rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Regelungsinhalt eines Feststellungsbescheids nach § 60a AO, wenn Finanzamt und Verein die Satzung des Vereins unterschiedlich auslegen. Gemeinnützigkeit des sog. IPSC-Schießens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem offenen Dissens zwischen einem Finanzamt und einem Verein über die Frage, wie dessen Satzung zu verstehen ist, ist dies im Feststellungsverfahren nach § 60a AO zu klären.

2. Im Streitfall versteht der Senat die Satzung dahin, dass sie auch das IPSC-Schießen als Vereinszweck vorsieht.

3. Das sog. IPSC-Schießen ist als Sport gemeinnützig (Anschluss an BFH, Urteil v. 27.9.2018, V R 48/16, BFH/NV 2019 S. 144).

 

Normenkette

AO §§ 60a, 52 Nr. 6; BGB §§ 133, 157

 

Tenor

1. Dem Beklagten wird aufgegeben, die bisherige Feststellung im Feststellungsbescheid vom … zu ergänzen. Aus der ergänzenden Feststellung hat hervorzugehen, dass die Satzung als Zweck des Vereins auch das IPSC-Schießen umfasst und auch für die Erweiterung die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 Abgabenordnung erfüllt sind.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Gründungsmitglieder anlässlich der Vereinsgründung eine Satzung beschlossen, auf die verwiesen wird. § 2 der Satzung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

  1. „Zweck des Vereins ist die Förderung des Sports.

    Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch

    1. die Pflege und Förderung des Schießsports nach den Regeln des Bundes deutscher Schützen (BDS),
    2. die Förderung der sportlichen und allgemeinen Jugendarbeit,
    3. die Ausrichtung von Vereinsmeisterschaften und Teilnahme an weitergehenden Meisterschaften,
    4. die Wahrnehmung weiterer Aufgaben, sofern dem Satzungszweck entsprechend.
  2. Der Verein ist politisch, weltanschaulich und konfessionell neutral.
  3. Seine Ziele verwirklicht der Verein durch Pflege des dynamischen Schießsports, Teilnahme an Meisterschaften, Abhalten von Wettbewerben, Pflege des freundschaftlichen Kontakts mit anderen schießsportlichen Vereinen und Organisationen und Teilnahme an deren Wettkämpfen sowie Zusammenarbeit mit den Behörden in schießsportlichen Fragen.
  4. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts Steuerbegünstigte Zwecke der Abgabenordnung. …”

Am … erfolgte die Eintragung des Klägers in das Vereinsregister. Der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ging am … beim Beklagten, dem Finanzamt (FA), ein. Mit dem Fragebogen beantragte der Kläger, eine Bescheinigung zur Gemeinnützigkeit zu erteilen. Mit Schreiben vom … 2014 teilte das FA dem Kläger mit, dass sogenanntes IPSC-Schießen (= International Practical Shooting Confederation) nicht gemeinnützig sei. Zur rechtlichen Begründung verwies das FA auf den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 52 Nr. 6 (ab 31.1.2019: Nr. 7). Zur Auslegung der Satzung stellte das FA darauf ab, dass

  • der Kläger den Schießsport „nach den Regeln des BDS” pflegt und fördert,
  • der BDS Mitglied der internationalen Vereinigung „IPSC” ist
  • und nach der Internetseite das IPSC-Schießen ausdrücklich zum Sportprogramm des BDS gehört.

Mit Schreiben vom … schlug das FA eine Änderung des § 2 der Satzung dahin vor, dass der Zusatz „ … mit Ausnahme des IPSC” aufgenommen wird. Diese Satzungsänderung lehnte der Kläger ab.

Am … erließ das FA sodann einen Feststellungsbescheid gemäß § 60a Abs. 1 Abgabenordnung (AO). In dem Bescheid stellte das FA fest, dass die Satzung des Klägers nicht den §§ 51, 59, 60 und 61 AO entspricht.

Den Einspruch vom … begründete der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom … und vertrat die Ansicht, IPSC-Schießen sei Sport im Sinne der Vorschriften zur Gemeinnützigkeit. Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung sei kein Gesetz und reiche als Begründung für den Ablehnungsbescheid nicht aus.

Nach Telefonaten mit dem Vorstand des Klägers erließ das FA am … einen Feststellungsbescheid mit folgendem Inhalt:

„A. Feststellung

Die Satzung … in der Fassung vom … erfüllt die satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60 und 61 AO.

Damit erledigt sich ihr Einspruch.

Laut telefonischer Auskunft des Vorstands hat der Verein keine Örtlichkeiten, um IPSC-Veranstaltungen durchzuführen. Wenn sich jedoch im Rahmen der Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung herausstellt, dass Vereinssportler an IPSC-Veranstaltungen teilnehmen, müsste dem Verein die Gemeinnützigkeit wieder aberkannt werden. An die entsprechende Regelung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) ist das Finanzamt gebunden.

Für den in der Satzung genannten BDS e.V. gilt als Bestandskörperschaft für die Anerkennung seiner Gemeinnützigkeit eine Übergangsfrist bis 31.12.2015, um in der Satzung die För...

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