Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und deren Ausschluss gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG bei Nutzung des wirtschaftlichen Eigentums an einem (nicht in Teileigentum aufgeteilten) Gebäudeteil. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 26/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Annahme eigenen Grundbesitzes i.S.v. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 70 Abs. 3 BewG ist nicht zwingend zivilrechtliches Eigentum erforderlich, sondern genügt wirtschaftliches Eigentum gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO (hier: ein nicht in Teileigentum aufgeteilter Teil eines Gebäudes, das auf fremdem Grund und Boden errichtet wurde). Dies gilt auch dann, wenn das Gebäude wesentlicher Bestandteil des (fremden) Grund und Bodens geworden ist.

2. Für die gewerbesteuerliche Zurechnung des Grundbesitzes können auch Gebäudeteile (ohne die Aufteilung in Teileigentum bzw. Grundbucheintragung) eigenständige Wirtschaftsgüter sein. Grundbesitz kann auch im Falle der Bebauung auf fremden Grund und Boden und der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einem Gebäudeteil (auch ohne die Aufteilung in Teileigentum) zwischen wirtschaftlichen Miteigentümern dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters des Grundstücksunternehmens dienen und gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG die erweiterte Kürzung ausschließen.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 5 Nr. 1; BewG § 70 Abs. 3; GewStG § 9 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) vorliegen.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2000 gegründete GmbH, an der die Brüder B und C je zur Hälfte als Anteilseigner beteiligt sind. Beide Brüder sind auch zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt.

Die Klägerin, damals noch firmierend als D GmbH, errichtete in den Jahren 2003/2004 auf dem Grundstück E in F eine Seniorenresidenz. Eigentümer des Grundstücks E sind die Brüder B und C. Das errichtete Gebäude umfasst folgende Räumlichkeiten:

Erdgeschoss

Arztpraxis, Friseursalon, Fußpflegepraxis, ein Ladenlokal, ein Café, 5 Wohnungen

1. Obergeschoss

14 Wohnungen

2. Obergeschoss

14 Wohnungen

Die Wohnungen, die die Klägerin an Senioren vermietet, haben Wohnflächen von 44 bis 62 Quadratmetern.

Ferner sind die Herren B und C je zur Hälfte Kommanditisten der D GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG), die auf einem benachbarten Grundstück ein Hotel und ein Restaurant führt (www.…xx.de). Die KG betreibt auch das im Gebäude der Seniorenresidenz befindliche Café G, in dem die Bewohner gegen Entgelt drei tägliche Mahlzeiten einnehmen können. Die Klägerin als Verkäuferin hatte bezogen auf das Café mit privatschriftlichem „Kaufvertrag” vom 30.08.2010 u.a. die „Bauten (Café 246 Quadratmeter)” auf die KG „übertragen bzw. abgetreten, ebenso etwaige Ansprüche des Verkäufers gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens”. Die KG erbringt ferner gegenüber den Bewohnern der Seniorenresidenz diverse Servicedienstleistungen (z.B. regelmäßige Reinigung der Wohnungen, Wäscheservice, Hausmeisterdienst, Verpflegung der Bewohner). Hierzu schließt sie Dienstleistungsverträge mit den Bewohnern zu einem Pauschalpreis ab (wegen der Einzelheiten zu den geschuldeten Dienstleistungen und den Preisen siehe insoweit die exemplarisch von der Klägerin eingereichten Verträge, Bl. 73 ff., 79 ff. der Gerichtsakte in dem Verfahren 9 K 1598/18 G). Mit diesen Dienstleistungen wirbt die Klägerin auch auf ihrer Internetseite (www.yyyyy.de).

In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 2012 beantragte die Klägerin die erweiterte Kürzung der Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, da ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt werde und es sich bei der Klägerin um ein Grundstücksunternehmen im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG handele.

Der Beklagte setzte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordung (AO) unter Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß in Höhe von 0,00 € fest.

Im Jahr 2016 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H (GKPB) eine steuerliche Betriebsprüfung für die Jahre 2011 bis 2014 durch. Die GKBP vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung aufgrund der zusätzlich zu der reinen Wohnungsvermietung erbrachten Dienstleistungen nicht vorlägen, zumal der Abschluss eines Wohnungsmietvertrages mit der Klägerin an den Abschluss einen Dienstleistungsvertrages mit der KG gekoppelt gewesen sei. Insbesondere hänge die Höhe der Kaltmiete von der Anzahl der Wohnungsnutzer ab, die Kaltmiete liege weit über dem Mietspiegel und im Internet würden die Wohnungen einschließlich aller Serviceleistungen beworben. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 2.8 des Betriebsprüfungsberichtes vom 30.11.2016 verwiesen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der GKBP und erließ mit Datum vom 02.03.2017 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2012, in dem er den Gewerbesteuerme...

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