Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlungen auf Grund einer Inanspruchnahme als Haftender nicht als Werbungskosten abziehbar

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Steuerpflichtiger, der aufgrund fremdnütziger Steuerhinterziehung in Haftung genommen wird, kann die gezahlte Haftungssumme unabhängig von dem Veranlassungszusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen, da andernfalls der der Haftungsnorm innewohnende Zweck des Ausgleichs des Fiskalschadens durch die eintretende Steuerermäßigung unterlaufen würde.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 19; AO § 71

 

Streitjahr(e)

1993

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.08.2004; Aktenzeichen VI R 18/04)

BFH (Urteil vom 05.08.2004; Aktenzeichen VI R 18/04)

 

Tatbestand

Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger war in den Jahren 1984 bis 1988 Aktionär und alleiniges Vorstandsmitglied der „A” AG. Die AG hatte mit Kenntnis und Billigung des Klägers für eine Vielzahl von Gaststätten und andere Kunden unter fiktiven Namen Phantomkonten eingerichtet. Über diese Konten wurden Getränkelieferungen verbucht. Die Abnehmer hatten die hierüber erfolgten Wareneinkäufe nicht aufgezeichnet und ihre hierauf entfallenden Betriebseinnahmen nicht erfasst.

Mit Haftungsbescheid des Finanzamtes „B” vom 15. Februar 1995 wurde der Kläger gem. § 71 AO u.a. für Einkommensteuerschulden des Gastwirts P. in Höhe von 59.033,78 DM in Anspruch genommen. Dieser Bescheid wurde auf den Einspruch des Klägers mit Bescheid vom 15. Mai 1997 geändert und die Haftungssumme auf 58.082,02 DM reduziert. Der Kläger hatte bereits am 23. Juni 1995 einen Gesamtbetrag von 59.033,78 DM zzg. Vollstreckungskosten von 360 DM gezahlt.

Der Kläger beantragte bei seiner Einkommensteuerveranlagung für 1995 den Betrag von 59.393 DM - sowie weiterer 1.007 DM aus einer weiteren Inanspruchnahme als Haftender - bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Beklagte folgte dem nicht und setzte die für 1995 geschuldete Einkommensteuer auf 0 DM fest. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug nach dem Bescheid vom 31. Oktober 1996 ./. 16.132 DM, wovon auf den Kläger 8.377 DM und auf die Klägerin 7.755 DM entfielen. Der Beklagte trug diese Beträge mit Einkommensteuerbescheid vom 2. Mai 1997 in das Jahr 1993 zurück.

Der Kläger erhob am 9. Mai 1997 Einspruch und trug u.a. vor, die Aufwendungen auf den Haftungsbescheid stellten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit dar. Er sei als Organ der AG in Haftung genommen worden; hieraus ergebe sich die berufliche Veranlassung. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. April 2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, die Zahlungen seien keine Werbungskosten, weil es an einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers fehle. Das auslösende Moment der Zahlungen, die Haftungsbescheide, seien nicht der einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre zuzuordnen. Die Haftungsschulden hätten weder dem Grunde noch der Höhe nach Einfluss auf die Einnahmen des Klägers aus seiner Vorstandstätigkeit. Die Mittäterschaft an den Steuerhinterziehungen stünden auch nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit.

Der Kläger hat am 12. Mai 2003 Klage erhoben zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend trägt er vor, auch schuldhaft veranlasste Aufwendungen seien als Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Verhältnis zwischen Aufwendungen und Einnahmen reiche das Veranlassungsprinzip aus; die subjektive Absicht sei kein notwendiges Merkmal. Es komme auch nicht darauf an, nach welcher haftungsrechtlichen Vorschrift der Kläger in Anspruch genommen worden sei. Der Kläger sei als Beteiligter an den Steuerhinterziehungen nicht als Privatmann tätig geworden. Durch die Schwarzgeschäfte der Kunden habe sich die wirtschaftliche Situation der AG erheblich verbessert, weil hierdurch Geschäfte getätigt wurden, die ansonsten nicht getätigt worden wären. Der erheblich vergrößerte Umsatz habe sich im Gewinn der Brauerei niedergeschlagen. Der Kläger habe hiervon als Aktionär profitiert, wie auch bei seinen Vorstandsbezügen. Diese Einnahmen seien unabhängig davon gewesen, auf welche Art sie erzielt worden waren. Ein schuldhafter Verstoß gegen Rechtsvorschriften mache eine Handlung und die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht zu einer privaten Zwecken dienenden Handlung. So habe etwa die Beihilfe eines Arbeitnehmers zur Lohnsteuerhinterziehung und das Entstehen eines Haftungsanspruchs nichts mit der privaten Lebensführung zu tun. Der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Haftung drei finanzgerichtliche Verfahren geführt, die er allesamt gewonnen habe. Der Haftungsbescheid vom 15. Mai 1997 sei nach einem entsprechenden Hinweis des FG Köln in dem Verfahren 6 K 5710/99 mit Bescheid vom 24. April 2003 aufgehoben worden.

Mit Haftungsbescheid vom 3....

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