Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung per Computerfax, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Einspruchsentscheidung kann wirksam per Computerfax bekannt gegeben werden.
  2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist aufgrund einer dem Kläger nach seiner Darstellung erst verspätet zugegangenen postalischen Anfrage des Prozessbevollmächtigten zur Genehmigung der Klageerhebung kann nicht gewährt werden, wenn die zeitnahe Absendung dieser Anfrage deshalb nicht hinreichend sicher festgestellt werden kann, weil der Bevollmächtigte kein Postausgangsbuch führt und organisatorische Vorkehrungen, die gewährleisten, dass der Postausgang tatsächlich stattfindet, nicht getroffen worden sind.
 

Normenkette

FGO §§ 47, 56; AO § 122 Abs. 2a; ZPO § 85 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen X R 45/11)

BFH (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen X R 45/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten insbesondere über die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumens der Klagefrist.

Im Anschluss an eine Steuerfahndungs- und eine Umsatzsteuersonderprüfung rechnete der Beklagte dem Kläger Gewinne aus einem „H-Firma” zu, die er über den Strohmann „K” erzielt habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 17.07.2008 als unbegründet zurück, die er dessen steuerlichem Vertreter und jetzigem Prozessbevollmächtigten per Computerfax übermittelte.

Der Kläger, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, hat hiergegen mit Telefax vom 17.09.2008 Klage erhoben und zugleich wegen Versäumens der Klagefrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt; das Wiedereinsetzungsverfahren möge vorab durchgeführt werden. Er macht geltend, die Fristversäumnis aus folgenden Gründen nicht verschuldet zu haben:

Nach Erhalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2008 habe der Prozessbevollmächtigte diese mit Anschreiben vom 21.07.2008 an den Kläger weiter geleitet. Mit diesem Schreiben habe er zugleich den Kläger darauf hingewiesen, dass eine Klage bis spätestens zum 17.08.2008 erhoben werden müsse, er indes ohne ausdrücklichen schriftlichen Auftrag keine Klage erheben werde. Wegen bevorstehenden Urlaubs des Unterzeichners möge der Kläger seine Entscheidung kurzfristig mitteilen. Bei dieser Angelegenheit sei dann auch die Frage der Kosten zu klären. Ausweislich eines - vom Prozessbevollmächtigten vorgelegten - Briefumschlages sei die Anfrage am 22.07.2009 von der Post abgestempelt worden. Am 05.09.2008 - so auch eine Telefonnotiz des Prozessbevollmächtigten - habe der Kläger im dortigen Büro angerufen und mitgeteilt, erst „heute” „ein Schreiben vom 22.07.2008” erhalten zu haben, bei dem bereits am 17.08.2008 ein Fristablauf gewesen sei. Mit Datum vom 06.09.2009 bestätigte die Lebensgefährtin des Klägers - die Zeugin „L” - dem Prozessbevollmächtigten schriftlich, dass sich das Schriftstück „Az. „"XXX"/"M"” erst am Freitag, dem 05.09.2009, nicht aber bereits am 04.09.2009, im Briefkasten des Klägers befunden habe; am Tag zuvor habe es dort noch nicht gelegen. Mit eidesstattlicher Versicherung vom 28.09.2008 gab die Zeugin an, dass die Angaben in ihrem „Schreiben vom 06.03.2008” richtig seien. Auf Vorhalt des Beklagten bereitete der Prozessbevollmächtigte eine ergänzende eidesstattliche Versicherung der Zeugin vor, die indes „offensichtlich bei der Post verloren” ging. Am 27.11.2008 wurde sodann die - vom Prozessbevollmächtigten maschinenschriftlich vorgefertigte, von der Zeugin handschriftlich auf den 19.11.2008 datierte - ergänzende Erklärung eingereicht, mit der die Zeugin „L” eidesstattlich versicherte, den Briefkasten des Klägers täglich zu leeren; angesichts der täglichen Leerung und der Konstruktion des Briefkastens sei das Übersehen einer Postsendung ausgeschlossen. Der Prozessbevollmächtigte ergänzte mit Schriftsatz vom 09.12.2008, kein Postausgangsbuch zu führen. Er arbeite mit dem „X"-Postdienst zusammen, der die unfrankierten Briefumschläge abhole. Da er auf die Ordnungsmäßigkeit der Postbeförderung habe vertrauen dürfen, sei eine erneute Nachfrage beim Kläger wegen des etwaigen Wunsches einer Klageerhebung entbehrlich gewesen.

Im Erörterungstermin vom 29.01.2010 hat der Prozessvertreter das Original des o. a. Briefumschlags vom 22.07.2008 vorgelegt; trotz Beauftragung des „X"-Postdienstes weise dieser einen Poststempel der Bundespost auf, weil offenbar der Zustellbereich des privaten Dienstleisters überschritten gewesen sei, sodass dieser den Brief nachfrankiert und die Post mit der weiteren Beförderung beauftragt habe.

In der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter ergänzt, an der ordnungsgemäßen Absendung seiner Anfrage vom 21.07.2008 bestehe auch deshalb kein Zweifel, weil die Zeugin „L” bestätigen könne, dass sich in dem vorliegenden Briefumschlag mit Stempel 22.07.2008 das besagte Schreiben befunden habe.

Der Kläger beantragt,

ihm wegen Versäumens der Klagefrist Wie...

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