Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit des für den Besuch einer ausländischen Schule entrichteten Schulgeldes. Einkommensteuer 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

Das für den Collegebesuch eines Kindes in England aufgewandte Schulgeld kann nicht steuermindernd geltend gemacht werden. Die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs auf den Besuch von genehmigten bzw. erlaubten Ersatzschulen oder anerkannten Ergänzungsschulen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist mit dem GG und dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9; EG Art. 12, 49-50

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.12.2004; Aktenzeichen XI R 66/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Der im Jahre 1978 geborene Sohn der miteinander verheiraten Kläger besuchte im Streitjahr 1998 das B College in England. Das Schulgeld (allein für den Schulbesuch ohne Kosten für die Unterbringung) betrug 43.230 DM jährlich.

Hiervon machten die Kläger 30 % als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte lehnte dies mit Einkommensteuerbescheid 1998 vom 13. Juli 1999 ab. Den Einspruch der Kläger wies er mit Einspruchsentscheidung vom 25. August 1999 zurück. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Kläger sehen in der Weigerung des Beklagten, die Kosten als Sonderausgaben anzuerkennen, einen Verstoß gegen das Europarecht.

Die Kläger beantragen,

bei der Einkommensteuerveranlagung 1998 30 % aus 43.230 DM als weitere Sonderausgaben anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) können 30 % des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind zum Besuch einer gemäß Artikel 7 Abs. 4 Grundgesetz staatlich genehmigten Ersatzschule, einer erlaubten Ersatzschule sowie einer anerkannten allgemeinbildenden Ergänzungsschule entrichtet, als Sonderausgaben abgezogen werden.

Diese Bedingungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Qualifikation als genehmigte oder erlaubte Ersatzschule sowie als anerkannte Ergänzungsschule i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG kann nur von den Schulbehörden eines Bundeslandes in einem gesetzlich vorgesehenen Verfahren und -wegen der Beschränkung ihrer Hoheitsgewalt auf die Ländergrenzen – nur für eine im jeweiligen Bundesland ansässige Schule vorgenommen werden (Bundesfinanzhof (BFH) Urteil; vom 11. Juni 1997 X R 74/95, BStBl II 1997, 617). Die vom Sohn der Kläger besuchte Schule in England besitzt eine derartige Qualifikation nicht. Dass – wie vom Kläger behauptet – das an der englischen Schule erlangte Zeugnis in Deutschland als Zugangsberechtigung zum Hochschulstudium anerkannt wird, schließt eine Genehmigung, Erlaubnis oder Anerkennung der englischen Schule i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht mit ein.

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Entscheidungen vom 11. Juni 1997 X R 144/95, BStBl II 1997, 621; X R 74/95 a.a.O., und vom 23. Juli 1997 X R 135/96 NV überzeugend ausführte, liegt kein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz darin, dass der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nur die dort ausdrücklich aufgeführten Schultypen förderte und nicht auch andere Schulen, denen eine Genehmigung, Erlaubnis oder Anerkennung durch die Schulbehörde eines Bundeslandes fehlt.

Die in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG vorgesehene Beschränkung des Sonderausgabenabzugs auf den Besuch der dort erwähnten Schulen verstößt nicht gegen das Europarecht.

Der Bundesfinanzhof hat in der Entscheidung X R 135/96 und X R 74/95, a.a.O. ausgeführt, dass diese Beschränkung keine Diskriminierung i.S.d. Artikel 12 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) darstellt. Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an.

§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG tangiert auch nicht die in Artikel 49, 50 EGV angeordnete Dienstleistungsfreiheit. Dieses Gebot fordert zwar u.a., dass ein Leistungsempfänger in Deutschland nicht dadurch schlechter gestellt werden darf, dass er sich statt eines inländischen Leistenden eines in einem fremden Beitrittsstaat ansässigen Leistenden bedient. Dienstleistungen im Sinne des Artikel 49, 50 EGV sind aber nur Leistungen, die „in der Regel gegen Entgelt” erbracht werden (Artikel 50 Abs. 1 EGV). Von den in § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG aufgezählten Schularten darf jedoch – wie unten noch auszuführen sein wird – keine für den Schulbesuch ein derartiges Entgelt erheben. Diese Schulen erbringen mithin keine Dienstleistungen i.S.d. Artikel 49 EGV. Ihre Förderung durch § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG greift somit nicht in den freien Dienstleistungsverkehr gem. Artikel 49, 50 EGV ein.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Wesensmerkmal des „Entgelts” dass es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstellt (EuGH, Urteil vom 29. September 1988 Rs. 263/86, EuGHE 1988, 5365 (5388)); dabei darf die wirtschaftliche Gegenleistung nicht außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Dienstleistung stehen (Hailbronner, in Handkommentar zum EUV/EGV, Artikel 60 Randziffer 10 mit weiteren Nachweisen).

Erheben die in § 10 Abs. ...

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