Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung des Antrags auf Einsichtnahme in die Gewerbesteuerakten der GmbH durch den Bevollmächtigten

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.07.1999; Aktenzeichen I R 111/98)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist eine kommunale Gebietskörperschaft. In einer zugehörigen Gemeinde unterhält die Beigeladene, eine GmbH, seit Jahren eine Betriebsstätte, die die gewerbliche zum Gegenstand hat. Das beklagte Finanzamt hat gegenüber dem Kläger regelmäßig Gewerbesteuer-Zerlegungsbescheide mit einem Zerlegungsanteil von 0 DM erlassen, da bereits der Gewerbesteuermeßbetrag gegenüber der Beigeladenen auf 0 DM festgesetzt war. Der Kläger bezweifelt die Richtigkeit der Gewerbesteuermeßbescheide; er vermutet, daß die Beigeladene tatsächlich erhebliche Gewinne erzielt habe und weiterhin erziele, weil sie im Rahmen der Betriebsstätte regelmäßig jährliche Einnahmen von über 1 Mio. DM habe.

Der Kläger beantragte deshalb bei dem Beklagten, durch seine Prozeßbevollmächtigten Einblick in die Gewerbesteuerakten der Beigeladenen zu erhalten, um die rechnerischen Grundlagen der Gewerbesteuermeßbescheide überprüfen zu können. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde. Im weiteren Verlauf erklärte sich der Beklagte bereit, dem Kläger Einsichtnahme in die Gewerbesteuerakten der Beigeladenen zu gewähren. Der Beklagte sandte die Akten an das Finanzamt und wies den Kläger darauf hin, daß er durch einen Amtsträger Einsicht in die Akten nehmen könne. Demgegenüber bestand der Kläger darauf, die Akteneinsicht durch seinen Bevollmächtigten vorzunehmen. Dies wiederum lehnte das beklagte Finanzamt ausdrücklich ab. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger weiterhin das Ziel, Akteneinsicht in die Gewerbesteuerakten der Beigeladenen durch seinen Prozeßbevollmächtigten zu erhalten. Er ist der Ansicht, es sei ein selbstverständlicher Grundsatz der Rechtsordnung, daß sich jeder Beteiligte in jedem Verfahrensstadium durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen könne, wenn dieser von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Dieses Recht folge im Streitfall bereits aus §§ 187, 80 Abgabenordnung 1977 -AO-. Erst recht sei die Möglichkeit der Akteneinsicht durch einen Bevollmächtigten im finanzgerichtlichen Verfahren gewährleistet (§ 78 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Deshalb könne die Beschränkung im Wortlaut des § 187 AO auf Einsichtnahme durch Amtsträger jedenfalls für ein gerichtliches Verfahren nicht gelten. Um unnötige gerichtliche Verfahren zu vermeiden, sei es dann allerdings auch sinnvoll, vom Erfordernis des Amtsträgers bereits bei der Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren Abstand zu nehmen.

Der Kläger beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 11. März 1996 in Form der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 1996 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten Akteneinsicht in die Gewerbesteuerakten der Beigeladenen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, § 187 AO, der § 80 Abs. 1 Satz 1 AO einschränke, ermögliche ausdrücklich nur die Akteneinsicht durch Amtsträger, nicht durch einen (gewillkürten Verfahrens-) Bevollmächtigten. §§ 78 Abs. 1, 71 Abs. 2 FGO führten zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorschriften gewährten den Beteiligten eines finanzgerichtlichen Verfahrens zwar ein auch durch Bevollmächtigte wahrnehmbares Akteneinsichtsrecht, aber nur in die den Streitfall betreffenden Akten. Dies seien bei Klagen wegen Gewerbesteuerzerlegung nur die Zerlegungsakten, in einem Verfahren wegen Akteneinsicht nicht einmal diese.

Die zum Klageverfahren beigeladene GmbH beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, gemäß § 187 AO könne die Einsichtnahme der steuerberechtigten Gemeinden in die Zerlegungsunterlagen nur durch ihre Amtsträger (§ 7 AO) erfolgen. Hierzu gehöre der Prozeßbevollmächtigte einer Gemeinde nicht; er falle auch nicht unter § 7 Nr. 3 AO. Amtsträger in diesem Sinne seien vielmehr nur Personen, soweit sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnähmen. Die Gewährung von Akteneinsicht an den Prozeßbevollmächtigten sei demnach nicht zulässig; ihr stehe das Steuergeheimnis (§ 30 AO) entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Steuerakten und die Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat dem Kläger die Akteneinsicht in die Gewerbesteuerakten der Beigeladenen zu Recht nur durch einen Amtsträger, nicht jedoch durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt bewilligt.

1. Der Anspruch auf Akteneinsicht der Gemeinden ergibt sich aus § 187 AO und aus § 21 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Absatz 1 Satz 2 Finanzverwaltungsgesetz -FVG-. Gemäß § 187 AO können die am Zerlegungsverfahren beteiligten Steuerberechtigten (§ 186 Nr...

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