Revision eingelegt (BFH IX R 2/23)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Auskunft nachArt. 15 Abs. 1 DSGVO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Klage ist verfristet, unzulässig und unbegründet.

2. Der auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erfüllt. Ein gebundener Anspruch auf Auskunft bzw. auf Akteneinsicht wird durch das Recht auf Auskunft über personenbezogene Daten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht begründet.

 

Normenkette

DS-GVO Art. 15 Abs. 1, 3, Art. 23 Abs. 1 Buchst. e, Art. 14 Abs. 5, Art. 2 Abs. 1; AO § 93c Abs. 1, § 32d Abs. 1, §§ 32a, 32b, 32c; AEUV Art. 267 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist der Umfang des Auskunftsrechts nach Art. 15 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) und insbesondere, ob ein solcher Anspruch ein Recht auf umfassende Akteneinsicht umfasst.

Der Kläger ist bei dem beklagten Finanzamt steuerlich erfasst (StNr. x).

Am 25.09.2019 legte er Einspruch gegen einen Abrechnungsbescheid vom 18.09.2019 bei dem beklagten Finanzamt ein. Zugleich wurde beantragt, dem Prozessbevollmächtigten "vollumfängliche Auskunft gemäß Art. 15 Absatz 1 DSGVO über von oder im Zusammenhang mit unserem Mandanten bei Ihnen gespeicherte Daten und Informationen zu erteilen, insbesondere (aber nicht ausschließlich) betreffend die angeblichen Vollstreckungs- und Pfändungsversuche ab dem Jahr 1993." Ferner wurde die Übersendung entsprechender Kopien gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO beantragt.

Mit Schreiben vom 01.10.2019 übermittelte der Beklagte eine Grunddaten-Übersicht (persönliche Identifikations- und Kontaktangaben, die für das Steuerverwaltungsverfahren verarbeitet werden), eine Bescheiddaten-Übersicht (Auflistung der in den letzten Jahren bekanntgegebenen Steuerbescheide), eine eDaten-Übersicht (aktuelle Auflistung der zu der Person des Klägers von Dritten übermittelten personenbezogenen Daten, § 93c Abs. 1 AO) sowie eine tabellarische Aufstellung der gespeicherten Daten betreffend die Vollstreckungs- und Pfändungsversuche ab 1993.

Der Prozessbevollmächtigte teilte dazu mit Schreiben vom 09.10.2019 mit, dass an dem Antrag auf vollständige und unverzügliche Akteneinsicht im Sinne einer bildlichen Darstellung der gespeicherten Daten festgehalten werde. Es seien insbesondere Ausdrucke der entsprechenden Vollstreckungen und Pfändungsversuche zu erstellen.

Mit Schreiben vom 04.12.2019 lehnte das Finanzamt den Antrag auf Erteilung von Kopien von Vollstreckungsmaßnahmen ab. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war nicht beigefügt.

Art. 15 Abs. 3 DSGVO vermittle kein Recht auf Akteneinsicht. Der Kopie-Begriff im Sinne der Vorschrift sei als sinnvoll strukturierte Zusammenfassung zu verstehen. Den betroffenen Personen müssten daher nicht sämtliche sie betreffenden Dokumente in Kopie zur Verfügung gestellt werden. Art. 15 Abs. 3 DSGVO regle lediglich die Art und Weise der Auskunftserteilung und habe gegenüber Art. 15 Abs. 1 DSGVO dienende Funktion: Den betroffenen Personen werde - durch Bereitstellung einer strukturierten Zusammenfassung ihrer personenbezogenen Daten - im Kontext kenntlich gemacht, welche Daten zu ihrer Person vom Verantwortlichen verarbeitet würden. Dies entspreche den Wertungen vonArt. 12 Abs. 1 DSGVO , wonach der Verantwortliche durch geeignete Maßnahmen alle Mitteilungen, die sich auf die Verarbeitung beziehen, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln habe.

Gemäß § 32d Abs. 1 AO bestimme die Finanzbehörde die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen selbst. Lediglich wenn sie es für zweckmäßig halte, könne sie die Information oder Auskunft auch im Wege einer Akteneinsicht erteilen (Hinweis aufBMF-Schreiben vom 12.01.2018, BStBI I 2018, 185, Rz. 32 ).

Im Streitfall sei die Auskunft i.S.d. Art. 15 DSGVO mit Schreiben vom 01.10.2019 erteilt worden. Die Gewährung einer Akteneinsicht oder Übersendung einer vollständigen Kopie der Aktenbestandteile sei nicht mehr erforderlich und nicht zweckmäßig.

Der Kläger sei auch jeweils über die gepfändeten Forderungen gemäß § 309 Abs. 2 Satz 3 AO schriftlich informiert worden. Die Maßnahmen für die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen, insbesondere der Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung, stellten einen Verwaltungsakt i.S.d. § 118 AO dar, der dem Kläger jeweils gemäߧ 122 AO bekannt gegeben worden sei. Über die jeweiligen Maßnahmen des Vollziehungsbeamten sei zeitnah eine Niederschrift aufgenommen worden. Der Kläger habe auf einen Abdruck verzichtet.

Gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. e) DSGVO i.V.m. §§ 32c Abs. 1 Nr. 1, 32b Abs. 1 AO i.V.m. Art. 14 Abs. 5 DSGVO bestehe daher kein Auskunftsrecht des Klägers mehr. Soweit diesem die Informationen bereits schriftlich vorlägen, sei die nochmalige Auskunftserteilung nicht vorgesehen. Soweit er auf die Aushändigung eines Abdrucks...

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