Entscheidungsstichwort (Thema)

Mit Fax übermittelte, nicht unterschriebene Klageschrift; Wiedereinsetzung bei Formfehler infolge Aufregung wegen baldigen Fristablaufs; gleichzeitige Stellung eines Antrag auf mündliche Verhandlung und Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (redaktionell)

. Innerhalb der Klagefrist ist die Klage mangels der erforderlichen Schriftform nicht wirksam erhoben, wenn die Kopiervorlage der per Fax übermittelten Klageschrift nicht ordnungsgemäß unterschrieben ist und ein unterschriebenes Exemplar der Klageschrift erst nach Fristablauf beim Gericht eingeht.

2. Das Vorbringen des Bevollmächtigten, er habe in der Aufregung kurz vor Ablauf der Klagefrist um 22.45 Uhr wahrscheinlich das falsche, nicht unterschriebene Blatt der Klageschrift als Kopiervorlage für das Fax verwandt und er bitte, das Versehen zu entschuldigen, rechtfertigt nicht die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

3. Eine nach Ergehen eines Gerichtsbescheids im selben Schriftsatz neben dem Antrag auf mündliche Verhandlung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gegenstandslos, weil der Antrag auf mündliche Verhandlung Vorrang vor der Nichtzulassungsbeschwerde hat.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1, § 56 Abs. 1-2, § 90a Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Behandlung von Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit einer Lebensversicherungsanlage.

Gegen die geänderten vorläufigen Einkommensteuer(ESt)-Bescheide 1988 vom 28. Februar 1991 und 1989 vom 18 Januar 1993 legten die Kläger (Kl) form- und fristgerecht Einspruch ein. Gegen den vorläufigen ESt-Bescheid 1991 vom 6. Februar 1995 legten die Kl ebenfalls form- und fristgerecht Einspruch ein. Letzterer wurde gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) durch Bescheid vom 9. März 1995 geändert.

Die Einsprüche wurden vom Bekl mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1998, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, als unbegründet zurückgewiesen. Ausweislich der Steuerakten wurde die Einspruchsentscheidung am 9. Februar 1998 zur Post gegeben.

Am 12. März 1998 ging beim Gericht eine per Fax übermittelte Klageschrift ein, aus der ersichtlich ist, daß das Fax vom Büro des Prozeßbevollmächtigten der Kl („und Partner”) um 22.42 Uhr abgesandt worden war. Im Kopf weist es den Steuerberater unter der Anschrift der Prozeßbevollmächtigten der Kl aus. Mit dem Fax, das an das Gericht adressiert war, wurde in Sachen der Kl von dem darin als Prozeßbevollmächtigten benannten gegen den Bekl wegen der ESt-Bescheide 1988, 1989 und 1991 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1988 Klage erhoben. Die Stellung von Anträgen sowie die Klagebegründung sollten darin einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben, eine Vollmacht sollte nachgereicht werden. Das Fax trägt keine Unterschrift sondern einen Stempel mit der Namensangabe „Steuerberater” sowie dessen Adresse nebst Telefonnummer, Postfach und Faxnummer. Auf der Verfügung des nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Vorsitzenden Richters des 8. Senats vom 13. März 1998 wurde vom zuständigen Beamten der Geschäftsstelle (Eingangsgeschäftsstelle bei den Außensenaten Stuttgart) der handschriftliche Aktenvermerk angebracht:

„Herrn aus der Sozietät und Partner mitgeteilt, daß die Klageschrift vom 12.3.98 nicht unterschrieben ist. 13.3.98”.

Am 17. März 1998 ging unter demselben Datum beim Gericht ein Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Kl ein, mit dem ausgeführt wurde, daß die Klageschrift in unterschriebener Ausführung übersandt werde und die Übermittlung der Mehrfertigung ohne Unterschrift per Telefax auf Versehen beruhe. Insofern werde um Entschuldigung gebeten. Dem Schreiben war eine Klageschrift vom 12. März 1998 mit der Originalunterschrift des Steuerberaters beigefügt.

Mit Schriftsatz vom 29. Mai 1998 wurde die Klage am 3. Juni 1998 begründet. In der Klagebegründungsschrift, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, stellten die Kl den Antrag,

den ESt-Bescheid 1991 vom 9. März 1995 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1998 dahingehend abzuändern, daß die ESt auf DM 38.286 festgesetzt wird.

Am 3. Juni 1998 wurde die ausstehende Prozeßvollmacht der Kl nachgereicht.

Mit Schreiben vom 23.-März 1999 wies der Berichterstatter den Prozeßbevollmächtigten der Kl darauf hin, daß die am 12. März 1998 bei Gericht eingegangene Klageschrift mangels Unterschrift nach der Rechtsprechung des BFH nicht der Schriftform des § 64 FGO genüge und daß die am 17. März 1998 eingegangene Klageschrift mit eigenhändiger Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten verspätet eingegangen sei. In dem Schreiben, das dem Prozeßbevollmächtigten der Kl am 29. März 1999 zugestellt wurde und auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wurde darauf hingewiesen, daß für den Fall, daß die Klage aufrechterhalten werde, nach dem 15. April 1999 mit einer Entscheidung nach Lage der Akten zu rechnen sei.

Nachdem eine Stellungnahme bzw. Erklärung des...

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