Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Kindergeldanspruch bei Erwerbstätigkeit des Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

Von einer Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes (hier: vereinbarte Wochenarbeitszeit von 30 Stunden) ist auszugehen, wenn die erzielten Einkünfte geeignet sind das wirtschaftliche Existenzminimum des Kindes zu sichern. In diesen Fällen fehlt es an einem typisierend anzunehmenden Unterhaltsanspruch gegen die Eltern.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2, 1 Nrn. 2b, 2c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.11.2006; Aktenzeichen III R 15/06)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte zu Recht die Kindergeldfestsetzung für die am 13.06.1980 geborene Tochter der Klägerin, Frau xxx, für die Zeit von März 2003 bis Februar 2004 aufheben und das insoweit gezahlte Kindergeld von der Klägerin zurückfordern durfte.

Die Tochter der Klägerin begann nach Abschluss der Schulausbildung zum 02.10.2000 mit einer Berufsausbildung zur Touristikassistentin, die zwei Jahre dauern sollte. Ihrem Antrag auf Aussetzung der Ausbildung für ein Jahr wurde zum 30.09.2001 entsprochen, nachdem sie eine gutachterliche Äußerung vom 10.09.2001 (Bl. xx der Kindergeldakte) beigebracht hatte, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Zur Zeit leidet Frau xxx unter erheblichen Schlafstörungen, die mitbedingt sind durch den Gaststättenlärm in ihrem Wohnbereich. Dadurch ist sie tagsüber sehr müde und unkonzentriert. Hinzu kommen massive Prüfungsängste und Panikstörungen, die sie im Lernen und der Verarbeitung des Lehrstoffes sehr stark einschränken. Das gering entwickelte und wenig geschulte Selbstvertrauen trägt keinesfalls zu einer Besserung der Symptome bei. Frau xxx hat sich auch deshalb zu einer Psychotherapie entschlossen, was sehr zu begrüßen ist.

Hier soll sie die Möglichkeit bekommen ihr bisheriges Leben aufzuarbeiten, um so konstruktive Perspektiven für die weitere Lebensbewältigung zu erhalten.

Deshalb ist das Aussetzen für ein Jahr von der bisherigen Lehreinrichtung aus neuropsychiatrischer Sicht sehr sinnvoll und notwendig."

Zum 16.10.2001 meldete sie sich bei der Arbeitsvermittlung des Arbeitsamtes xxx arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Auf den Antrag der Klägerin vom 11.11.2001 wurde Kindergeld wegen Ausbildungswilligkeit des Kindes weiterhin gezahlt, auch auf den weiteren Antrag der Klägerin vom 09.12.2002, aus dem sich ergab, dass sowohl die Klägerin als auch ihre Tochter aus der früheren gemeinsamen Wohnung ausgezogen waren und nunmehr unter verschiedenen Anschriften wohnten. Auch im letzten Festsetzungsbescheid vom 15.01.2003 wurde die Klägerin auf ihre Verpflichtung zur Meldung etwaiger für den Bezug des Kindergeldes erheblicher Veränderungen hingewiesen.

Im Zuge einer routinemäßigen Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen erklärten die Klägerin und ihre Tochter unter dem 23.03.2004, dass die Tochter in der Zeit vom 05.02.2003 bis zum 31.12.2003 einen Bruttoarbeitslohn von 8.759,78 € und in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 04.02.2004 einen solchen von 1.285,20 € erzielt habe. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 22.04.2004 die Festsetzung des Kindergeldes für xxx ab März 2003 mit der Begründung auf, dass xxx eine Beschäftigung aufgenommen habe, die den Anspruch auf Kindergeld ausschließe. Nach den Daten der Berufsberatung werde die Tochter dort nicht als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle geführt. Eventuelle Eigenbewerbungen seien nachzuweisen. Das danach für die Zeit von März 2003 bis Februar 2004 überzahlte Kindergeld im Betrage von 1.848,00 € sei von der Klägerin zu erstatten.

Mit ihrem dagegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, ihre Tochter habe aufgrund der finanziellen Lage der Klägerin, Erhalt von Arbeitslosengeld, eine Arbeit aufnehmen müssen, die nicht als Vollzeitarbeit angelegt gewesen sei. Die Tochter wäre aber auch zu dieser Zeit beim Arbeitsamt als Ausbildungssuchende gemeldet gewesen und habe dementsprechend die Termine, die ihr von Seiten von Frau xxx gegeben worden seien, auch termingemäß wahrgenommen. Sie sei stets bemüht gewesen, während der Arbeitszeit auch nach Wegen zu suchen, die sie im Leben weiterbringen würden. Sie sei auch nach wie vor festen Willens, eine Ausbildung gemäß ihrer Fähigkeiten aufzunehmen. Dass sie nicht mehr als Ausbildungssuchende gemeldet sei, sei erst jetzt mit Schreiben vom 22.04.2004 verkündet worden. Aufgrund der Arbeit sei es der Tochter aber schwergefallen, sich Freiraum für die Ausbildung zu schaffen. Sie habe nicht einfach der Arbeit fernbleiben wollen und können. Im Gegenteil, es seien von Seiten des Arbeitgebers "xxx" die Stundenzahlen erhöht und auf den Arbeitsvertrag, der 30 Arbeitsstunden pro Woche vorgesehen habe, sei wegen Arbeitskräftemangels keine Rücksicht genommen worden. Die Bedürfnisse der Tochter seien Nebensache gewesen, obwohl er (gemeint der Arbeitgeber) von dem Problem der Ausbildungssuche von Anfang an Kenntnis gehabt habe. Sie bitte, auch einmal diesen Gesichtspunkt zu berücksichtigen. Denn es sei ja heutzutage...

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