Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrektur von formell fehlerhaft behandelten innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 35/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG kommt nach Auffassung des erkennenden Senats mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zur Anwendung. Denn der Stpfl. hat in 2015 und 2016 berichtigte Rechnungen an seine Kunden erteilt und eine korrigierte Zusammenfassende Meldung abgegeben, die jeweils Rückwirkung entfalten.

2. Nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität kann die Nichterfüllung der formellen Anforderungen des Art. 42 Buchst. b MwStSystRL durch einen Stpfl. nicht dazu führen, dass die Anwendung des Art. 42 MwStSystRL in Frage gestellt wird, wenn die in Art. 42 Buchst. a MwStSystRL aufgeführten materiellen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind.

 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 6 S. 6, § 1a Abs. 1, § 25b Abs. 3; MwStSystRL Art 42 Buchst. a, b; UStG § 3d

 

Tatbestand

Streitig ist, ob vom Kläger formell fehlerhaft behandelte innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte mit Rückwirkung umsatzsteuerlich korrigiert werden können.

In den Streitjahren betrieb der Kläger einen Großhandel mit …. Er besaß für Polen das alleinige Vertriebsrecht für Maschinen der Hersteller „X” (Deutschland), „Y” (Belgien) und „Z” (Neuseeland/Tschechien). Die Maschinen wurden vom Kläger bei den Herstellern bestellt und von dort direkt an die Kunden in verschiedenen Mitgliedstaaten, insbesondere Polen, geliefert. Die Versendung erfolgte entweder durch den Kläger oder den Hersteller jeweils unter Verwendung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (in DEU: Umsatzsteuer-Identifikationsnummer) ihres Ansässigkeitsstaats, wobei der Kläger seinen Kunden nie bereits vor der Warenbewegung die Verfügungsmacht an den Maschinen übertrug. Auch die Endkunden verwendeten jeweils die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummern ihres Ansässigkeitsstaats.

Die Lieferungen aus anderen Mitgliedstaaten behandelte der Kläger in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre auf der Eingangsseite als umsatzsteuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe und machte zugleich den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG geltend. Weiterlieferungen in das übrigen Gemeinschaftsgebiet behandelte der Kläger als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen im Sinne von §§ 4 Nr. 1b i.V.m. 6a UStG und erteilte seinen Kunden eine entsprechende Rechnung. Auf der Ausgangsseite erklärte der Kläger umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von … EUR (2008), … EUR (2009), … EUR (2010), … EUR (2011), … EUR (2012) und … EUR (2013). Der Beklagte stimmte den Erklärungen zunächst zu. Die Zusammenfassenden Meldungen des Klägers enthielten zunächst – wie auch die Rechnungen an die Kunden – jeweils keine Hinweise auf ein Dreiecksgeschäft gem. § 18a Abs. 7 Nr. 4c UStG.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung C führte nach Prüfungsanordnung vom 18. September 2014 und Prüfungserweiterung vom 4. August 2015 ab Februar 2015 u.a. betreffend Umsatzsteuer 2008 bis 2013 eine Betriebsprüfung beim Kläger durch. In Bezug auf die Lieferungen zwischen den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Herstellern, dem Kläger und den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Kunden kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass innergemeinschaftliche Reihengeschäfte im Sinne des § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG in der in Streitjahren gültigen Fassung (nachfolgend: a. F.) vorliegen würden. Mehrere Unternehmen hätten Umsatzgeschäfte über denselben Gegenstand geschlossen, bei denen der Liefergegenstand im Rahmen – nur – einer Beförderung oder Versendung unmittelbar vom Hersteller an den Endkunden gelangt sei. Die Beförderung oder Versendung könne aber jeweils nur einer Lieferung zugeordnet werden (sog. warenbewegte Lieferung), für die unter den Voraussetzungen des § 6a UStG die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Betracht komme. Dies sei gem. § 3 Abs. 6 Satz 6, 1. Halbsatz UStG jeweils die Lieferung der Hersteller an den Kläger. In Bezug auf die Lieferungen des Klägers an seine Kunden liege der Ort der Leistung gem. § 3 Abs. 7 Nr. 2 UStG jeweils im Abnehmerstaat, wo die Beförderung oder Versendung ende. Hier hätte sich der Kläger jeweils für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren und seine Umsätze aus den Lieferungen an die Kunden erklären müssen. Der Kläger hätte zusätzlich im jeweiligen Abnehmerstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb versteuern müssen.

Von der umsatzsteuerlichen Vereinfachungsregel des § 25b UStG habe der Kläger nach den Feststellungen der Prüfer keinen Gebrauch gemacht. Denn für die Anwendung hätte der Kläger die Unternehmereigenschaft des letzten Abnehmers prüfen müssen (§ 25b Abs. 1 Nr. 1 UStG) und in der Rechnung an den letzten Abnehmer auf das Dreiecksgeschäft und die übergegangene Steuerschuldnerschaft hinweisen müssen(§ 25b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 14a Abs. 7 UStG). Zudem hätte es eine entsprechende Deklaration in der ...

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