Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit einer Zurechnung von „Schwarzeinkäufen” zum Wareneinkauf durch das Finanzamt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Auch wenn an der Zurechnung von „Schwarzeinkäufen” bei einer Pizzeria keine ernstlichen Zweifel bestehen, rechtfertigt doch eine Rohgewinnkalkulation, bei der eine 100 %ige Mehl- und Käseausbeute und ein über dem mittleren Richtsatzwert (270 %) liegender Aufschlagsatz von 350 % zugrunde gelegt wird, eine Aussetzung der Vollziehung in Höhe der Hälfte der ermittelten Mehrgewinne.
  2. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung für die auszusetzenden Beträge kommt in diesem Fall wegen der hohen Erfolgsaussichten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren nicht in Betracht.
 

Normenkette

AO § 162; FGO § 69

 

Streitjahr(e)

2005

 

Tatbestand

Die Antragstellerin (Astin) betreibt seit dem 30. 01. 2001 die Pizzeria „A” in „B”. Im Jahr 2005 wurde bei der Astin mit einer kombinierten Betriebs- und Fahndungsprüfung für die Streitjahre 2001 bis 2004 begonnen, die mit dem Prüfungsbericht vom 10.11.2006 abschloss. Die Prüfer kamen dabei u.a. zu dem Ergebnis, dass nicht verbuchte Warenbareinkäufe bei der Firma „C” GmbH, und der Firma „D” GmbH, getätigt worden seien. Des Weiteren führte eine Kalkulation der Prüfer bzgl. des Mehl- und Käseeinkauf zu erheblichen Differenzen mit den erklärten Umsätzen und Gewinnen. Die Prüfer legten in der Folge einen geschätzten Rohgewinnaufschlag von 350 % für die Streitjahre auf den Wareneinkauf (einschließlich der sog. „Schwarzeinkäufe” und einer Zuschätzung) zu Grunde. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen und Wertungen wird auf den Prüfungsbericht vom 10.11.2006 Bezug genommen.

Der Antragsgegner (Ag) folgte den Ergebnissen der Prüfung und erließ entsprechend geänderte Bescheide über Einkommensteuer 2000 bis 2004, Gewerbesteuermessbetrag 2001 bis 2004, Umsatzsteuer 2001 bis 2005, Zinsen zur Einkommensteuer 2000 bis 2004 und Zinsen zur Umsatzsteuer 2001 bis 2004. Über die hiergegen gerichteten Einsprüche hat der Ag noch nicht entschieden. Anträge auf Aussetzung der Vollziehung führten zwar zur Vollziehungsaussetzung im begehrten Umfange, jedoch unter der aufschiebenden Bedingung der Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 EUR bis zum 30.04.2007. Da die Sicherheitsleistung nicht erbracht wurde, lehnte der Ag mit Verfügung vom 22.06. 2007 nunmehr eine Aussetzung der Vollziehung im Wesentlichen ab und gewährte nur Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung für die Beträge, die aus dem über den „Schwarzeinkauf „ hinausgehenden, zugeschätzten Wareneinkauf resultieren.

Mit ihrem gerichtlichen Antrag begehrt die Astin Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung und trägt vor:

Schwarzeinkäufe seien von ihr nicht getätigt worden. Offenbar hätten andere Abnehmer der Firmen „C” GmbH und „D” GmbH unter ihrem, der Astin, Namen die strittigen Käufe getätigt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass in den strittigen Rechnungen Gegenstände enthalten seien, die in ihrem Unternehmen nicht verwendet würden, wie z.B. Pizzakartons bestimmter Größen, Hamburgerverpackungen oder Fischstäbchen. Auch habe der heutige Geschäftsführer der Firma „D” GmbH, Herr „E”, strittige Rechnungen bezeichnet, die tatsächlich nicht von der Astin eingekauft worden seien. Im Übrigen werde auf das Schreiben der Anwaltskanzlei „F” vom 31. 05.2006 zu den angeblichen „Schwarzeinkäufen” Bezug genommen.

Die Kalkulation der Prüfung sei offensichtlich fehlerhaft, da die Ausgangsdaten unzutreffend seien. Eine 100 % Mehlausbeute für Pizzen sei lebensfremd, da auch z.B. fürs Kneten der Pizzen Mehl benötigt werde und zudem kleine Pizzabrötchen hergestellt und im Wesentlichen kostenlos abgegeben würden. Auch seien die Preise für kleine und große Pizzen unterschiedlich und nicht in allen Streitjahren identisch. Eine entsprechend fehlerhafte Ausbeutekalkulation ergebe sich zudem beim Käseeinkauf. (Wegen der Einzelheiten der Kalkulationseinwendungen der Astin wird insbesondere auf die Antragsschrift vom 12.07.2007 sowie das Schreiben vom 13.09.2007 hingewiesen.)

Es sei Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung zu gewähren, da ernstliche Zweifel an den berichtigten Bescheiden bestünden und sie, die Astin, im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage sei, Sicherheit zu leisten. Mangels werthaltiger Sicherheiten könne auch keine Bankbürgschaft beigebracht werden. Eine Sicherheitsleistung würde im Ergebnis zu ihrer Existenzvernichtung führen.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung der angefochtenen Bescheide entsprechend dem Antragsvorbringen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Ag trägt vor: Der Behauptung der Astin, dass ihr Name von anderen Einkäufern bei den Firmen „C” GmbH und „D” GmbH missbraucht worden sei, könne nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Die Rechnungen auf den Namen der Astin sowie die Zeugenaussagen der verantwortlichen Geschäftsführer beider Firmen stellten überzeugende Nac...

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