BFH: Neue anhängige Verfahren im Mai 2022

Anlässlich verschiedener finanzgerichtlicher Entscheidungen stellen wir für Sie monatlich die wichtigsten neuen anhängigen Verfahren für Unternehmer, Arbeitnehmer und Anleger zusammen.

Eine Auswahl der wichtigsten anhängigen Verfahren für Unternehmer, Arbeitnehmer und Kapitalanleger, die im Mai 2022 veröffentlicht wurden, erhalten Sie hier im Überblick:

Rubrik

Thema

Az. beim BFH/BVerfG

und Vorinstanz

Arbeitnehmer

Doppelbesteuerung/Freistellung

Steht für den Lohn, den ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer von seinem Schweizer Arbeitgeber für die Phase einer unwiderruflichen Freistellung erhält, dem Ansässigkeitsstaat Deutschland und nicht dem (früheren) Tätigkeitsstaat Schweiz das Besteuerungsrecht zu?

I R 1/22

Hessisches FG, Urteil v. 15.12.2021, 9 K 133/21


Unternehmer

Grunderwerbsteuer-Befreiung/Ausgliederung

Ist die Ausgliederung des Unternehmens eines Einzelkaufmanns auf eine neu gegründete GmbH nach § 6a GrEStG begünstigt?

II R 2/22

Sächsisches FG, Urteil v. 30.6.2021, 2 K 121/21

Arbeitnehmer

Kindergeld/Berufsausbildung

Kann ein Kind, welches eine (Hochschul-)Ausbildung zum Arzt absolviert, nur bis zum Bestehen der ärztlichen Prüfung berücksichtigt werden? Tritt die Facharztweiterbildung gegenüber der Berufstätigkeit als in Weiterbildung befindlicher Arzt in den Hintergrund oder stellt sie einen integralen Bestandteil der mehraktigen erstmaligen Berufsausbildung dar? Besteht zwischen dem Medizinstudium und der Facharztausbildung ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang?

III R 40/21

Niedersächsisches FG, Urteil v. 17.11.2021, 9 K 114/21

Unternehmer

Nachträgliche Betriebsausgabe/Übertragung

1. Übernimmt ein Rechtsnachfolger auch nach dem Übertragungszeitpunkt bekannt gewordene Verbindlichkeiten im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG, wenn laut Übertragungsvereinbarung "sämtliche Passiva" übergehen sollen?

2. Stellt die Übernahme dieser Verbindlichkeiten ein Veräußerungsentgelt dar oder mindern sie lediglich den Wert des übertragenen Vermögens?

3. Hat der Rechtsnachfolger im vorliegenden Fall die Folgerungen zu tragen, die sich aus dem Bilanzenzusammenhang für die Jahre seiner Besitzzeit ergeben?

4. Kann eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn bereits eine gerichtliche Verurteilung (hinsichtlich der streitgegenständlichen Verbindlichkeiten) vorliegt?

III R 7/22

Thüringer FG, Urteil v.  23.11.2021, 3 K 308/18

Anleger

Gewerblicher Grundstückshandel/Private Vermögensverwaltung

1. Ist das Verwalten und Nutzen bei der Anwendbarkeit der erweiterten Grundbesitzkürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mit privater Vermögensverwaltung gleichzusetzen? Hat die „En-bloc-Veräußerung“ die Grenzen privater Vermögensverwaltung überschritten?

2. Setzt der gewerbliche Grundstückshandel eine nachhaltige Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG voraus?

3. Sind Verkäufe anderer Objektgesellschaften bei der Prüfung der Nachhaltigkeit i. S. v. § 15 Abs. 2 EStG aufgrund des Durchgriffsverbots nicht zuzurechnen?

III R 12/22

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 18.1.2022, 8 K 8008/21

Unternehmer

Kassenbuch/Hinzuschätzung

1. Führen formelle Mängel bei der Kassenführung im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu einer neuen Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, sodass die Aufzeichnungen als Folge nicht gemäß § 158 AO der Besteuerung zugrunde zu legen sind?

2. Dürfen bei solchen Mängeln durch den Außenprüfer entsprechende Hinzuschätzungen vorgenommen werden, die zu neuen Tatsachen i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO führen?

3. Kann § 158 AO sowohl bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG als auch § 4 Abs. 3 EStG angewandt werden?

III R 14/22

Niedersächsisches FG, Urteil v. 21.8.2020, 3 K 208/18

Unternehmer

Steuerstundungsmodell/Betriebsaufgabe

Greift die Verlustabzugs- und -ausgleichsbeschränkung des § 15b EStG nicht ein, soweit Verluste – im Streitfall infolge der Betriebsaufgabe der Gesellschaft nach Veräußerung ihres gesamten Betriebsvermögens durch den Insolvenzverwalter – nicht mehr mit zukünftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle ausgeglichen werden können? Ist die Vorschrift auf Verluste aus dem steuerlichen Sonderbetriebsvermögen bereits dem Grunde nach nicht anzuwenden?

IV R 6/22

FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 25.1.2022, 3 K 348/17

Unternehmer

Unternehmereigenschaft/Darlehen

Reicht eine Darlehensgewährung der Muttergesellschaft an Tochtergesellschaften auch dann für die Beurteilung der Muttergesellschaft als umsatzsteuerrechtliche Unternehmerin aus, wenn die Muttergesellschaft gegenüber den Tochtergesellschaften keine wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt, deren Ergänzung die Darlehensgewährung sein kann?

V R 30/21

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.6.2021, 7 K 7011/19

Anleger

Bürgschaft/Einkünfte aus Kapitalvermögen

Kann die Berücksichtigung eines Verlustes aus dem Ausfall von Bürgschaftsregressforderungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 und Abs. 4 EStG) erfolgen, wenn zwar aufgrund des Subsidiaritätsprinzips nach § 20 Abs. 8 EStG dem Grunde nach eine Berücksichtigung bei den Einkünften nach § 17 EStG zu erfolgen hat, sich die Berücksichtigung auf dieser Ebene aufgrund der Bewertung der Rückgriffsforderung mit 0 EUR allerdings nicht auswirkt?

IX R 2/22

FG Düsseldorf, Urteil v. 11.11.2021, 14 K 2330/19 E

Anleger

Gesellschaftsanteil/Verdeckte Einlage

1. Ist die Übertragung von Anteilen als verdeckte Einlage zu werten, wenn sich der Anteilswert zwischen dem notariell unterbreiteten Kaufangebot und der vertraglich erst Jahre später möglichen Annahme des Angebots wesentlich (zum Positiven) verändert?

2. Bei Bejahung einer verdeckten Einlage: Wird die Veräußerungsfiktion nach § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG bei einer verdeckten Einlage rückwirkend beseitigt, wenn die Kapitalgesellschaft, deren Anteile verdeckt eingelegt wurden, rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor der verdeckten Einlage auf die empfangende Gesellschaft verschmolzen wird?

IX R 5/22

FG Nürnberg, Urteil v.  2.9.2021, 3 K 1327/20

Unternehmer

Schätzungsbefugnis/Richtsatzsammlung

Besteht eine Schätzungsbefugnis gemäß § 162 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO auch dann, wenn zwar gravierende formelle Mängel der Buchführung bestehen, der Steuerpflichtige aber meint nachweisen zu können, dass sich derartige Mängel nicht auf die Erfassung der Einnahmen ausgewirkt hätten bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht hätten auswirken können?

Stellt die Anwendung der amtlichen Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen eine taugliche Schätzungsmethode dar?

X R 23/21

FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.3.2021, 3 K 1862/19