Entscheidungsstichwort (Thema)

Wartezeiten auf Ausbildungsplatz bei Vollzeitbeschäftigung als Kürzungsmonate

 

Leitsatz (amtlich)

Zeiten, in denen ein Kind darauf wartet, eine Ausbildung zu beginnen und in denen es zugleich einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht, sind Kürzungsmonate

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, c, S. 7

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für seinen Sohn im Jahr 2009 zumindest anteilig Kindergeld zusteht.

Der Kläger ist Vater von T. K. - im Folgenden: T -, geboren am 23. November 1987. Nach dem Hauptschulabschluss absolvierte T vom 1. August 2004 bis Januar 2008 eine Lehre als technischer Zeichner in der Fachrichtung Maschinen- und Anlagentechnik, die er am 17. Januar 2008 mit Erfolg bestand. Ab dem 18. Januar 2008 wurde er als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer von der ihn ausbildenden Firma Trierer Aufzugbau übernommen.

Am 25. Mai 2009 beantragte der Kläger für T von August 2009 bis August 2011 Kindergeld (K-Akte, Bl. 65). Dem Kindergeldantrag war das Schreiben des B-Technikums vom 10. März 2009 beigefügt. Hierin teilte das B-Technikum T mit, dass seine Bewerbung um einen Schulplatz im Bereich Maschinentechnik/Maschinenbau in der Unterrichtsform Vollzeitunterricht erfolgreich gewesen sei (K-Akte, Bl. 67). Am 30. Januar 2009 hatte sich T um die Aufnahme im B-Technikum in der Fachrichtung Maschinenbau beworben. In der "Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes" vom 1. Juli 2009 gab T u. a. seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an.

Mit Bescheid der Kreisverwaltung B vom 31. Juli 2009 erhielt T nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz von August 2009 bis Juli 2010 einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 169,- € (PA, Bl. 23).

Nach der Berechnung der Beklagten belief sich der Gesamtbetrag der Einkünfte T's aus nichtselbständiger Arbeit von Januar 2009 bis Juli 2009 abzüglich der von ihm geleisteten Sozialversicherungsbeiträge auf insgesamt 11.369,32 € brutto. Nach Abzug der Werbungskosten (Fahrtkosten) in Höhe von 1.428,- € (= 140 Tage x 34 km x 0,30 €) und besonderen Ausbildungskosten (ebenfalls Fahrtkosten) in Höhe von 1.944,- € (= 90 Tage x 72 km x 0,30 €) lag die Summe aller Einnahmen nach der Berechnung der Beklagten im Jahr 2009 bei 7.997,32 € und damit oberhalb des Jahresgrenzbetrages von 7.680,- € (K-Akte, Bl. 93).

Mit Kindergeldbescheid vom 28. August 2009 lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag des Klägers vom 19. Mai 2009 für T ab und wies darauf hin, dass die Berücksichtigung eines Kindes dessen Einkünfte oberhalb von 7.680,- € liegen ausgeschlossen ist. T habe sich am 30. Januar 2009 um einen Ausbildungsplatz beworben und sei daher gemäß § 32 Abs. 4 EStG von Januar bis Juli 2009 als Kind ohne Ausbildungsplatz zu berücksichtigen. Seine Einkünfte hätten in Jahr 2009 voraussichtlich oberhalb von 7.680,- € gelegen (K-Akte, Bl. 96).

Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers Einspruch ein. T habe vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Juli 2009 eine normale Arbeitnehmertätigkeit in Vollzeit ausgeübt. Im Hauptberuf sei er Arbeiter und insoweit nicht Ausbildungsplatz suchend gewesen. Die Einkünfteverhältnisse von Januar bis Juli 2009 seien hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld ab August 2009 nicht maßgeblich gewesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (K-Akte, Bl. 100). Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit seiner bei Gericht am 3. Oktober 2009 eingegangenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, T habe sich seit Abschluss seiner Lehre im Januar 2008 in einem regulären Arbeitsverhältnis bis letztlich 31. Juli 2007 befunden. In dieser Zeit sei er "hauptberuflich" Arbeitnehmer und nicht infolge einer zwingend bis Ende März 2009 erforderlichen Bewerbung seit Anfang 2009 als Kind zu berücksichtigen gewesen. In dieser - seines Erachtens mehr als eindeutigen - Fallkonstellation zu einer ablehnenden Haltung zu gelangen, erscheine ihm stark erklärungsbedürftig. Er bitte, die unter dem Begriff "Meistbegünstigungsprinzip" entschiedenen Urteile heranzuziehen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Kindergeldbescheid vom 28. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für T ab August 2009 Kindergeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der Klage entgegen und verweist vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Einspruchsentscheidung. Ab dem 30. Januar 2009 sei T Ausbildungsplatz suchend gewesen. Alle Einkünfte und Bezüge, die in den Anspruchszeitraum fielen, seien bei der Ermittlung des maßgeblichen Grenzbetrages zu berücksichtigen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Der Kindergeldbescheid vom 28. August 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Bek...

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