Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Umsatzsteueransprüchen und Besteuerungsgrundlage bei Sachzuwendungen an Arbeitnehmer

 

Beteiligte

SFI

Société financiére d'investissements SPRL (SFI)

état belge

 

Tenor

1) Eine nationale Praxis, unter der bei mehrwertsteuerpflichtigen Umsätzen, die von einer Gesellschaft vor ihrer Registrierung als mehrwertsteuerpflichtig getätigt wurden, die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Mehrwertsteuer am zwanzigsten Tag des Monats beginnt, der auf das Kalendervierteljahr folgt, in dem diese Registrierung vorgenommen worden ist, verstößt nicht gegen die Artikel 4 und 10 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage.

2) Es verstößt gegen die Erste Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer und gegen die Sechste Richtlinie 77/388, die Mehrwertsteuer auf eine einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber gewährte Sachleistung – Überlassung eines Fahrzeugs zur privaten Nutzung – nur dann unter Einbeziehung der vom Arbeitgeber auf die Miete dieses Fahrzeugs gezahlten Mehrwertsteuer in die Bemessungsgrundlage zu berechnen, wenn die Anmietung in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt ist, nicht aber dann, wenn das Fahrzeug im betreffenden Staat gemietet worden wäre.

 

Gründe

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Vierte Kammer)

19. November 1998

„Mehrwertsteuer – Verjährungsfrist – Beginn – Berechnungsweise”

In der Rechtssache C-85/97

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Tribunal de première instance Lüttich (Belgien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Société financière d'investissements SPRL (SFI)

gegen

État belge

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) und des Artikels 95 EG-Vertrag

erläßt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters J. L. Murray (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer sowie der Richter H. Ragnemalm und K. M. Ioannou,

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

der Société financière d'investissements SPRL (SFI), vertreten durch Rechtsanwälte Jean-Pierre Bours und Xavier Thiebaut, Lüttich,

der belgischen Regierung, vertreten durch Jan Devadder, Conseiller général im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigten; Beistand: Rechtsanwalt Bernard van de Walle de Ghelcke, Brüssel,

der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder, Bundesministerium für Wirtschaft, als Bevollmächtigten,

der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch John E. Collins, Assistant Treasury Solicitor, als Bevollmächtigten,

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Hélène Michard und Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts, nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Société financière d'investissements SPRL (SFI), vertreten durch Rechtsanwalt Xavier Thiebaut, der belgischen Regierung, vertreten durch Rechtsanwälte Bernard van de Walle de Ghelcke und Guido de Wit, Brüssel, und der Kommission, vertreten durch Hélène Michard, in der Sitzung vom 30. April 1998, nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Mai 1998, folgendes Urteil

1. Das Tribunal de première instance Lüttich hat mit Entscheidung vom 24. Februar 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag Fragen nach der Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) und des Artikels 95 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Société financière d'investissements SPRL (SFI) (Klägerin) und dem belgischen Staat über die Bestimmung des Beginns der Frist für die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Mehrwertsteuer auf die Überlassung eines in Luxemburg gemieteten Fahrzeugs an einen der Arbeitnehmer der Klägerin sowie über die Berechnungsgrundlage für diese Steuer.

Die belgischen Rechtsvorschriften

Zum Beginn der Frist für die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Mehrwertsteuer

3. Artikel 17 Absatz 1 des Code da la TVA (Mehrwertsteuergesetz; im folgenden: CTVA) bestimmt:

„Bei der Lieferung von Gegenständen treten der Steuertatbes...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge