenn der nächste Ausbildungsabschnitt spätestens im 4. auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat beginnt; bleibt die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz in diesem Ausbildungsabschnitt erfolglos, endet die Berücksichtigung mit dem Ablauf des Monats, in dem der Ausbildungswillige die Ablehnung erhält."

Daraus folge, dass der Gesetzgeber gerade nicht davon ausgehe, dass der Kindergeldanspruch rückwirkend gänzlich erlösche.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 7. September 2005 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend zu ihren Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vor: Suche ein Kind nicht während eines Übergangszeitraums gleichzeitig einen Ausbildungsplatz, so bestehe ein Ans...

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