rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Streit über Bestehen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft. Aufhebung der Beiladung der Organgesellschaft infolge nunmehriger Verschmelzung der Organgesellschaft auf die klagende Organträgerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft streitig und ist die vermeintliche Organgesellschaft zum Klageverfahren der potenziellen Organträgerin nach § 174 Abs. 5 S. 2 AO beigeladen worden, so ist dieser Beiladungsbeschluss von Amts wegen aufzuheben, wenn später die vermeintliche Organgesellschaft auf die Organträgerin verschmolzen wird und die klagende Organträgerin mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister Gesamtrechtsnachfolgerin der beigeladenen Organgesellschaft wird.

2. Wer bereits als Kläger Hauptbeteiligter des Verfahrens ist, kann nicht im selben Verfahren zugleich auch noch Beigeladener sein; dies gilt auch im Falle der Beiladung nach § 174 Abs. 5 S. 2 AO.

3. Die Verschmelzung der etwaigen Organgesellschaft auf den möglichen Organträger führt nicht zu einer Unterbrechung des Klageverfahrens nach § 239 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 155 S. 1 FGO.

4. Die Aufhebung einer unwirksam gewordenen Beiladung hat deklaratorischen Charakter.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3, 1; AO § 174 Abs. 5 S. 2; FGO § 155 S. 1; ZPO § 239 Abs. 1

 

Tenor

Der Beiladungsbeschluss vom 25. Oktober 2013 wird aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2013 hat der Berichterstatter die seinerzeitige A GmbH nach § 174 Abs. 5 Satz 2 AO beigeladen. Sie ist nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten und auf die Klägerin verschmolzen worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Beiladungsbeschluss ist aufzuheben.

1. Wird ein Beigeladener durch Rechtsnachfolge „Hauptbeteiligter”, so ist die Beiladung aufzuheben (Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, 224. Lfg., September 2013; § 60, Rz. 28; Brandis in Tipke/Kruse, FGO, 136. Lfg., Mai 2014, § 60, Rz. 10; vgl. auch Ulmer in Hennig, SGG, 25. Lfg., Mai 2013, § 75, Rz. 31, 32 und 33) Dasselbe gilt, wenn wie im Streitfall ein bereits „Hauptbeteiligter” Gesamtrechtsnachfolger des Beigeladenen wird.

a) Denn sind die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nicht mehr erfüllt, so ist der Beiladungsbeschluss von Amts wegen aufzuheben (Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, 224. Lfg., September 2013; § 60, Rz. 148; vgl.; Brandt in Beermann/Gosch, FGO, 131. Lfg., Juli 2001, § 60, Rz. 190; Levedag in Gräber, FGO, 7. Aufl., 2007, § 60, Rz. 154; Dumke in Schwarz/Pahlke, FGO, 35. Lfg., November 2010, § 60, Rz. 50; von Albedyll in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 6. Aufl., 2014, § 65, Rz. 30; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 65, Rz. 31; Kopp, VwGO, 20. Aufl., 2014, § 65, Rz. 40; Kintz in Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl., 2014, § 65, Rz. 29; Redeker in Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl., 2014, § 65, Rz. 25a; Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 13. Erg.-Lfg., April 2006, § 65, Rz. 32; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 75, Rz. 16c; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, § 75, Rz. 210).

b) Mit der Wirksamkeit der Verschmelzung durch Eintragung in das Handelsregister für den übernehmenden Rechtsträger liegen die Voraussetzungen der Beiladung nicht mehr vor.

aa) Wer bereits wie die Klägerin Hauptbeteiligter des Verfahrens ist, kann nicht im selben Verfahren zugleich auch noch Beigeladener sein (BFH-Urteil vom 07. März 2006 VII R 11/05, BStBl II 2006, 573; BFH-Urteil vom 07. Oktober 1986 IX R 125/86, BFH/NV 1987, 784; Leipold in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, 224. Lfg., September 2013; § 60, Rz. 28; Brandis in Tipke/Kruse, FGO, 136. Lfg., Mai 2014, § 60, Rz. 10; vgl. BFH-Beschluss vom 07. Juni 2004 IV B 54/02, BFH/NV 2004, 1537; BVerwG Beschluss vom 17. Oktober 1985 2 C 25/82, NVwZ 1986, 555; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 65, Rz. 10; Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 13. Erg.-Lfg., April 2006, § 65, Rz. 10; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, § 75, Rz. 12; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 75, Rz. 7; Ulmer in Hennig, SGG, 25. Lfg., Mai 2013, § 75, Rz. 29; Hintz in Hintz/Lowe, SGG, § 75, Rz. 3). Dies ergibt sich aus dem Begriff der Beiladung ebenso wie aus dem Umstand, dass § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO von anderen spricht, wobei § 57 FGO Kläger und Beklagten neben dem Beigeladenen als Beteiligte nennt (vgl. Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., 2014, § 65, Rz. 61 und 66).

bb) Durch die Verschmelzung ist die Klägerin Gesamtrechtsnachfolgerin der Beigeladenen geworden.

cc) Im Streitfall ist die Beiladung der Rechtsvorgängerin der Klägerin zwar gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2 AO und nicht nach § 60 FGO erfolgt, erstere Vorschrift ermöglicht jedoch ebenso wie letztere nicht eine Doppelrolle ein und desselben Beteiligten hinsichtlich der in § 57 FGO vorgesehenen Arten von Beteiligten. Nach der Verschmelzung einer (etwaigen) Organgesellschaft auf den (etwaigen) Organträger ist sie nicht mehr Dritte i.S.d. § 174 Abs. 5 AO (vgl. BFH-Besch...

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