Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Verwaltung von Sondervermögen, Outsourcing, Auslagerung von Verwaltungsleistungen von Kapitalanlagegesellschaften, Sicherstellung der Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber, Einräumung eines Nutzungsrechts an Software

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 Buchst. g

 

Beteiligte

K

K

DBKAG

Finanzamt Österreich

 

Verfahrensgang

Bundesfinanzgericht (Österreich) (Beschluss vom 30.01.2020; Aktenzeichen C-58/20; ABl. EU 2020, Nr. C 191/8)

Bundesfinanzgericht (Österreich) (Beschluss vom 29.01.2020; Aktenzeichen C-59/20; ABl. EU 2020, Nr. C 191/8)

 

Tenor

Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzgericht (Österreich) mit Entscheidungen vom 29. Januar 2020 (C-59/20) und 30. Januar 2020 (C-58/20), beim Gerichtshof eingegangen am 4. Februar 2020, in den Verfahren

K (C-58/20),

DBKAG (C-59/20)

gegen

Finanzamt Österreich, zuvor Finanzamt Linz,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters N. Jääskinen,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2021,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der K und der DBKAG, vertreten durch G. Aigner, Steuerberater,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch, F. Koppensteiner, J. Schmoll und S. Zolles als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis, A. Dimitrakopoulou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch L. Mantl und R. Lyal, dann durch L. Mantl und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen K (Rechtssache C-58/20) bzw. der DBKAG (Rechtssache C-59/20) und dem Finanzamt Österreich, zuvor Finanzamt Linz (Österreich) (im Folgenden: Finanzamt), wegen der Weigerung des Finanzamts, K und der DBKAG die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung zu gewähren.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Mehrwertsteuerrichtlinie

Rz. 3

Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält im Wesentlichen wortgleich die Steuerbefreiung, die zuvor in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) vorgesehen war.

Rz. 4

In Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

g) die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen;

…”

OGAW-Richtlinie

Rz. 5

Mit der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32, im Folgenden: OGAW-Richtlinie) wurde die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 1985, L 375, S. 3) in der u. a. durch die Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 (ABl. 2002, L 41, S. 20) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/611) aufgehoben und neu gefass...

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