rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des ehemaligen Gesellschafters einer aufgelösten GbR. Erlass von Säumniszuschlägen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Gesellschafter einer GbR, die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Gesellschafters aufgelöst wurde, braucht als Haftungsschuldner gegenüber der GbR ergangene Steuerfestsetzungen nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt waren und er daher ohne Mitwirkung des anderen Gesellschafters nicht in der Lage war, die Festsetzungen anzufechten.

2. Eine Haftungsinanspruchnahme für die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung scheidet aus.

3. Ab dem Zeitpunkt der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerschuldners verwirkte Säumniszuschläge sind regelmäßig zu 50% zu erlassen.

 

Normenkette

AO §§ 166, 240, 227, 191 Abs. 1; HGB § 128; UStG 1999 § 18 Abs. 6; UStDV 1999 § 47

 

Tenor

1. Unter Änderung des Haftungsbescheides vom 31. März 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2007 wird die Haftungssumme auf 8.491,21 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 83 % und der Beklagte zu 17 %.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger für Steuerrückstände einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) haftet.

Der Kläger war Gesellschafter (zu 30 %) der von ihm und D (nachfolgend: D) am … 1998 gegründeten GbR, die mit ihrem Malereibetrieb der Umsatzsteuer unterlag. Auf den Gesellschaftsvertrag vom … wird verwiesen [Feststellungsakte, vorgeheftet].

Das Gewerbe der GbR wurde am 4. Juli 2002 abgemeldet.

Über das Vermögen des Gesellschafters D wurde am … August 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Am 14. Oktober 2002 erließ der Beklagte (Finanzamt – FA) für die GbR einen Umsatzsteuerbescheid für 2001 und setzte damit die Umsatzsteuer mangels Abgabe einer Steuererklärung im Wege der Schätzung mit 13.454,65 EUR fest.

Nach Einleitung des Haftungsverfahrens (mit Schreiben vom 6. Dezember 2002) erließ das FA gegen den Kläger am 31. März 2003 einen Haftungsbescheid, mit dem es ihn für rückständige Umsatzsteuer und Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 10.270,95 EUR in Anspruch nahm (Bl. 10 Haftungsakte/Fach des Klägers).

Dagegen erhob der Kläger Einspruch.

Am 10. Dezember 2003 erließ das FA gegen die GbR einen Umsatzsteuerbescheid für 2002 und setzte damit die Umsatzsteuer entsprechend den Voranmeldungen mit 4.788 EUR fest. Dagegen erhob der Kläger Einspruch und Klage, die ohne Erfolg blieben (Gerichtsbescheid vom 5. März 2009 Az. 3 K 1286/06).

Den Einspruch des Klägers gegen den Haftungsbescheid, der nur damit begründet worden war, dass die Steuerschuld falsch berechnet worden sei, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14. September 2007 als unbegründet zurück.

Dagegen ist die Klage gerichtet. Zur Klagebegründung trägt der Kläger lediglich vor, da „diese Umsatzsteuer” nur geschätzt sei, sei zuerst eine ordnungsgemäße Umsatzsteuererklärung von dem, der die GbR geführt habe, einzufordern, bevor eine Haftungsinanspruchnahme in Frage komme.

Überdies lägen unbillige Härten vor, da dem Kläger keine in der Höhe angemessenen Bezüge zugeflossen seien, „die ihn an der Stelle von finanziellen Verlusten freistellen”.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Haftungsbescheid vom 31. März 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 14. September 2007 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf den Schriftsatz des FA vom 12. Februar 2010 wird verwiesen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (Bl. 6 und 7 FG-Akte).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist zum geringeren Teil begründet.

1. Das FA hat den Kläger dem Grunde nach ohne Rechtsfehler als Haftungsschuldner in Anspruch genommen.

Nach § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Diese Vorschrift umfasst auch die Haftungsansprüche nach zivilem Recht.

a) Unterliegt eine GbR als solche der Besteuerung, ergibt sich – wie in der Einspruchsentscheidung zutreffend erkannt – nach neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR für die Steuerschulden und die steuerlichen Nebenleistungen wie Säumniszuschläge (§ 3 Abs. 4 AO) der Gesellschaft entsprechend § 128 Satz 1 des HandelsgesetzbuchsHGB – (BFH-Urteil vom 9. Mai 2006 VII R 50/05, BFH/NV 2006, 1898). Die Gesellschafter einer GbR haften wie die einer Offenen Handelsgesellschaft für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich.

Vorliegend ist der Haftungstatbestand nach § 128 HGB verwirkli...

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