Revision eingelegt (BFH IX R 5/22)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen einer verdeckten Einlage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine verdeckte Einlage liegt auch vor, wenn Anteile auf die nämliche Kapitalgesellschaft übertragen werden, an der der Steuerpflichtige oder eine nahestehende Person beteiligt ist und dort zu eigenen Anteilen werden und keine nach dem Wert der übertragenen Anteile bemessene Bar- oder Sachvergütung erfolgt. Eine verdeckte Einlage kann somit vorliegen, wenn die Anteile an eine Gesellschaft übertragen werden, an der eine nahestehende Person beteiligt ist und wenn der einlegende Gesellschafter zugleich aus der Gesellschaft ausscheidet.

2. a) Maßgebender Zeitpunkt für den Ansatz einer verdeckten Einlage und den Fremdvergleich ist grundsätzlich der Abschluss des Vertrags, der der Gewährung des Vermögensvorteils zugrunde liegt, also das Verpflichtungsgeschäft und nicht der Erfüllungszeitpunkt

b) Auch im Fall eines bindenden Verkaufsangebots entsteht das Verpflichtungsgeschäft erst mit der Angebotsannahme.

c) Etwas Anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Option, da das Optionsrecht lediglich eine Vorstufe zum Vertrag darstellt.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1 S. 2, § 21

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.12.2022; Aktenzeichen IX R 5/22)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Veräußerung von im Alleineigentum gehaltenen Anteilen einer GmbH an eine andere GmbH, an der der Kläger beteiligt ist, als verdeckte Einlage zu werten ist und gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn führt.

Die Kläger sind antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer 2015 veranlagte Eheleute. In ihrer für das Streitjahr abgegebenen Steuererklärung erklärten sie für den Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung nach§ 21 EStG sowie für die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Das Finanzamt erließ den Angaben folgend den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 23.11.2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO).

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der A GmbH ermittelte das Finanzamt folgenden Sachverhalt:

Der Kläger war an der B-Unternehmensgruppe in Form einer Beteiligung an der B1 AG mit Sitz in 1 beteiligt. Gleichzeitig war er Vorstandsmitglied der B1 AG. Die B1 AG war Muttergesellschaft der B2 GmbH, der B3 GmbH, der B4 GmbH und der B5 GmbH. Die Unternehmensgruppe geriet im Jahr 2003 in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten und sollte saniert werden (Sanierungskonzept der C GmbH vom 26.06.2003, vgl. notarielle Urkunde Nr. x vom xx.xx.2006, Teil A. Nr. 3.). Das Sanierungskonzept sah vor, dass die B1 AG liquidiert und die operativ tätigen Gesellschaften (B2 und B3 (nach Umfirmierung: D GmbH)) rechtlich und wirtschaftlich getrennt werden. Die Geschäftsanteile der B5 GmbH (nach Umfirmierung: A GmbH mit Sitz in 2) erwarb der Kläger mit Vertrag der Notarin E in 3 vom xx.xx.2005 (Urkunde Nr. xx) von der F (vormals: B1 AG).

Am 18.04.2006 wurde ein Options- und Abtretungsangebot erstellt (vgl. Urkunde Nr. xxx vom xx.xx.2006, Teil A Nr. 1). Danach hielt die G GmbH mit Sitz in 4 vom eingetragenen Stammkapital (26.000 €) der B3 GmbH einen Anteil von 23.400 € (90 %). Die G GmbH beabsichtigte, der Erwerberin, der H-GmbH i. Gr., einen Geschäftsanteil von 11.700 € (45 % des gesamten Nominalkapitals) an der B3 GmbH (jetzt: D GmbH) anzubieten.

Als Beteiligungsgesellschaft wurde am 31.03.2006 im Wege einer Einmann-Gründung die H-GmbH mbH gegründet.

Mit notarieller Urkunde des Notars I in 5 Nr. 0000 vom 20.04.2006 über das "Angebot auf Abschluss eines Geschäftsanteilkauf- und Abtretungsvertrags" erklärte der Kläger, Geschäftsführer und alleiniger Anteilseigner der H-GmbH mbH i. Gr. (AG in 2, HRB xxxx; im Folgenden kurz H-GMBH) mit einem Nominalkapital von 25.000 €, dass er, der Kläger, in Höhe von 13.250 € und seine Ehefrau, die Klägerin, in Höhe von 12.750 € am Stammkapital (gesamt 26.000 €) der A G mbH mit Sitz in 2 (im Folgenden kurz A-GmbH) beteiligt sind.

Der Kläger gab am 20.04.2006 ein notarielles beurkundetes Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsangebot gegenüber der A-GmbH ab, seine Beteiligung an der H-GMBH zum Nennbetrag von 25.000 € zu verkaufen und abzutreten. Das Angebot konnte frühestens nach Ablauf der Sanierungsfrist (31.12.2014) angenommen werden. Der ausfertigende Notar hat unter Tz. V. 9 eingehend über das Risiko belehrt, dass bereits die Abgabe des heutigen Angebots als Veräußerung der Geschäftsanteile an der Gesellschaft bzw. als Verpflichtung hierzu im Sinne von Abschnitt B. 5. d. und 6. der Vorurkunde I angesehen werden könnte, obwohl nach dem Wortlaut der Vorurkunde hierfür der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgebend ist.

Laut Anlage zum Notarvertrag Nr. 0000 verkauft der Kläger sämtliche Anteile an der H-GMBH im Nominalwert von 25.000 € an die A-GmbH und tritt auf den Zeitpunkt der Annahme des Angebots die Anteile ab. Ziffer III der Anlage enthält den Satz: "Der Erwerber nimmt ...

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