rechtskräftig

 

Leitsatz (redaktionell)

Verfahren, in denen um die Anwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes nach dem 31.12.1996 auf Veranlagungszeiträume vor 1997 gestritten wird, sind nicht wegen des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens auszusetzen.

 

Normenkette

VStG § 10 Nr. 1; FGO § 74

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes -VStG– nach 1996 auf Veranlagungszeiträume vor 1997.

Am 26. Februar 1997 erging gegen die Kläger ein geänderter Vermögensteuerbescheid auf den 1.1.1991, in dem die Vermögensteuer nach einem Gesamtvermögen von … DM auf … DM festgesetzt wurde (Neuveranlagung, Bl. 127 VSt-Akten). Die Vermögensteuer auf den 1.1.1990 betrug nach dem geänderten Neuveranlagungsbescheid vom 6. Februar 1997 bei einem Gesamtvermögen von … DM … DM. Am 4. März 1997 wurde die Vermögensteuer auf den 1.1.1995 nach einem Gesamtvermögen von … DM auf … DM festgesetzt (Bl. 178 VSt-Akten).

Am 12. März 1997 legten die Kläger gegen beide Bescheide Einspruch ein (Bl. 184 VSt-Akten). Der Vermögensteuerbescheid auf den 1.1.1995 wurde daraufhin hinsichtlich des Grundvermögens antragsgemäß geändert, die Vermögensteuer ermäßigte sich dadurch auf … DM. Im übrigen wurden die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 15. April 1997 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 195 VSt-Akten).

Dagegen richtet sich die am 20. Juni 1997 eingegangene Klage.

Zur Begründung tragen die Kläger vor, nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) sei die Festsetzung und Erhebung von Vermögensteuer ab 1997 verfassungswidrig, weil das Vermögensteuergesetz nach dem 31. Dezember 1996 nicht mehr angewendet werden dürfe.

Die Kläger beantragen,

die Vermögensteuerbescheide auf den 1.1.1991 vom 26.2.1997 und auf den 1.1.1995 vom 4. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. April 1997 aufzuheben,

hilfsweise, das Verfahren gem. § 74 FGO auszusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt die Ausführungen der Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist nicht begründet, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, weil die Finanzämter Vermögensteuer für vor dem 31. Dezember 1996 liegende Veranlagungszeitpunkte auch nach dem 31. Dezember 1996 festzusetzen haben. Der Beschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BGBl I 1995, 1191, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) steht dem nicht entgegen.

Der nach § 31 Abs. 2 i.V.m. § 13 Nr. 11 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) in Gesetzeskraft (BGBl I 1995, 1191) erwachsene Tenor der Entscheidung lautet wie folgt:

„1. § 10 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes vom 17. April 1974 (Bundesgesetzbl. I Seite 949) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. November 1990 (Bundesgesetzbl. I Seite 2467), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. September 1994 (Bundesgesetzbl. I Seite 2325), ist jedenfalls seit dem Veranlagungszeitraum 1983 in allen seinen seitherigen Fassungen mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insofern unvereinbar, als er den einheitswertgebundenen Grundbesitz, dessen Bewertung der Wertentwicklung seit 1964/74 nicht mehr angepaßt worden ist, und das zu Gegenwartswerten erfaßte Vermögen mit demselben Steuersatz belastet.

2. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 1996 zu treffen. Längstens bis zu diesem Zeitpunkt ist das bisherige Recht weiterhin anwendbar.

Setzt die Neuregelung eine allgemeine Neubewertung von Besteuerungsgrundlagen voraus, so kann der Gesetzgeber für deren Dauer – längstens für fünf Jahre seit der Verkündung des Gesetzes – Übergangsregelungen treffen, die die vermögensteuerliche Belastung an die verfassungsrechtlichen Maßstäbe dieser Entscheidung annähern; dabei darf er eine teilweise Fortgeltung der bisherigen Vorschriften anordnen.”

Der Senat versteht die Entscheidungsformel – in Übereinstimmung mit dem Bundesfinanzhof (Beschluß vom 18.6.1997 II B 33/97, BStBl II 1997, 515; Urteil v. 30.7.1997 II R 9/95, BStBl II 1997, 635; ebenso FG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 1997 II 160/95, EFG 1997, 160; FG Hamburg, Urteil v. 4. August 1997 V 95/97, EFG 1997, 1478; FG Münster, Beschluß v. 14. August 1997 3 V 4881/97 VSt, EFG 1997, 1478) – dahin, daß das bisherige Recht auf Veranlagungszeiträume vor dem 31. Dezember 1996 weiter anzuwenden ist, so daß bis zum 31.12.1996 Vermögensteuern nach dem „bisherigen Recht” entstehen und damit auch in diesem Umfang festgesetzt und erhoben werden können. Da sich die zeitliche Befristung auf den Veranlagungzeitraum bezieht, kommt es nicht darauf an, wann und durch wen im Einzelfall über die Steuerfestsetzung für diese Zeiträume entschieden wird.

Diese Auslegung der Entscheidungsformel folgt aus dem Sinn und Zweck einer verfassungsgerichtlichen Unvereinbarkeitserklärung (im Gegensatz zu einer Nichtigkeitserklärung). Die Unvereinbarkeitserklärung soll im Gegensatz zur Nichtigkeitserklärung, die mit dem Ausspruch zur Nichtanwendbarkeit einer Rechtsnorm führt, die Einheitlichkeit d...

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