vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ertragsteuerliche Organschaft: Tauglichkeit als Organgesellschaft bei Bestehen einer atypisch stillen Beteiligung an Tochterkapitalgesellschaft. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 17/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Tochterkapitalgesellschaft, an der eine atypisch stille Beteiligung besteht, ist keine taugliche Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft, da sie aufgrund der Gewinnbeteiligung der atypisch still beteiligten Gesellschafter nicht ihren „ganzen Gewinn” i.S.d. § 14 Abs. 1 KStG an den Organträger abführen kann (Anschluss an BMF-Schreiben vom 20.08.2015, BStBl I 2015, 649).
  2. Dies gilt auch, wenn außerhalb der Organschaft stehende Personen am Gewinn der Organgesellschaft als atypisch stille Gesellschafter beteiligt sind.
  3. Eine solche Tochterkapitalgesellschaft kann auch gewerbesteuerrechtlich keine Organgesellschaft sein, weil der Gewerbeertrag bei der atypisch stillen Gesellschaft zu erfassen ist und daher nicht dem Organträger zugerechnet werden kann (vgl. BFH-Rspr.).
  4. Nach § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG i.d.F. des JStG 2007 ist die Gewinnabführung aufgrund einer „verunglückten Organschaft” steuerrechtlich als vGA zu behandeln.
 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 1 S. 1; KStG i.d.F. des JStG 2007 § 8b Abs. 1 S. 2; KStG i.d.F. des JStG 2007 § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob zwischen der Klägerin als vermeintliche Organträgerin („OT”) und diversen Gesellschaften als vermeintliche Organgesellschaften („OG”) in den Jahren 2005 bis 2006 (Streitjahre) ertragsteuerliche Organschaften bestanden.

Zum 1.1.2005 wurde die [...] GmbH [...] auf die Klägerin [...]. verschmolzen.

Die Klägerin hält Mehr- und Minderheitsbeteiligungen an einer Vielzahl von Gesellschaften im In- und Ausland [...]. Daneben unterhielt die Klägerin [...] selbst [...] Niederlassungen. [...] An diesen Niederlassungen bestehen teilweise atypisch stille Gesellschaften mit einem oder mehreren beteiligten Partnern. Für jede einzelne atypisch stillte Gesellschaft/Niederlassung wird ein eigenes Buchwerk geführt. Sie werden steuerlich als Personengesellschaften geführt. Das jeweils ermittelte Ergebnis gemäß einheitlich und gesonderter Gewinnfeststellung wird den jeweiligen Tochtergesellschaften bzw. der Klägerin zugerechnet.

Bei der Klägerin führte das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung Z ab dem 9.2.2009 eine steuerliche Außenprüfung u.a. für Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2004 bis 2006 durch. Nachdem eine Prüferanfrage vom 14.12.2009 mit 34 Einzelpunkten (s. Arbeitsbogen I, S. 218 bis 236) nicht beantwortet wurde, erstellte das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung Z unter dem 29.11.2011 einen Betriebsprüfungsbericht (BP-Bericht), in dem die streitigen Organschaften anerkannt wurden. Ausweislich des BP-Berichts hat keine Schlussbesprechung stattgefunden. Der BP-Bericht wurde der Klägerin zur Stellungnahme mit Frist bis zum 3.1.2012 zugesandt. In der Folgezeit stellte die Klägerin zahlreiche Fristverlängerungsanträge, zuletzt mit Schreiben vom 22.12.2014, mit dem sie darum bat, die Frist zur Stellungnahme bis zum 28.2.2015 zu verlängern. Ungeachtet dessen fand am 27.11.2014 eine Besprechung zwischen Vertretern der Klägerin und des Finanzamts für Groß- und Konzernprüfung Z statt. Mit Schreiben vom 28.4.2015, 9.6.2015 und 27.8.2015 sandte das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung Z der Klägerin jeweils Entwürfe des geänderten BP-Berichts, zuletzt datiert auf den 21.8.2015, zu, in denen jeweils die streitigen Organschaften anerkannt wurden.

Zwischenzeitlich erließ das BMF das Schreiben vom 20.8.2015 IV C 2-S 2770/12/10001, BStBl I 2015, 649 (im Folgenden kurz „BMF-Schreiben”).

Daraufhin erstellte das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung Z einen neuen BP-Bericht, datiert auf den 25.5.2016. Der Prüfer [...] traf u.a. folgende Feststellungen: Zwischen der Klägerin und zehn Tochtergesellschaften hätten bereits vor der Verschmelzung Organschaften bestanden. Durch die Verschmelzung seien 14 Organgesellschaften hinzugekommen (Tz. 8 des BP-Berichts vom 25.5.2016). Ausweislich Tz. 13 dieses BP-Berichts stellte der Prüfer weiter fest: Sowohl am Handelsgewerbe der OT als auch am Handelsgewerbe eines Teils der OG bestünden atypisch stille Beteiligungsverhältnisse. Unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 20.8.2015 seien diese wie folgt zu beurteilen: In Fällen, in denen am Handelsgewerbe einer Kapitalgesellschaft eine atypisch stille Beteiligung bestehe, könne diese Kapitalgesellschaft nicht OG sein. Eine solche Kapitalgesellschaft könne grundsätzlich ebenfalls kein OT sein. Jedoch könnten im letzteren Fall lt. BMF-Schreiben bereits bestehende Organschaften im Wege der Billigkeit und aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin steuerlich anerkannt werden. Mit Schreiben vom 25.11.2015 habe die Klägerin einen solchen Antrag auf Anwendung der Billigkeitsregelung gestellt, dessen Berücksich...

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