rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Reichweite der Regelungswirkung eines Kindergeld-Aufhebungsbescheids. Berücksichtigung eines Kindes, das durch eine Erkrankung, deren Ende nicht absehbar ist, gehindert ist, eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen. seelische Störung. Nachweis der Behinderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Regelungswirkung eines Bescheids über die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung in der Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung reicht von dem Monat, ab dem die Aufhebung verfügt wird, bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung.

2. Eine Berücksichtigung eines Kindes, das aus Krankheitsgründen gehindert ist, sich um einen Ausbildungsplatz zu bewerben oder diesen im Falle der erfolgreichen Bewerbung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn anzutreten, kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine vorübergehende Erkrankung handelt, deren Ende innerhalb von sechs Monaten zu erwarten ist, nicht hingegen, wenn gemäß ärztlicher Bescheinigung ein Ende der Erkrankung nicht absehbar ist.

3. Für die Frage, ob in Folge einer seelischen Störung die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gehindert ist, kommt es entscheidend darauf an, ob die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt.

4. Der Nachweis der Behinderung des Kindes kann nicht nur durch Vorlage eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises oder Feststellungsbescheids gemäß SGB IX oder eines Rentenbescheids, sondern auch in anderer Form erfolgen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, Nr. 3

 

Tenor

Der Bescheid vom …2020 über die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2020 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom …2020 werden mit Wirkung für die Monate Oktober 2020 bis Januar 2021 aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ab dem Monat Oktober 2020.

Die Beklagte hatte zuletzt mit Bescheid vom …2018 zugunsten des Klägers Kindergeld für das Kind … (im Folgenden: K), geboren am …, ab Monat November 2018 festgesetzt.

Am … schloss K einen Ausbildungsvertrag mit der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum …2019 bis …2022 ab. Dieser ging am …2019 bei der Beklagten ein.

Mit Auflösungsvertrag vom …2020 wurde der Ausbildungsvertrag einvernehmlich mit Ablauf des …2020 aufgelöst, nachdem K mit Schreiben vom selben Tag unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe um diese Auflösung gebeten hatte.

Am …2020 teilt der Kläger der Beklagten mit, K habe seine Berufsausbildung am …2020 aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen.

Daraufhin stellte die Beklagte die Kindergeldzahlung für K ab Oktober 2020 ein.

Auf Anforderung der Beklagten reichte der Kläger folgende Unterlagen ein, die am ….2020 zur Akte der Beklagten genommen wurden:

  • Formular „Erklärung zum Ausbildungsverhältnis”:

    Unter dem …2020 erklärte der Ausbildungsbetrieb, das Ausbildungsverhältnis habe zum …2020 aus gesundheitlichen Gründen geendet.

  • Formular „Erklärung für ein erkranktes Kind”:

    Unter dem …2020 erklärten der Kläger und K, die Erkrankung, wodurch die Ausbildung unterbrochen worden sei, sei am …2020 eingetreten. Die Ausbildung sei aufgrund der Erkrankung im September 2020 abgebrochen worden. Sobald es sein Gesundheitszustand zulasse, beabsichtige K, sich zum nächstmöglichen Beginn um einen Ausbildungsplatz zu bewerben.

  • Formular „Ärztliche Bescheinigung über die Erkrankung”:

    Unter dem …2020 bescheinigte der Arzt für Allgemeinmedizin …, die Erkrankung von K habe am …2020 begonnen. Das Ende der Erkrankung sei nicht absehbar.

Mit Schreiben vom …2020 forderte die Beklagte den Kläger mit Fristsetzung bis zum …2020 zur Vorlage von Unterlagen zur Prüfung eines Kindergeldanspruchs für ein behindertes Kind auf.

Mit Bescheid vom …2020 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für K ab Oktober 2020 auf. Zur Begründung führte sie an, K könne als Kind über 18 nicht berücksichtigt werden, weil die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht vorlägen. Denn er habe die Berufsausbildung abgebrochen und befinde sich somit nicht mehr in Ausbildung.

Mit gesondertem Schreiben vom …2020 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und Rückforderung des gezahlten Kindergeldes für September 2020 wegen Abbruchs der Ausbildung im August 2020.

Am …2020 ging bei der Beklagten ein von dem Allgemeinmediziner … am …2020 ausgefülltes Formular „Ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer Behinderung” ein, wonach bei K...

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