Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die verfassungsrechtliche Zulässigkeit, nach dem 31.12.1996 noch Vermögensteuer für frühere Jahre festzusetzen.

Der Beklagte erließ unter dem 7.2.1997 gegenüber den Klägern sowie gegenüber deren Kinder S und A im Wege der Zusammenveranlagung gemäß § 14 Abs. 1 VStG (S) bzw. § 14 Abs. 2 VStG (A – trotz fehlenden Antrags von diesem –) einen Vermögensteuerbescheid auf den 1.1.1995. Der Bescheid gilt als Hauptveranlagungsbescheid i. Sinne von § 15 VStG auch für 1996 und ist inhaltlich nicht im Streit.

Der von den Klägern rechtzeitig erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Mit der auf die Einspruchsentscheidung vom 9.4.1997 rechtzeitig erhobenen Klage machen die Kläger geltend, das Vermögensteuergesetz sei für Veranlagungszeiträume ab 1983 durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 (2 BvL 37/91) für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt worden. Innerhalb der dem Gesetzgeber bis zum 31.12.1996 gesetzten Frist sei dieser seiner Verpflichtung zur Neuregelung nicht nachgekommen. Damit entfalle ab 1.1.1997 die Rechtsgrundlage für eine Festsetzung und Erhebung von Vermögensteuer. Dies gelte auch für vor dem 1.1.1997 endende Erhebungszeiträume. Denn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei nicht so zu verstehen, daß das Vermögensteuergesetz weiterhin – und sei es auch nur auf Veranlagungszeiträume bis einschließlich 1996 – angewandt werden dürfe, vielmehr sei die Gesetzesanwendung generell – auch für frühere Veranlagungszeiträume ab 1983 – nach dem 31.12.1996 nicht mehr zulässig.

Diese Auslegung ergebe sich aus dem – in erster Linie bei einer Auslegung zu berücksichtigenden- Wortlaut des Tenors der Entscheidung, aus dem Vergleich mit anderen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen bei Bedarf ausdrücklich auf Veranlagungszeiträume abgestellt sei, sowie auch aus den Gründen der Entscheidung. Auch die grundsätzlich restriktive Handhabung der Möglichkeiten von Übergangsregelungen bei Unvereinbarkeitserklärungen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sprächen für diese Auslegung.

Eine sich daraus ergebende Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen je nachdem, ob sie am 31.12.1996 zur VSt veranlagt seien oder nicht, spreche nicht gegen diese Auslegung. Zum einen seien die Veranlagungen für den Stichtag 1.1.1995 am 31.12.1996 bereits weitgehend abgeschlossen gewesen. Zum anderen beruhe eine solche Ungleichbehandlung auf der Untätigkeit des Gesetzgebers, denn dieser habe frühzeitig die verfassungsrechtliche Problematik des VStG erkennen können. Die Ungleichbehandlung sei im übrigen in § 79 Abs. 2 BVerfGG bei für nichtig erklärten Normen ausdrücklich festgeschrieben. Die sofortige Umsetzung der erkannten Verfassungswidrigkeit in der Rechtspraxis diene dem – hoch zu veranschlagenden – Gut der Rechtssicherheit.

Aus dem (Nichtannahme-)Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 1.3.1996 (1 BvR 2415/95) folge nichts anderes. Die Auffassung der Kläger entspreche alleine dem – dem heutigen Rechts-, insbesondere Steuerrechtsverständnis zugrunde liegenden – hohen Rang der Grundrechtsprinzipien.

Die Kläger beantragen,

den angefochtenen Vermögensteuerbescheid vom 7.2.1997 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9.4.1997 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, daß das VStG trotz der Unvereinbarkeitserklärung des Bundesverfassungsgericht auf Veranlagungszeiträume bis 1996 weiterhin angewandt werden dürfe. So sei die Anwendbarkeit des VStG bis zum 31.12.1996 trotz der festgestellten Unvereinbarkeit u.a. ausdrücklich auf die Erfordernisse eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzuges gestützt worden. Ein „gleichmäßiger Verwaltungsvollzug” ende indes nicht im Zeitpunkt einer „weitgehend abgeschlossenen Veranlagung”; der „gleichmäßige Verwaltungsvollzug” setze vielmehr voraus, daß alle Veranlagungen eines Veranlagungszeitraums durchgeführt werden könnten.

Dem Senat liegt die VSt-Akte des Beklagten betreffen die Kläger vor.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

1. Obwohl sich der angefochtene Bescheid auch gegen die Kinder der Kläger richtet und diese nicht Klage erhoben haben – sie waren im übrigen auch nicht am Einspruchsverfahren beteiligt –, bedarf es keiner Beiladung der Kinder zu dem vorliegenden Verfahren. Die im vorliegenden Verfahren zu treffende Entscheidung muß gegenüber den Bescheidadressaten nicht notwendig einheitlich ergehen, weil die Zusammenveranlagung im Vermögensteuerrecht lediglich die Ausschöpfung der Freibeträge von Familienangehörigen ermöglichen soll und kein Ausdruck einheitlicher materieller Betroffenheit in der Sache ist. Die Bescheidadressaten sind zwar Gesamtschuldner, das Schicksal von Gesamtschuldverhältnissen kann jedoch bei den einzelnen Gesamtschuldnern unterschiedlich sein; so z.B. bei Erlaß der Schuld gegenüber dem einen oder anderen Gesamtschuldner oder bei Unterbrechung der Zahlungsverjährung nur gegenüber einem Gesamtschuldner. Auch das Geltendmachen einer vorgeb...

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