Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Zollunion. Endverwendung. Rückwirkende Bewilligung. Zollkodex der Union. Zeitlicher Anwendungsbereich. Voraussetzungen. Tragweite

 

Normenkette

EUV 952/2013 Art. 211 Abs. 2; EUV 2454/93 Art. 294 Abs. 2

 

Beteiligte

Beeren-, Wild-, Feinfrucht

Beeren-, Wild-, Feinfrucht GmbH

Hauptzollamt Erfurt

 

Verfahrensgang

Thüringer FG (Beschluss vom 22.10.2019; Aktenzeichen 2 K 265/19; ABl. EU 2020, Nr. C 77/21)

 

Tenor

1. Art. 211 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union ist dahin auszulegen, dass er auf einen Antrag auf rückwirkende Erneuerung einer Bewilligung, der vor dem 1. Mai 2016, ab dem dieser Artikel gemäß Art. 288 Abs. 2 dieser Verordnung gilt, gestellt wurde, nicht anwendbar ist, selbst wenn die Entscheidung über diesen Antrag nach diesem Zeitpunkt ergangen ist.

2. Art. 294 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom 24. Juli 2000 ist dahin auszulegen, dass für die Erteilung einer neuen rückwirkenden Bewilligung durch die Zollbehörden für denselben Vorgang und dieselben Waren wie die, die Gegenstand der ursprünglichen Bewilligung waren, die in Abs. 3 dieses Artikels niedergelegten Voraussetzungen nicht gelten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Thüringer Finanzgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. Oktober 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 12. November 2019, in dem Verfahren

Beeren-, Wild-, Feinfrucht GmbH

gegen

Hauptzollamt Erfurt

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Dritten Kammer K. Jürimäe in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter S. Rodin und N. Piçarra (Berichterstatter),

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Beeren-, Wild-, Feinfrucht GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt H. Nehm,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und F. Clotuche-Duvieusart als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juni 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 211 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. 2013, L 269, S. 1, berichtigt im ABl. 2013, L 287, S. 90) (im Folgenden: UZK) sowie von Art. 294 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1993, L 253, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom 24. Juli 2000 (ABl. 2000, L 188, S. 1) (im Folgenden: Verordnung Nr. 2454/93).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Beeren-, Wild-, Feinfrucht GmbH (im Folgenden: BWF) und dem Hauptzollamt Erfurt (Deutschland) (im Folgenden: Zollbehörde) über den Umfang der Rückwirkung einer Bewilligung der Zollaussetzung, die BMF für die Einfuhr von Waren nach der Regelung über die Endverwendung erteilt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EWG) Nr. 2913/92

Rz. 3

Die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) wurde durch den UZK mit Wirkung vom 1. Mai 2016 aufgehoben. In Art. 21 der Verordnung Nr. 2913/92 hieß es:

„(1) Die zolltarifliche Abgabenbegünstigung, die für bestimmte Waren aufgrund ihrer Art oder ihrer besonderen Verwendung gewährt werden kann, ist von Voraussetzungen abhängig, die nach dem Ausschussverfahren festgelegt werden. …

(2) Als zolltarifliche Abgabenbegünstigung im Sinne des Absatzes 1 gilt jede Ermäßigung oder Aussetzung von Einfuhrabgaben im Sinne des Artikels 4 Nummer 10, auch wenn sie im Rahmen eines Zollkontingents gewährt wird.”

Verordnung Nr. 2454/93

Rz. 4

Die Verordnung Nr. 2454/93 wurde mit Wirkung vom 1. Mai 2016 durch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/481 der Kommission vom 1. April 2016 (ABl. 2016, L 87, S. 24) aufgehoben. Art. 292 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 lautete:

„Die Gewährung einer zolltariflichen Abgabenbegünstigung gemäß Artikel 21 Zollkodex ist von einer schriftlichen Bewilligung abhängig, sofern vorgesehen ist, dass die Waren der zollamtlichen Überwachung im Rahmen der besonderen Verwendung unterliegen.

Wenn Waren, die aufgrund ihrer besonderen Verwendung zu einem ermäßigten Einfuhrabgabensatz oder abgabenfrei in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden und das geltende Recht vorsieht, dass sie gemäß Artikel 82 des Zollkodes unter zollamtlicher Überwachung bl...

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