Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldes

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.08.2003; Aktenzeichen VIII R 58/99)

BFH (Urteil vom 26.08.2003; Aktenzeichen VIII R 58/99)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Kindergeldbescheids betreffend … vom 25. November 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 1997 verpflichtet, der Klägerin Kindergeld für den Sohn … ab Oktober 1996 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Sohn der Klägerin … ist am … 1974 geboren. Er ist von der Hüfte abwärts querschnittgelähmt. Der Grad seiner Behinderung beträgt 100 Prozent; im Schwerbehindertenausweis ist das Merkmal „H” (hilflos) eingetragen. Nach Schulbesuch und Abitur nahm er bis zum 20. September 1996 an einer Berufsbildungsmaßnahme zum Datenverarbeitungskaufmann teil. In der Folgezeit war er arbeitslos gemeldet. Der Beklagte gewährte der Klägerin Kindergeld für … bis einschließlich September 1996. Ihren Antrag, Kindergeld auch weiterhin zu zahlen, lehnte der Beklagte am 25. November 1996 mit der Begründung ab, daß der Sohn trotz seiner körperlichen Behinderung in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch unter Hinweis darauf, daß nach der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs –DA-FamEStG– (Abschnitt 63.3.6.3 i. d. F. 1997 bzw. 63.3.6.4 i. d. F. 1998) die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zum Selbstunterhalt grundsätzlich angenommen werden könne, wenn im Schwerbehindertenausweis – so wie hier – das Merkmal „H” eingetragen sei.

Dem Einspruch blieb der Erfolg versagt. Der Beklagte begründete seine ablehnende Entscheidung vom 14. Juli 1997 damit, daß die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG– nicht erfüllt seien. … der älter als 21 Jahre sei, sei körperlich nicht so behindert, daß er keine Tätigkeit ausüben könne, die seinen Lebensunterhalt sichern würde. Dies zeige sich daran, daß er sich bei der Arbeitsvermittlung arbeitslos gemeldet habe, und werde durch die Auskunft der Reha/SB-Stelle gestützt, die auf Anfrage mitgeteilt habe, daß … in der Lage sei eine mehr als kurzfristige Beschäftigung im Sinne des § 102 des Arbeitsförderungsgesetzes –AFG– auszuüben.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung bezieht sie sich wiederum auf die Regelung in der DA-FamEStG. Danach komme es auf –die Gesamtumstände des Einzelfalls nicht an. Nach Maßgabe einer typisierenden Betrachtungsweise sei bei Vorliegen einer Schwerbehinderung mit dem Merkmal „H” grundsätzlich davon auszugehen, daß ein Kind unfähig ist, sich selbst zu unterhalten.

Die Klägerin beantragt,

die Familienkasse bei dem Arbeitsamt … unter Aufhebung des Kindergeldbescheids betreffend vom 25. November 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 1997 zu verpflichten, der Klägerin Kindergeld für den Sohn … ab Oktober 1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags verweist der Beklagte auf § 32 Abs. 4 Nr. 3 Einkommensteuergesetz –EStG–. Danach werde ein Kind weiter berücksichtigt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Dies sei nur gegeben, wenn die Behinderung nach ihrer Art und ihrem Umfang keine Erwerbstätigkeit des Kindes zulasse, die ihm die Deckung seines Lebensbedarfs ermögliche. Dieser Grundsatz sei auch der von der Klägerin zitierten Dienstanweisung zu entnehmen. Bei Abwägung aller individuellen Umstande ergebe sich, daß in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt grundsätzlich selbst zu bestreiten. Er habe sich bei seiner Arbeitslosmeldung um eine Vollzeitbeschäftigung beworben und auch das Arbeitslosengeld werde hiervon ausgehend bemessen. Daß er nach Abschluß seiner Ausbildung kein reguläres Beschäftigungsverhältnis habe finden können, beruhe nicht auf der Behinderung, sondern auf der allgemein prekären Situation auf dem Arbeitsmarkt. Wenn bei Prüfung der Voraussetzungen nach Abschnitt 63.3.6.3 Abs. 1 DA-FamEStG (a. F.) festgestellt werde, daß das Kind grundsätzlich trotz Behinderung zum Selbstunterhalt in der Lage sei, komme eine Anwendung der Regelung im Abs. 4 des Abschnitts 63.3.6.3 DA-FamEStG (a. F.) nicht in Betracht.

Dem Gericht haben die Kindergeldakten des Beklagten KG-Nr. … vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der ablehnende Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Ihr steht Kindergeld für ihren Sohn … über den Monat September 1996 hinaus zu.

Nach den Vorschriften der §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG wird – bei Vorliegen der weiteren, hier zu Recht nicht streitigen Voraussetzungen – Kindergeld für Kinder, unabhängig ...

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