Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen des Thüringer FG an den EuGH (Az beim EuGH C-825/19) zur Rückwirkung der Bewilligung zur Überführung von Nicht-Unionswaren in den zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wird gem. Art. 267 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um eine Vorabentscheidung zu folgenden Fragen ersucht:

  1. Ist Art. 211 Abs. 2 VO (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union – UZK (Amtsblatt EU 2013 Nr. L269/1) – dahingehend auszulegen, dass er nur für solche Anträge Anwendung findet, deren rückwirkender Bewilligungszeitraum ab dem 1.5.2016 gelten würde?
  2. Bei Verneinung der Frage 1: Ist Art. 211 UZK bei Anträgen einer rückwirkenden Bewilligung, deren Bewilligungszeitraum vor dem 1.5.2016 liegt, nur dann anzuwenden, wenn die rückwirkende Bewilligung zwar vor Inkrafttreten des neuen Rechts beantragt wurde, die Zollbehörden solche Anträge aber erstmalig nach dem 1.5.2016 abgelehnt haben?
  3. Bei Verneinung der Frage 2: Ist Art. 211 UZK bei Anträgen einer rückwirkenden Bewilligung, deren Bewilligungszeitraum vor dem 1.5.2016 liegt, auch dann anzuwenden, wenn die Zollbehörden solche Anträge schon vor dem 1.5.2016 und auch danach (mit anderer Begründung) abgelehnt haben?
  4. Bei Bejahung der Fragen 1 und 2 sowie bei Verneinung der Frage 3: Ist Art. 294 Abs. 2 der VO (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2.7.1993 mit Durchführungsvorschriften zu der VO (EWG) Nr. 2913/92 – ZK-DVO (Amtsblatt 1993 Nr. L 253/1) – dahingehend auszulegen, dass

    1. eine Bewilligung mit Rückwirkung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die vorausgegangene Bewilligung unwirksam wurde, wie in Abs. 3 der Vorschrift vorgesehen, maximal für einen Rückwirkungszeitraum von einem Jahr vor dem Zeitpunkt der Antragstellung erteilt werden konnte und
    2. müssen der in Abs. 3 der Vorschrift vorgesehene Nachweis der wirtschaftlichen Notwendigkeit sowie der Ausschluss betrügerischer Absicht oder offensichtlicher Fahrlässigkeit auch bei der Anschlussbewilligung nach Abs. 2 vorliegen?
 

Normenkette

VO (EU) Nr. 952/2013 Art. 211 Abs. 2; AEUV Art. 267 Unterabs. 2; EWGV Nr. 2454/93 Art. 294 Abs. 2-4; UZK Art. 211 Abs. 2; ZKDV Art. 294 Abs. 2-4

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 21.10.2021; Aktenzeichen C-825/19)

 

Tenor

I. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wird gem. Art. 267 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) um eine Vorabentscheidung zu folgenden Fragen ersucht:

  1. Ist Art. 211 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union – UZK – (Amtsblatt EU 2013 Nr. L 269/1) dahingehend auszulegen, dass er nur für solche Anträge Anwendung findet, deren rückwirkender Bewilligungszeitraum ab dem 01.05.2016 gelten würde?
  2. Bei Verneinung der Frage 1: Ist Art. 211 UZK bei Anträgen einer rückwirkenden Bewilligung, deren Bewilligungszeitraum vor dem 01.05.2016 liegt, nur dann anzuwenden, wenn die rückwirkende Bewilligung zwar vor Inkrafttreten des neuen Rechts beantragt wurde, die Zollbehörden solche Anträge aber erstmalig nach dem 01.05.2016 abgelehnt haben?
  3. Bei Verneinung der Frage 2: Ist Art. 211 UZK bei Anträgen einer rückwirkenden Bewilligung, deren Bewilligungszeitraum vor dem 01.05.2016 liegt, auch dann anzuwenden, wenn die Zollbehörden solche Anträge schon vor dem 01.05.2016 und auch danach (mit anderer Begründung) abgelehnt haben?
  4. Bei Bejahung der Fragen 1 und 2 sowie bei Verneinung der Frage 3: Ist Art. 294 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 02.07.1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – ZK-DVO – (Amtsblatt 1993 Nr. L 253/1) dahingehend auszulegen, dass

    1. eine Bewilligung mit Rückwirkung bis zu dem Zeitpunkt, an dem die vorausgegangene Bewilligung unwirksam wurde, wie in Abs. 3 der Vorschrift vorgesehen, maximal für einen Rückwirkungszeitraum von einem Jahr vor dem Zeitpunkt der Antragstellung erteilt werden konnte und
    2. müssen der in Abs. 3 der Vorschrift vorgesehenene Nachweis der wirtschaftlichen Notwendigkeit sowie der Ausschluss betrügerischer Absicht oder offensichtlicher Fahrlässigkeit auch bei der Anschlussbewilligung nach Abs. 2 vorliegen?
 

Gründe

Die Klägerin verarbeitet und vertreibt insbesondere in Salzlake haltbargemachte Pilze zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet (aktuelle TARIC-Position 0711 59 00 11). Für solche aus Drittstaaten stammenden Pilze wurde und wird eine autonome Zollaussetzung gewährt, wenn sie der „besonderen Verwendung” bzw. der „Endverwendung” zugeführt werden. Diese Möglichkeit nutzte die Klägerin in der Vergangenheit. Bis zum 31.12.2012 hatte sie für die Pilzimporte eine gültige Bewilligung zur Überführung von Nicht-Unionswaren in den zollrechtlich freien Verkehr zur besonderen Verwendung.

Im Bewilligungszeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2012 bezog sie 10-mal und in...

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