rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Angabe des genauen Haftungszeitraums als Voraussetzung eines wirksamen Umsatzsteuer-Haftungsbescheids gegenüber ehemaliger GmbH-Geschäftsführerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche bleiben als selbstständige Ansprüche auch dann bestehen, wenn der Jahressteuerbescheid ergeht. Für die Beurteilung eines Haftungsanspruchs wegen einer bestimmten Steuer ist genau auf den Besteuerungszeitraum abzustellen, für den der Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll.

2. Im Tenor eines gegen den Geschäftsführer gerichteten Haftungsbescheides wegen Umsatzsteuerschulden der GmbH muss deshalb auch nach Ergehen des Jahresumsatzsteuerbescheids der genaue Voranmeldungszeitraum genannt werden, auf den sich die dem Haftungsschuldner vorgeworfene Pflichtverletzung bezieht. Das gilt bei Inanspruchnahme des ehemaligen Geschäftsführers einer GmbH für deren Umsatzsteuerverbindlichkeiten insbesondere dann, wenn der Haftungsschuldner bereits vor Ergehen des Jahresumsatzsteuerbescheids als Geschäftsführer abberufen worden ist.

3. Die sich aus der Rechtsnatur der Haftung ergebende Abhängigkeit der Haftungsschuld zum Entstehen und Bestehen der Steuerschuld führt nicht zu einer inhaltlichen Identität ihres verfahrensrechtlichen Schicksals. Vielmehr ist die Haftung trotz ihrer Akzessorietät gegenüber der Steuerschuld weitgehend verselbständigt, so dass die Betriebssteuerschuld des Steuerschuldners unterschieden werden muss von der eigenständigen Haftungsschuld des Haftenden. Auf den Haftenden geht nicht die Steuerschuld über, sondern der Anspruch des FA auf Haftung für eine bestimmte Steuerschuld tritt neben dessen Steuerforderung.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 69 S. 1, § 34 Abs. 1 S. 2; GmbHG § 35 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Haftungsbescheid vom 24. April 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides gegenüber der Klägerin für Steuerschulden einer Firma A GmbH.

Die Klägerin war seit dem 6. März 2007 bis zum 23. September 2008 alleinige Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der mit Gesellschaftsvertrag vom 6. März 2007 gegründeten A GmbH mit dem damaligen Sitz in B.

In ihrer am 11. Februar 2008 eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 errechnete die A GmbH eine negative Umsatzsteuer von 9.848,58 EUR. Das beklagte Finanzamt (im Folgenden: FA) stimmte dieser Voranmeldung zu und zahlte den Erstattungsbetrag aus.

Mit geschätztem Steuerbescheid vom 12. August 2009 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2007 auf 37.646,69 EUR fest; dies ergab eine Nachzahlung von 18.745,94 EUR. In ihrer am 8. Dezember 2009 (Frühleerung) eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2007 errechnete die A GmbH eine Umsatzsteuer von 48.965,34 EUR. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 4. Januar 2010 setzte das FA die Umsatzsteuer der A GmbH für 2007 auf den Betrag von 48.965,34 EUR fest; daraus errechnete sich eine weitere Nachzahlung von 11.318,65 EUR. Insgesamt ergab sich daraus, gegenüber den eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen der A GmbH für das Jahr 2007 mit einer zu zahlenden Umsatzsteuer von 18.900,75 EUR, eine Nachzahlung von 30.064,59 EUR.

Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 19. April 2010 wurde über das Vermögen der A GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2011 wandte sich das FA an die Klägerin zur Prüfung der persönlichen Haftungsinanspruchnahme wegen der Abgabe unzutreffender Umsatzsteuer-Voranmeldungen für den Zeitraum März bis Dezember 2007.

Mit Schreiben vom 29. September 2011 teilte die Klägerin dem FA mit, dass in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 nicht alle Umsätze dieses Besteuerungszeitraums erfasst worden seien. Diese Umsätze seien dann zeitnah im Februar 2008 vom damaligen Steuerberater eingebucht worden, woraus sich für den Dezember 2007 eine Umsatzsteuer von 18.786,89 EUR errechnet habe, was zu einer Nachzahlung von 28.635,47 EUR geführt habe. Dieser Betrag decke sich in etwa mit der endgültigen Abschlusszahlung für 2007. Eine entsprechend berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung sei allerdings nicht beim FA angekommen und eine Zahlung in dieser Höhe sei auch nicht geleistet worden. Die Übermittlung sei wohl aus technischen Gründen gescheitert und für den Steuerberater nicht erkennbar gewesen.

Mit Haftungsbescheid vom 24. April 2012 nahm das FA die Klägerin als Geschäftsführerin der A GmbH für deren Umsatzsteuerschulden aus dem Veranlagungszeitraum 2007 in Höhe von insgesamt 21.588,67 EUR in Haftung. Dieser Betrag setzte sich nach dem Haftungsbescheid aus den am 17. September 2009 fällig...

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