Leitsatz

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen entfällt, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient. Mit Urteil vom 11.5.2021 hat das FG Münster diesen Fall bei dem Betrieb einer Seniorenresidenz angenommen, der eng mit einem benachbarten Gastgewerbe derselben Gesellschafter verwoben war.

 

Sachverhalt

Im Mittelpunkt des zugrundeliegenden Falls standen zwei Brüder, die je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt waren, die eine Seniorenresidenz betrieb. Das Gebäude war auf einem Grundstück der Brüder errichtet worden, das unmittelbar neben einem Hotel- und Restaurantbetrieb lag, den die Brüder als Kommanditisten über eine GmbH & Co. KG (KG) führten.

Die KG betrieb das Café im Gebäude der Seniorenresidenz; die GmbH hatte die Räumlichkeiten hierzu mit privatwirtschaftlichem "Kaufvertrag" an die KG "übertragen bzw. abgetreten" (nach dem Wortlaut des Vertrags).

Ein weiterer Synergieeffekt ergab sich für die Brüder daraus, dass durch die KG diverse Servicedienstleistungen an die Bewohner der Residenz erbracht wurden – darunter die Reinigung der Wohnungen, ein Wäscheservice, ein Hausmeisterdienst und Verpflegungsleistungen. Hierzu hatten die Bewohner – neben den mit der GmbH geschlossenen Mietverträgen – separate Dienstleistungsverträge mit der KG abgeschlossen.

Die GmbH beantragte in ihrer Gewerbesteuererklärung die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für Grundstücksunternehmen (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG), da ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt werde. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die erweiterte Kürzung nicht anwendbar ist, da der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diente (Ausschluss nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG).

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass das Finanzamt die erweiterte Gewerbesteuerkürzung zur Recht versagt hatte. Zwar hatte die GmbH eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt, der Grundbesitz hatte jedoch dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter (= der Hotel-KG) gedient. Dies folgerte das FG aus dem Umstand, dass die Wohnungsvermietung durch die GmbH und die Erbringung der Serviceleistungen durch die KG untrennbar miteinander verbunden und zu einer einheitlichen gewerblichen Tätigkeit "verklammert" waren. Miet- und Dienstleistungsverträge waren den Bewohnern der Seniorenresidenz gleichzeitig vorgelegt worden; der Abschluss folgte "im Paket". Für eine untrennbare Verbindung sprach zudem, dass die Wohnungen der Seniorenresidenz zu mehr als dem Doppelten der ortsüblichen Miete vermietet worden waren, sodass hier Serviceelemente bereits eingepreist waren.

Der Grundbesitz diente nicht bereits deshalb dem Gewerbebetrieb der Gesellschafter, weil die GmbH das Café an die KG überlassen hatte. Der betroffene Gebäudeteil war vielmehr der KG als wirtschaftliche Eigentümerin zuzurechnen. Für die Annahme eigenen Grundbesitzes (im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Verbindung mit § 70 Abs. 3 BewG) ist nicht zwingend zivilrechtliches Eigentum erforderlich, sondern es genügt ein wirtschaftliches Eigentum. Dies gilt auch dann, wenn das Gebäude wesentlicher Bestandteil des (fremden) Grund und Bodens geworden ist.

Für die gewerbesteuerliche Zurechnung des Grundbesitzes können auch Gebäudeteile eigenständige Wirtschaftsgüter sein (ohne die Aufteilung in Teileigentum bzw. Grundbucheintragung). Grundbesitz kann auch im Falle der Bebauung auf fremden Grund und Boden und der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einem Gebäudeteil zwischen wirtschaftlichen Miteigentümern dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters des Grundstücksunternehmens dienen und gem. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG die erweiterte Kürzung ausschließen.

 

Hinweis

Der Ausschluss der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG soll eine Bevorzugung der Gesellschaften gegenüber Einzelpersonen vermeiden. Denn schädlich ist es, wenn der Grundbesitz ohne die Zwischenschaltung der Gesellschaft zum gewerblichen (Sonder-)Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören würde (BFH, Urteil v. 17.1.2006, VIII R 60/02, BStBl 2006 II). Es liegt keine reine Vermögensverwaltung mehr vor, wenn die Nutzung des Grundstücks auch bei einer Einzelperson eine Einbeziehung der Grundstückserträge in den Gewerbeertrag nach sich ziehen würde. Die Revision gegen das Urteil ist anhängig, Az beim BFH III R 26/21.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil v. 11.05.2021, 9 K 2274/19 G

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