rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines Grundlagenbescheids und Sicherheitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nur wenn bei der AdV des Grundlagenbescheids die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist, darf gemäß § 69 Abs. 2 Satz 6 FGO über die Sicherheitsleistung nicht mehr bei der Aussetzung des Folgebescheids entschieden werden.

2. Diese Anordnung, dass die Sicherheitsleistung ausgeschlossen ist, kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs gegen den Grundlagenbescheid offensichtlich ist.

3. Wenn der Antragsteller mit dem Begehren, von einer Sicherheitsleistung freigestellt zu werden, unterlegen ist, wirkt sich dies kostenmäßig nicht aus.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 6, § 136 Abs. 1 S. 3

 

Tenor

1. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheids vom 7. September 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für 2012 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens mit der Maßgabe ausgesetzt, dass vorläufig von einem Gewinn in Höhe von 104.313 EUR auszugehen ist.

2. Die Vollziehung des angefochtenen Bescheids vom 7. September 2020 über den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe von 3.507 EUR ausgesetzt.

3. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

4. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob eine Hinzuschätzung zum Gewinn aus Gewerbebetrieb zulässig ist.

Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus zwei Gesellschaftern und betreibt eine Gaststätte mit Straßenverkauf in [… L-Stadt]. Sie ermittelt ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich.

In den Bescheiden vom 31. Oktober 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb 2012 und über den Gewerbesteuermessbetrag 2012 folgte der Antragsgegner, das Finanzamt, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung den Angaben der Antragstellerin in den Steuererklärungen und legte einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 104.313,00 EUR zugrunde.

Das Finanzamt führte bei der Antragstellerin in der Zeit von Dezember 2018 bis Juli 2020 eine steuerliche Außenprüfung durch. Die für den Prüfungszeitraum 2013 bis 2015 begonnene Betriebsprüfung wurde im Dezember 2019 auf das Jahr 2012 erweitert. Für das Streitjahr 2012 gelangte der Betriebsprüfer zu der Auffassung, dass der bisher zugrunde gelegte Gewinn aus Gewerbebetrieb um 100.220,20 EUR zu erhöhen sei und zwar auf 204.533,20 EUR. Zur Begründung führte der Betriebsprüfer aus, dass zur Überprüfung der erklärten Bareinnahmen eine Nachkalkulation anhand der eingekauften Waren für das Jahr 2013 durchgeführt worden sei. Im Rahmen der Kalkulation sei festgestellt worden, dass die eingekaufte Anzahl von Bratwürsten nicht ausreiche, um die erklärten Verkaufszahlen aus den Kassendaten zu decken. Bei den eingekauften Portionen an Pommes sei festgestellt worden, dass diese Anzahl deutlich höher sei, als die Anzahl an verkauften Pommes. Er habe deshalb eine Nachkalkulation anhand der eingekauften Portionen Pommes durchgeführt. Der so ermittelte Rohgewinnaufschlagsatz für 2013 von 255 % sei auf das Jahr 2012 übertragen worden. Weiter führte der Betriebsprüfer aus, dass für die Zeiträume vom 2. Januar 2013 bis 31. Dezember 2015 für das Restaurant und vom 2. Mai 2015 bis 31. Dezember 2015 für den Straßenverkauf Kasseneinzeldaten des Kassensystems [… XX-Soft] vorliegen würden. Dieses Kassensystem würde sogenannte Sessionsnummern für die Eröffnung eines Tisches bzw. eines Gastes vergeben. Aufgrund der Systematik bei der Erstellung sogenannter Sessionnummern müssten diese fortlaufend und lückenlos sein. Bei der Überprüfung hätten sich aber insgesamt 7.348 Lücken bei den Sessionnummern ergeben. Der Betriebsprüfer war deshalb der Auffassung, dass an 159 Tagen Manipulation des Kassensystems möglich und an 86 Tagen eine Manipulation des Kassensystems wahrscheinlich sei. Für die Zeit vom 2. Januar 2013 bis 1. Mai 2015 sei für den Straßenverkauf eine offene Ladenkasse verwendet worden. Bei dieser offenen Ladenkasse seien ebenfalls Kassenmängel festgestellt worden.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und legte in den Änderungsbescheiden vom 7. September 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2012 und über den Gewerbesteuermessbetrag 2012 den vom Betriebsprüfer ermittelten Gewinn in Höhe von 204.533,20 EUR zugrunde. Dagegen erhob die Antragstellerin Einspruch, den sie damit begründete, dass die Feststellungs- bzw. die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Die vierjährige Frist habe am 1. Januar 2014 begonnen und sei am 31. Dezember 2017 abgelaufen; eine Ablaufhemmung greife nicht ein. Eine Verjährung erst nach zehn Jahren scheide aus, da keine Steuerhinterziehung vorliege.

Mit Schreiben vom 13. November 2020 hat das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Bescheid...

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