rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung, wenn sich für den Steuerpflichtigen ein Erstattungsanspruch ergibt

 

Leitsatz (amtlich)

Die 10jährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO gelangt nur dann zur Anwendung, wenn eine tatsächlich zu zahlende Steuer hinterzogen worden ist. Entscheidend dafür, ob eine Steuerfestsetzung noch während einer auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungsfrist erfolgen kann, ist, ob diese eine Zahlungsverpflichtung zu Lasten des Steuerpflichtigen zum Ergebnis hat oder ob der Steuerpflichtige nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist noch die Festsetzung eines Erstattungsanspruches durchsetzen möchte.

Die Auslegung des § 169 Abs.2 Satz 2 AO entsprechend dem sich aus seinem Wortlaut und Sinnzusammenhang ergebenden objektivierten Willen des Gesetzgebers führt dazu, dass es in den Fällen von Erstattungsansprüchen des Steuerpflichtigen bei dem Regelfall der vierjährigen Festsetzungsfrist bleibt und der Ausnahmefall längerer Verjährungsfristen nicht zu Gunsten des Klägers zur Anwendung kommt.

 

Normenkette

AO §§ 169, 370

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Umsatzsteuer(USt)-Veranlagungen für 1993 und 1994 durchzuführen oder ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die längere Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen zur Anwendung gelangt.

Die A GbR wurde 1993 durch den Kläger B und seinen Sohn A gegründet. Der Gesellschaftsvertrag wurde mündlich abgeschlossen und erst nachträglich schriftlich fixiert.

Der Gesellschaftsvertrag enthielt insbesondere folgende Regelung: "§ 9 Auflösung, Übernahme Kündigt oder verstirbt ein Gesellschafter oder tritt in seiner Person ein Grund ein, der nach §§ 723 ff BGB die Auflösung der Gesellschaft zur Folge haben würde, so ist der andere Gesellschafter zur Übernahme des Gesellschaftsvermögens mit allen Aktiven und Passiven ohne Liquidation berechtigt. Die Übernahmeerklärung ist gegenüber dem anderen Gesellschafter oder seinen Erben innerhalb von 4 Wochen nach Eintritt des Auflösungsgrundes zu erklären. Mangels Übernahme erfolgt die Liquidation der Gesellschaft."

Die GbR betrieb ein Verkaufsgeschäft zunächst in Hamburg-... in einem festen Laden und später auch auf Märkten.

Herr B übernahm 1995 den Gesellschaftsanteil seines Sohnes, nachdem ihm aufgefallen war, dass sein Sohn und damaliger Geschäftsführer die Geschäfte der GbR nicht ordnungsgemäß führte. Insbesondere wurden für die GbR seit ihrer Gründung keine Steuererklärungen abgegeben. Angefallene Belege wurden in Kästen unsortiert aufbewahrt. Durch die Übernahme des Gesellschaftsanteils wurde der Kläger Gesamtrechtsnachfolger der GbR.

Im Jahre 2001 fiel im Rahmen einer Marktprüfung auf, dass weder die GbR noch der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger über ein USt-Heft verfügte.

Der Kläger wandte sich daraufhin an einen steuerlichen Berater und reichte am 26.09.2001 Steuererklärungen der GbR für das Jahr 1993 ein. In der USt-Erklärung 1993 wurde ein USt-Guthaben (Vorsteuerüberschuss) von 11.181,00 DM erklärt.

Der Beklagte lehnte die Durchführung der USt-Veranlagung 1993 ab, da seines Erachtens die Festsetzungsfrist bereits am 31.12.2000 abgelaufen sei. Der Ablehnungsbescheid wurde gegenüber der GbR bekanntgegeben. Gegen diesen Ablehnungsbescheid vom 20.11.2001 legte die GbR am 26.11.2001 Einspruch ein und begehrte weiterhin die Durchführung der USt-Veranlagung für 1993. Diese Einsprüche wurden durch Einspruchsentscheidung vom 22.01.2002 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die am 25.02.2002 eingegangene Klage, welche unter dem Aktenzeichen I 34/02 geführt wurde. Diese Klage wurde im Erörterungstermin auf Anraten der Berichterstatterin am 21.04.2004 zurückgenommen, da die GbR nicht der richtige Kläger gewesen war.

Am 11.02.2003 wurde für die GbR die Umsatzsteuererklärung 1994 eingereicht, wonach eine abzuführende Umsatzsteuer in Höhe von DM 11.640,96 und eine Vorsteuer in Höhe von DM 12.252,25 bestand. Nach der Umsatzsteuererklärung ergab sich für den Kläger ein Erstattungsguthaben in Höhe von DM 611,30.

Durch Bescheid vom 27.07.2004 lehnte der Beklagte die Durchführung der Umsatzsteuerveranlagung 1994 ab. Ebenfalls am 27.07.2004 lehnte der Beklagte die Durchführung der Umsatzsteuerveranlagung 1993 erneut ab. Beide Ablehnungsbescheide wurden an Herrn B als Gesamtrechtsnachfolger der GbR bekannt gegeben. Hiergegen legte der Kläger jeweils am 16.08.2004 Einspruch ein, welche durch Einspruchsentscheidungen vom 02.11.2004 als unbegründet zurückgewiesen wurden.

U.a. gegen die Ablehnung der Umsatzsteuerveranlagung 1994 richtet sich die am 03.12.2004 eingegangene Klage, welche unter dem Aktenzeichen I 349/04 geführt wird.

U.a. gegen die Ablehnung der Umsatzsteuerveranlagung 1993 richtet sich die am 03.12.2004 eingegangene Klage, welche unter dem Aktenzeichen I 350/04 geführt wird.

Durch Beschluss vom 03....

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