rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, wenn Bescheide in einem Unterlagenkonvolut übersehen werden?

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden dem Steuerpflichtigen Steuerbescheide zusammen mit den eingereichten Belegen ohne Anschreiben übersandt und übersieht er die Bescheide, rechtfertigt dies nicht die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen Versäumnis der Einspruchsfrist.

 

Normenkette

AO § 110

 

Tatbestand

In formeller Hinsicht ist streitig, ob den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren ist.

Die Kläger werden zusammen veranlagt. Die Einkommensteuerbescheide (ESt-Bescheide) für die Streitjahre wurden am 27.05.1999 zur Post gegeben. Mit vom 10.07.1999 datierendem Schreiben, das am 05.07.1999 beim Beklagten einging, erhob der Kläger Einwendungen wegen der Nichtberücksichtigung verschiedener Werbungskosten. Daraufhin teilte der Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 23.07.1999 mit, dass die Einspruchsfrist am 30.06.1999 geendet habe und Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich seien. Das Schreiben vom 10.07.1999 wertete der Beklagte als Einspruch. Nachdem am 29.07.1999 ein Telefongespräch zwischen den Beteiligten über eine mögliche Wiedereinsetzung geführt worden war, erläuterten die Kläger mit Schreiben vom 13.08.1999, dass sie in dem umfangreichen Konvolut mit Unterlagen, das der Beklagte ihnen zugesandt habe, den Steuerbescheid zunächst nicht entdeckt hätten, zumal in den Vorjahren Belege und Steuerbescheide stets separat übersandt worden seien und baten um Bearbeitung in der Sache. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2000 verwarf der Beklagte die Einsprüche als unzulässig, weil die Kläger ein Verschulden an der Fristversäumnis treffe, weil sie ihre Post nur ungenügend durchgesehen hätten.

Mit bei Gericht am 13.09.2000 eingegangenem Schriftsatz haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist begehren.

Die Kläger sind der Ansicht, dass sie ein Verschulden an der Fristversäumnis nicht treffe. Sie, die Kläger, arbeiteten üblicherweise nicht in Hamburg. So sei es auch in der Woche vom 31.05. bis 04.06.1999 gewesen, in der sie erst am Abend des 04.06.1999 nach Hamburg zurückgekehrt seien. Ab dem 05.06. sei ein Urlaub außerhalb Hamburgs geplant gewesen. Vor der Abreise hätten sie die während der Woche eingegangene Post durchgesehen, ein Schreiben des Beklagten indessen nicht gefunden. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub am 26.06. hätten sie, die Kläger, festgestellt, dass zwischenzeitlich ein Schreiben des Beklagten eingegangen sei, das ein Konvolut von Unterlagen ohne ein Anschreiben enthalten habe. Die Einordnung dieser zurückgesandten Belege sei erst am folgenden Wochenende nach erneuter Rückkehr nach Hamburg erfolgt. Erst zu diesem Zeitpunkt hätten sie festgestellt, dass sich in den Unterlagen auch die Steuerbescheide befunden hätten. Zunächst sei eine genauere Durchsicht der Belege auch deshalb unterblieben, weil in der Vergangenheit Belege und Steuerbescheide jeweils mit separater Post übersandt worden seien.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

ihnen unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2000 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Einspruchsfrist sei schuldhaft versäumt worden. Die Kläger hätten die übersandte Post besonders sorgfältig auf fristauslösende Schriftstücke durchsehen müssen. Die im Übrigen zweiseitigen Bescheide hätten den Klägern auch bei nur grober Durchsicht auffallen müssen.

Die die Kläger betreffende ESt-Akte zur Steuernummer ... hat vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 a Abs. 1 i. V. m. § 79 a Abs. 2 und 4 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.

Die Klage ist zulässig.

Zwar ist grundsätzlich Gegenstand der Anfechtungsklage nach § 44 Abs. 2 FGO der Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat. Ein Kläger kann sich aber aus besonderen Gründen mit seinem Begehren auf die Aufhebung der Einspruchsentscheidung beschränken. Nach allgemeiner Ansicht ist dies insbesondere dann der Fall, wenn der Rechtsbehelf - wie im Streitfall - als unzulässig verworfen worden ist (vgl. Tipke/Kruse, § 44 AO Tz 6, § 40 Tz 15 m. w. N.).

In der Sache hat die Klage keinen Erfolg.

Die allein angegriffene Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, insbesondere hat es der Beklagte zu Recht abgelehnt, den Klägern wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Der Beklagte hat die Einsprüche der Kläger vom 05.07.1999 zu Recht als unzulässig verworfen. Sie sind erst nach Ablauf der Einspruchsfrist und damit verspätet eingelegt worden. Die gemäß § 355 Abs...

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