Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Für die Rechtsbehelfsbelehrung genügt die Angabe der amtlichen Bezeichnung der den Bescheid erlassenden Behörde und der Gemeinde, in der die Behörde ihren Sitz hat.

2) Die postalische Anschrift der Behörde ist nicht erforderlich.

 

Normenkette

AO §§ 356, 355

 

Tatbestand

Mit Schreiben vom 28.6.2013 beantragte der Kläger ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt die Abzweigung des Kindergeldes in voller Höhe für das in einer vollstationären Einrichtung lebende und betreute Kind A, geboren am ….4.1995, dem er seit April 2009 Eingliederungshilfe gemäß §§ 53 ff. des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – SGB XII – gewährte. Als Kindergeldberechtigte bezeichnete er dabei die Mutter des Kindes G (im Folgenden: Die Beigeladene). Am 12.12.2013 reichte er einen Kindergeldantrag für A und eine Pflegekostenaufstellung für die Monate März 2012 bis Oktober 2013 ein.

Daraufhin teilte die Beklagte mit, dass der Kindergeldberechtigte nach § 64 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 des EinkommensteuergesetzesEStG – durch das örtliche Amtsgericht als Familiengericht bestimmt werden müsse.

Nachdem das Amtsgericht M den Antrag auf Bestimmung eines Kindergeldberechtigten mit Beschluss vom ….9.2014 mangels Rechtsschutzinteresse zurückgewiesen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2.12.2015 die Auszahlung des anteiligen Kindergeldes an den Kläger ab. Dieser Ablehnungsbescheid wurde dem Kläger ausweislich des aufgedruckten Eingangsstempels am 7.12.2015 bekannt gegeben. Nach der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung war ein gegen diesen Ablehnungsbescheid gerichteter Einspruch bei der Familienkasse … mit Sitz in P schriftlich einzureichen, dieser elektronisch zu übermitteln oder dort zur Niederschrift zu erklären. Als Postanschrift der Beklagten wurde in dem Ablehnungsbescheid die Bundesagentur für Arbeit, Familienkasse … in P, bezeichnet. Weiterhin enthielt der Bescheid den Hinweis auf die Besucheradresse der Beklagten in K.

Am 17.12.2015 fertigte die zuständige Sachbearbeiterin des Klägers ein gegen den Ablehnungsbescheid vom 2.12.2015 gerichtetes Einspruchsschreiben, dass an die Familienkasse K, adressiert war. Die Aktenausfertigung dieses Einspruchsschreibens trägt einen Postabgangsvermerk der zuständigen Sachbearbeiterin vom 17.12.2015.

Nachdem der Kläger den Einspruch vom 17.12.2015 mit Fax-Schreiben vom 14.1.2016 begründet hatte, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 3.2.2016 mit, dass das Einspruchsschreiben erst am 15.1.2016 und damit nach Ablauf der am 7.1.2016 endenden Einspruchsfrist gemäß § 355 Abs. 1 der AbgabenordnungAO – eingegangen sei. Daraufhin wies der Kläger mit Schreiben vom 24.2.2016 auf sein Einspruchsschreiben vom 17.12.2015 hin und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Einspruchsfrist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 24. 2. 2016 Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.2.2016 verwarf die Beklagte den Einspruch wegen der Überschreitung der Einspruchsfrist als unzulässig. Die begehrte Wiedereinsetzung des Klägers in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 AO lehnte sie ab.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger geltend, dass aufgrund des Abgangsvermerks auf dem ausgedruckten Exemplar des Einspruchsschreibens von einem Zugang des Einspruchs innerhalb der Einspruchsfrist auszugehen sei. Die Beklagte besitze unter der Postanschrift in K eine Zweigniederlassung. Mit dem Zugang in dieser Zweigniederlassung sei das Einspruchsschreiben in den Geschäftsbereich der Beklagten gelangt. Es sei davon auszugehen, dass die elektronische Akte der Beklagten einen entsprechenden Posteingangsstempel der Dienststelle K ausweise. Hilfsweise werde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf die Verfristung des Einspruchs beantragt. Denn die zuständige Sachbearbeiterin des Klägers habe mit dem Eingang des Einspruchsschreibens vom 17.12.2015 bei der Deutschen Post bzw. der Deutschen Post DHL am selben Tag oder einen Tag später und damit mit dessen Zugang bei dem Adressaten innerhalb der Einspruchsfrist rechnen können. Auch wenn man die Zweigniederlassung der Beklagten in K als unzuständige Behörde ansehen wollte, hätte die Einspruchsfrist bei pflichtgemäßer Weiterleitung im regulären Geschäftsgang noch gewahrt werden können.

Die zuständige Sachbearbeiterin des Klägers habe das Einspruchsschreiben am 17.12.2015 verfasst. Der Stempelaufdruck: „Postabgang am: 17.12.2015” auf diesem Einspruchsschreiben dokumentiere, dass die Sachbearbeiterin das Schreiben am 17.12.2015 auf die als „Postausgang” gekennzeichnete Fläche gelegt habe. Die im Postausgang befindliche Post werde von dem Botendienst des Klägers am selben Tag oder einen Tag später abgeholt und zur Registratur des Dezernats 7 gebracht. Von dort werde die Post von einem weiteren Boten abgeholt und dem Fahrdienst des Klägers übergeben. Dieser Fahrdienst bringe die Post zu einem ca. 300 m en...

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