Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrags bei den kindergeldrechtlichen „Einkünften und Bezügen”. Kindergeld

 

Leitsatz (amtlich)

Soweit – nach § 19 Abs. 1 EStG steuerpflichtige – Versorgungsbezüge aufgrund des Versorgungsfreibetrags nach § 19 Abs. 2 EStG steuerfrei sind, ist der steuerfreie Betrag auch bei der Ermittlung der kindergeldrechtlichen Einkünfte und Bezüge nicht anzusetzen (gegen R 180e Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStR und die Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs, BStBl I 1998, 386, Tz. 63.4.2.3 Abs. 2, Ziff. 4 ff.)

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2; EStR R 180e Abs. 2 S. 2 Nr. 3, S. 3; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 19 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.2000; Aktenzeichen VI R 109/99)

 

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 10.9.1997 und seine Einspruchsentscheidung vom 22.12.1997 werden bezüglich des Kindergeldes aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin zum Bezug von Kindergeld ab dem 01.01.1997 für ihren im Jahre 01 geborenen Sohn xyz, der ab dem Wintersemester 1996/97 an der Universität – Gesamthochschule – der Stadt X studierte.

Der Sohn der Klägerin erhielt im Jahre 1997 Versorgungsbezüge in Form eines Waisengeldes in Höhe von 11.021,19 DM; daneben erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.331,81 DM.

Durch Bescheid vom 10.09.1997 setzte der Beklagte u. a. das Kindergeld ab dem 01.01.1997 auf 0 DM fest und forderte das für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.09.1997 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.980 DM von der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus, daß die Einkünfte und Bezüge des Sohnes selbst bei Berücksichtigung einer Werbungskostenpauschale für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.000 DM und einer sonstigen Kostenpauschale von 360 DM die maßgebliche Einkommensgrenze von 12.000 DM übersteigen würden. Daher sei die bisherige Kindergeldfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben und der überzahlte Betrag gemäß § 37 Abs. 2 AO zurückzufordern.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch vom 07.10.1997 trug die Klägerin folgendes vor: Erst im März 1997 sei bekannt geworden, daß das Waisengeld ab dem 01.01.1997 bei den Einkünften und Bezügen ihres Sohnes berücksichtigt werde, während es im vergangenen Jahr nur in Höhe des den Versorgungsfreibetrag von 40 % übersteigenden Anteils erfaßt worden sei. Ihrem Sohn sei vor Beginn der nichtselbständigen Arbeit vom Beklagten auf eine entsprechende telefonische Anfrage mitgeteilt worden, daß bei der Ermittlung der Gesamteinnahmen im Jahre 1997 die gleichen Regelungen wie 1996 gelten würden. Daher sei sie davon ausgegangen, daß das Waisengeld in Höhe des Versorgungsfreibetrages von 40 % nicht bei der Ermittlung des Gesamteinkommens erfaßt. Auf dieser Grundlage ergebe sich lediglich ein Gesamteinkommen – ohne Werbungskostenpauschale von 2.000 DM und ohne die Kostenpauschale von 360 DM – von 11.947,64 DM. Die Anwendung der im März 1997 bekannt gewordenen Regelung führe in ihrem Fall zu einer unzumutbaren Härte. Außerdem habe ihr Sohn das Kindergeld erhalten und könne es aufgrund seiner finanzielle Situation nicht an sie zurückzahlen.

Durch Einspruchsentscheidung vom 22.12.1997 – als Einschreiben zur Post aufgegeben am 30.12.1997 – wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte ermittelte unter Berücksichtigung einer Werbungskostenpauschale von 2.000 DM und einer Kostenpauschale von 360 DM die Einkünfte und Bezüge des Sohnes der Klägerin nunmehr mit 13.993 DM. Zur Begründung führte er aus, daß die Neuregelung über die Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrages bei der Ermittlung der Bezüge eines Kindes zwar erst Mitte Februar 1997 im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden sei, daß sich damit aber auch die maßgeblichen Verhältnisse für die Ermittlung der Einnahmen geändert hätten und § 70 Abs. 2 EStG als Rechtsgrundlage für die Änderung der Kindergeldfestsetzung eingreife. Im übrigen könne sich die Klägerin hinsichtlich der bisherigen Einkommensermittlung nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Änderung im Februar 1997 das maßgebliche Kalenderjahr noch nicht abgelaufen gewesen sei und das tatsächliche Jahreseinkommen des Sohnes noch nicht festgestanden habe.

Am 26.01.1998 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben und ergänzend darauf verwiesen, daß die Einkünfte ihres Sohnes aus nichtselbständiger Arbeit lediglich in der Zeit von Mitte Februar bis Mitte März 1997, also vor der strittigen Neuregelung angefallen seien, von der sie selbst erst im Sommer 1997 Kenntnis erlangt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 10.09.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 22.12.1997 bezüglich des Kindergeldes aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen,
  • hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er verweist auf sein Vorbringen in den angefocht...

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