Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für ein psychisch krankes Kind nach Vollendung des 18. Lebensjahres

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kindergeldanspruch besteht für ein psychisch zu 100 % behindertes Kind, das an einer akuten polymorphen psychotischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie erkrankt ist und deshalb nicht einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Berufstätigkeit von mindestens 15 Wochenstunden nachgehen kann und das 18. Lebensjahr vollendet hat.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, § 63 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.01.2017; Aktenzeichen III R 44/14)

BFH (Urteil vom 19.01.2017; Aktenzeichen III R 44/14)

BFH (Aktenzeichen VI R 57/14)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Mutter des am …. Mai 1981 geborenen Sohnes A. Der Sohn war seit seinem 16. Lebensjahr bis in den hier streitigen Zeitraum hinein drogenabhängig und psychisch krank. Im Zeitraum vom 27. Juni 2006, bis 08. Juli 2002 und im April 2003 war der Sohn stationär in einer Klinik aufgenommen.

Am 28. August 2006 beantragte die Klägerin Kindergeld. Beigefügt war ein Attest des B vom ….08.2006. Dies lautet wie folgt: „… Herr E. befindet sich aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung seit 2003 in regelmäßiger fachpsychiatrischer Behandlung. Die Ersterkrankung ist auf das Jahr 2002 zurückzudatieren. Auch unter medikamentösen und nicht medikamentösen Behandlungsmaßnahmen besteht durch die Erkrankung weiterhin eine erhebliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens. Herr E. ist derzeit aufgrund der Erkrankung für einen noch nicht absehbaren Zeitraum nicht in der Lage einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und den Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit sicherzustellen…”

Mit Bescheid vom 26. März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Sie führte aus, laut Stellungnahme des ärztlichen Dienstes sei eine nachträgliche Aussage bzw. Entscheidung über die Erwerbsfähigkeit für den Zeitraum Januar 2002 bis Juni 2003 nicht mehr möglich. Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und begründete ihn wie folgt: Ihr Sohn sei seit seinem 16. Lebensjahr drogenabhängig; seither bestehe eine Psychose. Der Sohn sei erwerbsunfähig. Im Streitzeitraum seien wiederholte Aufenthalte in Krankenhäusern erfolgt.

Den Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 04. Februar 2009 als unbegründet zurück. Die Beklagte führte erneut aus, eine nachträgliche Aussage bzw. Entscheidung über die Erwerbsfähigkeit könne im Nachhinein nicht mehr getroffen werden. Sonstige Berücksichtigungstatbestände könnten nicht festgestellt werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Sie hat zunächst für den Zeitraum Januar 2002 bis Juli 2003 Kindergeld begehrt und vorgetragen, der Sohn sei aufgrund seiner Behinderung erwerbsunfähig gewesen. Zum Beleg des Vortrags hat sie eine Bescheinigung des Landschaftsverbands Rheinland vom 2. Januar 2009 vorgelegt aus welcher sich ergibt, dass der Sohn seit dem Jahr 2002 psychisch erkrankt ist.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Bescheinigung vom 2. Januar 2009 (Bl. 35 der Gerichtsakten) verwiesen.

Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Sohn der Klägerin Herrn C, den im Streitzeitraum behandelnden Arzt, von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. Der Arzt hat auf die Anfrage des Gerichtes mit Schriftsätzen vom 6. Februar und vom 08. Mai 2012 ausführlich Stellung genommen. Zur Frage ob die krankheitsbedingten Folgen so stark gewesen seien, dass der Sohn nicht in der Lage gewesen sei, eine berufliche Tätigkeit von mindestens 15 Std. in der Woche auszuüben, erklärte Herr C, eine Einschätzung sei ihm zwar nicht mehr möglich, aufgrund der Aufzeichnungen sei jedoch davon auszugehen, dass der Patient nicht in der Lage gewesen sei, einer strukturierten Arbeit vollschichtig nachzugehen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 06. Februar 2012 und vom 08. Mai 2012 (Bl. 73 und 119 f. der Gerichtsakten) verwiesen.

Mit Beschluss vom 18. Juli 2012 hat der Senat beschlossen:

I. Es soll durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben werden über die Fragen:

  1. ob das Kind A, (geb. ….05.1981) im Zeitraum Januar 2002 bis Juli 2003 oder in Teilen dieser Zeit aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung behindert war,
  2. wenn die Beweisfrage zu I.1. bejaht wird, welcher Grad der Behinderung und welches Merkmal festgestellt werden kann,
  3. wenn die Beweisfrage zu I.1. bejaht wird, ob das Kind nach Art und Umfang der Behinderung in der Lage war, eine mindestens 15 Wochenstunden umfassende versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben.

II. Mit der Erstellung des Gutachtens wird D beauftragt

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Senats vom 18. Juli 2012 (Bl. 138, 139 der Gerichtsakten) verwiesen.

Das Gutachten wurde durch Herrn D am 02. Oktober 2013 erstattet. Er nahm abschließend wie folgt Stellung:

„…1. Der Proband...

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