Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Bestandskraft einer Steuerfestsetzung kein Hinderungsgrund für Vollstreckungsmaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Das FA übt sein Ermessen bei der Aufforderung zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses und der eidesstattlichen Versicherung nicht fehlerhaft aus, wenn die der Vollstreckungsmaßnahme zugrundeliegende Steuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig ist.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 256, 284 Abs. 1-2, § 5; FGO § 102; AO 1977 § 251 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) schuldet dem Finanzamt (FA) dem Beklagten (Bekl), Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von insgesamt DM (Stand: 3. Dezember 1999). Es handelt sich im wesentlichen um Einkommensteuer (ESt) der Jahre 1989 bis 1997 und Vermögensteuer (VSt) der Jahre 1989 bis 1996.

Die Klin hat bisher keine Zahlungen geleistet. Das Kassen- und Vollstreckungsfinanzamt unternahm seit November 1998 gegenüber der Klin Vollstreckungsmaßnahmen. Diesen verliefen fruchtlos. Im einzelnen handelt es sich um folgende Maßnahmen:

Am 16. Dezember 1998, 20. Mai 1999 und 25. Mai 1999 führte der zuständige Vollziehungsbeamte des Bekl bei der Klin Vollstreckungsversuche in deren bewegliches Vermögen durch, die fruchtlos verliefen.

Mit Verfügungen vom 11. Oktober 1999 pfändete der Bekl die angeblichen Ansprüche der Klin gegen die und die Beide Banken erklärten, daß sie mit der Klin nicht in Geschäftsverbindung stünden.

Mit Verfügung vom 22. Juni 1999 gegenüber der Klin forderte der Bekl diese zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf und lud diese auf den 28. Juli 1999, 10.00 Uhr an Amtsstelle. Die vorgenannten Aufforderungen wurden der Klin am 23. Juni 1999 zugestellt. Am 23. Juli 1999 legte die Klin beim Bekl zur Niederschrift Einspruch ein. Zur Begründung wurde angeführt, es sei nicht richtig, was das FA mache. Die Beträge in würden nur treuhänderisch von ihr verwaltet. Der Treugeber sei im Ausland. Dieser habe noch nie in Deutschland gelebt; er habe mit Deutschland nichts zu tun.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11. November 1999 wies der Bekl den Einspruch der Klin zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen folgendes angeführt:

Die Vollstreckungsmaßnahmen in das bewegliche Vermögen der Klin seien erfolglos verlaufen. Weitere Vermögenswerte, deren Verwertung zu einer Befriedigung des FA führen würden, seien nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht vorhanden. Die genauen Vermögensverhältnisse der Klin seien dem FA nicht bekannt, da die Klin ihre Vermögensverhältnisse nicht offenbare. Damit lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufforderung zur VorlBekle eines Vermögensverzeichnisses sowie für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 Abgabenordnung (AO) vor. Die Schutzbestimmung des § 284 Abs. 3 Satz 1 AO greife nicht ein, da die Klin in den letzten drei Jahren keine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe.

Angesichts der Höhe der Rückstände und der geringen Bereitschaft der Klin in der Vergangenheit, aber auch während des laufenden Einspruchsverfahrens, bei der Tilgung der Rückstände nachhaltig mitzuwirken, sei die Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auch nicht ermessensfehlerhaft. Das FA halte deshalb weiterhin an der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung fest.

Das FA mache sich dadurch sowohl dem psychologischen Druck der Strafbarkeit einer vorsätzlichen oder falschen eidesstattlichen Versicherung als auch den drohenden EintrBekl in das Schuldnerverzeichnis, der sich auch auf die Kreditwürdigkeit und das geschäftliche Ansehen des Vollstreckungsschuldners negativ auswirken könne, für die Durchsetzung staatlicher Ansprüche zunutze (BFH vom 9. Mai 1989 VI 1 B 205/88 und vom 24. September 1991 VII R 34/90).

Eine Beschränkung der Vollstreckung gemäß § 258 AO komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen.

Am 19. November 1999 erhob die Klin zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts Klage.

Weiter erhob die Klin am 19. November 1999 Klage wegen ESt 1989 bis 1997 und wegen VSt auf den 1.1.1989, 1.1.1992, 1.1.1993, 1.1.1995 und 1.1.1996.

Am 22. November 1999 stellte die Klin bei dem Veranlagungs-FA Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der ihr gegenüber ergangenen ESt- und VSt-Bescheide.

Mit ihrer Klage wegen Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Ladung zur eidesstattlichen Versicherung nach § 284 AO macht die Klin geltend, das FA könne die geforderten Maßnahmen nicht verlangen, da sie gegen die der Vollstreckung zugrunde liegenden Steuerbescheide Einspruch eingelegt habe, die nach einer mündlichen Auskunft des Mitarbeiters der Veranlagungsstelle des FA abgelehnt worden seien. Die Klin hat zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beantragt, den Verwaltungsakt vom 22. Juni 1999 ersatzlos aufzuheben.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Die beiden Verwaltungsakte des Bekl vom 22. Juni 1999, nämlich Aufforderung zur ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge